Bei den anstehenden Landtagswahlen muss die SPD laut Umfragen mit massiven Stimmenverlusten rechnen. In Sachsen-Anhalt könnten die Sozialdemokraten sogar hinter die AfD zurückfallen. Was sind die Gründe dafür? Und hat die SPD in diesem Zustand überhaupt noch eine Zukunft?
Die Union und Angela
Für die Landtagswahlen am 13. März in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sagen Umfragen von Forsa, Insa, Infratest dimap und der Forschungsgruppe Wahlen Verluste für die SPD voraus. Besonders dramatisch könnten sie in Baden-Württemberg ausfallen, in Sachsen-Anhalt landet die SPD möglicherweise sogar hinter der Alternative für Deutschland (AfD).
Zuletzt sorgte ein Vorstoß des Parteivorsitzenden
Angela Merkel, die selbst in der Kritik steht, blickt fast mitleidig auf die SPD. Die Kanzlerin monierte bei "
Die Kanzlerin sagte, einen solchen Satz solle man sich gar nicht erst zu eigen machen. "Ich finde, die SPD und der Vorsitzende Herr Gabriel machen sich damit klein."
SPD tut sich beim Flüchtlingsthema schwer
Ein großes Problem der SPD ist laut Experten, dass sie beim beherrschenden Thema Flüchtlinge nicht mit starken Positionen in Erscheinung treten kann oder möchte.
Der Politologe Uwe Jun von der Universität Trier erklärt das so: "Das ist ein Thema, bei dem die SPD besonders viele Interessen berücksichtigen und schwierige Kompromisse anstreben muss. Sie kann da keine so klare Position beziehen, wie etwa die Grünen, und deswegen wirkt sie in dem Punkt ambivalent und undeutlich." Das heiße aber nicht, dass die Partei insgesamt kein Profil habe.
Als kleiner Koalitionspartner hat es die SPD nicht leicht, sich gegenüber der Union zu profilieren. "Dennoch hat sie es geschafft, sich nach dem Tief, das auf die Agenda 2010 folgte, wieder als Partei zu etablieren, die für das Image der sozialen Gerechtigkeit steht", so Jun im Gespräch mit unserer Redaktion.
Sie hat den Mindestlohn durchgesetzt, die Rente mit 63 und einen Schulterschluss mit den Gewerkschaften erreicht. Für eine Partei in Regierungsverantwortung, die bisweilen schmerzhafte Kompromisse schließen müsse und mit Grünen und der Linken starke Konkurrenten auf dem linken Flügel habe, stehe die SPD in der Wählergunst noch gut da, so Jun.
SPD ist von 34 auf 23 Prozent gefallen
Die wachsende Konkurrenz von links sieht auch der Politikberater Florian Hartleb, der unter anderem an der Universität Eichstätt unterrichtet, als eine der Ursachen für die schlechteren Wahlergebnisse seit 2009.
Damals fiel die SPD im Vergleich zur Wahl davor, als
In der großen Koalition ab 2009 habe sich die SPD kein richtiges Profil erarbeiten können und biete weder eine personelle Alternative zu Kanzlerin Merkel noch ein Gegenmodel zur großen Koalition an.
"Die Möglichkeit einer Ampelkoalition ist weit weg und auch mit der Linken ist man in Sachen Koalition nicht weitergekommen", so Hartleb im Interview mit unserer Redaktion.
An der Flüchtlingspolitik kritisiert der Politikwissenschaftler, dass die SPD "nicht so sehr mit Lösungsvorschlägen zu punkten versucht, sondern mit Kritik an ihren Kritikern aus der rechtspopulistischen Ecke".
Der Abschwung der SPD hat aber auch für Hartleb viel mit der Agenda 2010 zu tun. Seit der Umsetzung dieser Sozialsystem- und Arbeitsmarktreform unter Rot-Grün mit dem Kanzler Schröder werde die SPD nicht mehr als Partei der sozialen Gerechtigkeit angesehen.
Sozialpolitische Themen wieder betonen
"Wenn sie es schafft, diesen Punkt wieder mehr in den Vordergrund zu rücken, könnte sie auch wieder stärker werden", sagt Hartleb. Einen Vorstoß in diese Richtung habe Sigmar Gabriel mit seinem "Solidaritätsprojekt" gerade versucht.
Gabriels Botschaft: Etwaige Verteilungskämpfe zwischen Einheimischen und Flüchtlingen sollten weder zu Lasten der Flüchtlinge noch der deutschen Bevölkerung gehen.
Auch wenn die SPD mit dem Thema soziale Gerechtigkeit in der Flüchtlingspolitik Wählerstimmen sammeln kann - zu Spitzenwerten wie unter Willy Brandt und teilweise auch Gerhard Schröder wird die SPD auf absehbare Zeit wohl nicht mehr kommen, glauben die Experten.
Weil, so Uwe Jun, die Parteienlandschaft mittlerweile stärker ausdifferenziert sei und weil es die einstige SPD-Stammwählerschaft, das gewerkschaftlich gebundene Arbeiter-Milieu, heute so nicht mehr gebe.
Wichtig sei aber natürlich auch ein starker Kanzlerkandidat oder eine starke Kanzlerkandidatin. "Man muss auch sagen, dass die SPD in letzter Zeit keine Spitzenkandidaten hervorgebracht hat, die es in Sachen Popularität mit Angela Merkel hätten aufnehmen können."
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