Die SPÖ hat die Wien-Wahl gewonnen und bleibt trotz leichter Verluste klar die Nummer eins in der Bundeshauptstadt.
Die Wien-Wahl hat für die SPÖ leichte Verluste gebracht. Die Sozialdemokraten bleiben aber in einer komfortablen Position, können sie doch zwischen drei Koalitionspartnern wählen. Laut vorläufigem Endergebnis erreichte die SPÖ 39,5 Prozent und blieb damit klar vor der wieder erstarkten FPÖ, die knapp 21 Prozent lukrierte. Während die Grünen ihr Rekord-Ergebnis von 2020 beinahe halten konnten und die NEOS zulegten, setzte es für die ÖVP ein Debakel.
Zum Ergebnis im Detail: Mit 39,5 Prozent büßte die SPÖ von Bürgermeister Michael Ludwig 2,1 Prozentpunkte ein. Die FPÖ legte von 7,1 auf 20,8 Prozent zu. Die Grünen kamen mit 14,2 Prozent überraschend knapp an ihr Rekordergebnis von 2020 (14,8 Prozent) heran. Die NEOS schnitten so gut ab wie noch nie und kratzten mit 9,8 Prozent knapp an der 10-Prozent-Marke. Die ÖVP musste den Verlust von fast elf Prozentpunkten hinnehmen und landete mit 9,7 Prozent nur noch auf Rang fünf. Eher unwahrscheinlich ist, dass die noch nicht ausgezählten Wahlkarten die Reihenfolge verändern. Möglich ist jedoch, dass die FPÖ ein wenig einbüßt und die Grünen im Gegenzug minimal zulegen.
KPÖ und Strache scheitern
Einen Achtungserfolg landete die KPÖ, die sich auf vier Prozent verdoppelte, den Einzug ins Landesparlament aber doch recht deutlich verpasste. Wenig Zulauf gab es für das Team des vormaligen FPÖ-Chefs
Bürgermeister Ludwig wertete das Abschneiden der SPÖ als "starken Vertrauensbeweis der Wiener Bevölkerung". Verwiesen wurde vom Stadtchef darauf, dass die Sozialdemokraten bei der Gemeinderatswahl in sämtlichen 23 Bezirken Platz eins erreichten.
Koalitionsfrage offen
Mit wem er koalieren will, sagte er in diversen Interviews nicht. Er will mit dem bisherigen Partner NEOS, den Grünen und der ÖVP sondieren und schauen, wo die besten inhaltlichen Kooperationsmöglichkeiten liegen und ein persönliches Vertrauensverhältnis vorliege. Ziel sei, vor dem Sommer eine Stadtregierung gebildet zu haben. Die Sondierungsgespräche sollen noch kommende Woche beginnen. An deren Ende soll ein Partner stehen, mit dem man echte Koalitionsverhandlungen beginnt. Die Parteigremien tagen schon ab Montag früh.
Lob gab es von SPÖ-Bundesparteichef Andreas Babler. Er erkannte einen "großen Erfolg und ein starkes Votum für ein sozialdemokratisch geführtes Wien".
Nepp will Ende der Ausgrenzung
FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp forderte Ludwig auf, die Ausgrenzung gegenüber den Freiheitlichen zu beenden. Er sieht das Wiedererstarken der FPÖ als Ausdruck des Wähler-Wunsches nach Veränderung. Der Bürgermeister bleibt jedoch dabei, keine Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ zu führen, solange dort Politiker tätig seien, die wegen Wiederbetätigung verurteilt seien. FP-Chef Herbert Kickl sah wiederum im Ergebnis einen "Denkzettel" für den Bürgermeister.
Dankbar über das Ergebnis der Grünen zeigte sich Spitzenkandidatin Judith Pühringer, die eine beispiellose Aufholjagd sah. Sie würde gerne mit der SPÖ koalieren und erkennt beispielsweise beim Wohnen und in der Bildung durchaus Überschneidungen. Bundessprecher Werner Kogler und seine designierte Nachfolgerin Leonore Gewessler interpretierten das Votum als Wunsch der Wähler, dass die Grünen nach fünf Jahren Pause wieder in die Landesregierung kommen.
Wiens Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling (NEOS) freute sich über das beste Ergebnis, das es für die Liberalen in Wien jemals gegeben hat. "Natürlich" sei es weiter Anspruch der NEOS, mit der SPÖ die gute Arbeit fortzusetzen. Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger fühlte sich im starken Ergebnis der NEOS darin bestätigt, dass man auch als kleine Partei in einer Regierung reüssieren könne, wenn man Dinge anpacke, die unangenehm seien.
Spannung vor ÖVP-Gremien
Für ÖVP-Spitzenkandidat Karl Mahrer waren Verluste erwartbar. Er habe einen sehr klaren Plan für die nächste Tage, meinte er zu den anstehenden Sondierungen. Ziel bleibe, nach vielen Jahren wieder eine bürgerliche Partei in die Landesregierung zu bringen. Am Montag tagen die ÖVP-Gremien. Bei Fragen nach einem allfälligen Rücktritt wich Mahrer aus. Keine Stellungnahme gab es am Wahlabend von ÖVP-Obmann Christian Stocker. Generalsekretär Niko Marchetti empfand das Abschneiden der eigenen Partei als "schmerzlich".
Keine Änderungen bei Bezirksvorstehern
Neben der Zusammensetzung des Landtags und Gemeinderats wurde am Sonntag auch über die Bezirksvertretungen entschieden. Gemäß den bisher vorliegenden Ergebnissen wurden in allen Bezirken die bisherigen Vorsteherinnen und Vorsteher bestätigt. Die Hoffnungen der FPÖ, Simmering, Floridsdorf und Donaustadt zu erobern, erfüllten sich nicht. Die bei der Gemeinderatswahl schwer geschlagene ÖVP verteidigte immerhin auf Bezirksebene ihre Bastionen Innere Stadt, Hietzing und Döbling. Die SPÖ konnte in mehreren Bezirken Angriffe der Grünen knapp abwehren, die ihrerseits ihre Hochburgen Neubau, Josefstadt und Währing souverän verteidigten.
Parteien beraten über das Wahlergebnis
Die Parteien beraten am Montag über das Wahlergebnis. Den Auftakt macht die SPÖ. Die roten Gremien tagen ab 8.00 Uhr im Rathaus. Auch die Grünen treffen sich bereits am Vormittag, wobei hier keine Uhrzeit bekanntgegeben wurde. Die NEOS werden um die Mittagszeit sitzen, die ÖVP ab 16.00 Uhr. Bei der Volkspartei könnte es auch um die Zukunft von Parteichef Karl Mahrer gehen. Die FPÖ wird sich vermutlich erst am Dienstag treffen.
Auch restliche Wahlkarten werden ausgezählt
Auch die restlichen Wahlkarten werden am Montag ausgezählt. Der Großteil dürfte aber bereits am Sonntag einbezogen worden sein. Dies war bei einer Wien-Wahl das erste Mal der Fall. Wahlkarten, die bis Freitag eingelangt waren, wurden sofort am Wahltag berücksichtigt.
Ausgewertet werden am Montag nur mehr die erst später eingetroffenen Wahlkartenstimmen bzw. jene der nicht-österreichischen EU-Bürger, die bei der Bezirksvertretungswahl mitstimmen durften. Das Ergebnis der Vorzugsstimmen dürfte ebenfalls am Montag bekanntgegeben werden. (APA/bearbeitet von ng/skr)