Leonore Gewesslers Zustimmung zur EU-Renaturierungsverordnung hatte eine politische Krise in Österreich ausgelöst. Nun legt ihr ÖVP-Verfassungssprecher Gerstl den Rücktritt nahe.

Mehr aktuelle News

ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl legt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) den Rücktritt nahe. Grund dafür ist eine Anfragebeantwortung Gewesslers zu ihrer von der ÖVP vielkritisierten Zustimmung zur EU-Renaturierungsverordnung.

Die Ministerin würde "gut daran tun, sofort zurückzutreten, bevor sie vom Wähler abgewählt wird", so Gerstl, der die Anfrage eingebracht hat, gegenüber dem "Kurier". Er bezeichnete die Ministerin zudem als "Staatsgefährderin".

Gewessler hatte Mitte Juni gegen den Willen des Koalitionspartners ÖVP im Rat der EU-Staaten für die Verordnung gestimmt, die daraufhin mit knapper Mehrheit angenommen wurde. Die Volkspartei brachte in weiterer Folge eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen die grüne Ministerin ein, weil sie kein Einvernehmen mit den Bundesländern und dem ÖVP-geführten Landwirtschaftsministerium hergestellt hatte.

Die Anzeige wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geprüft. Einen Misstrauensantrag der FPÖ gegen Gewessler hatte die ÖVP im Juli nicht unterstützt.

Gerstl wirft Gewessler Rechtsbruch vor

Gewessler breche den Föderalismus und verweigere die Anerkennung der einheitlichen Stellungnahme der Bundesländer - "wissend, dass diese nur durch eine neue einheitliche Stellungnahme aufgehoben hätte werden können", meinte Gerstl, der der Ministerin vorwarf, die Verantwortung an Wien abzuschieben.

Dass sie sich entgegen einer ablehnenden Länderstellungnahme für die Renaturierungsverordnung ausgesprochen hat, begründet diese in der Anfragebeantwortung, die der Nachrichtenagentur APA vorliegt, nämlich mit dem Ausscheren Wiens.

Die Hauptstadt hatte die Renaturierung nach einem Kurswechsel unterstützt. "Wenn es keine einheitliche Position der Länder mehr gibt, liegt auch keine einheitliche Stellungnahme der Länder mehr vor", heißt es. Es bestehe zudem "hinsichtlich des finalen Abstimmungsverhaltens im EU-Rat keine Pflicht zur Herstellung des Einvernehmens" mit dem Landwirtschaftsministerium.

"Die Ministerin hat verantwortungslos gehandelt und Rechtsbruch begangen", so Gerstls Fazit. Die ÖVP verweist auf die Rechtsmeinung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes. Dieser habe die Rechtsfrage allerdings "unzutreffend gelöst", geht aus Gewesslers Anfragebeantwortung hervor. Eine Bindungswirkung der Rechtsmeinung des Verfassungsdienstes sei zudem nicht vorgesehen. (apa/ bearbeitet von thp)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.