Washington (dpa) - Donald Trump hat ein Herz für diejenigen in Europa, die Bestehendes aufbrechen - oder auch zerbrechen - wollen. Über die von Brüssel wegen demokratischer Defizite angeprangerte polnische Regierung ist er voll des Lobes - wie auch über die EU-kritische Politik Viktor Orbans in Budapest. In Großbritannien sympathisiert Trump mehr oder weniger offen mit denen, die einen unkoordinierten Brexit befürworten - denn der ausgehandelte Deal sei "großartig für die EU". Jene EU, die er gerne mit China vergleicht. Nigel Farage, einer der geistigen Väter des Brexits, war einst der erste ausländische Politiker, mit dem Trump sprach, nachdem er gewählt war.
Nun kam
Trump nahm ihn ernst - das ist für den Regierungschef eines kleinen Landes in Europa schon mal ein Erfolg. Mit Außenminister Mike Pompeo, Sicherheitsberater John Bolton und Wirtschaftsberater Larry Kudlow zog er die erste politische Reihe zu den Gespräch mit der Delegation aus Wien hinzu. Kurz hatte auch jede Menge Input für Trump im Gepäck - vor der Abreise hatte er sich mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kurzgeschlossen.
Das Hauptanliegen der Europäer ist derzeit das Verhindern von Autozöllen auf Einfuhren in die USA. Trump betonte, er sei weiter an einem Deal interessiert. Nur wenn es nicht zu einer Einigung komme, werde es Zölle geben. Der Report des Handelsministeriums, die Autoimporte aus Europa seien eine Gefahr für die Nationale Sicherheit, müsse das nicht verhindern.
Wie Polen und Ungarn ist auch das Binnenland Österreich Mitglied der Drei-Meeres-Initiative - ein Zusammenschluss meist neuer EU-Länder um Ostsee, Nordsee und Adria. Ein Teil der Mitglieder kann der Verknüpfung von Energiepolitik und Sicherheitspolitik der Marke Trump ziemlich viel abgewinnen - und steht so in gewisser Konkurrenz zu den großen EU-Ländern. Einige in Europa sehen den von Trump unterstützten Pakt bereits als Gegenentwurf zum "alten" Europa - ein Begriff, den einst der damalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld für die einem Irak-Feldzug kritisch gegenüberstehenden Länder Deutschland und Frankreich geprägt hatte.
Die Einladung des US-Präsidenten an den "jungen Kerl" aus Wien unterstreicht, dass Österreich unter Kurz an internationaler Präsenz gewonnen hat. Sie signalisiert auch: Trump wertet Staaten auf, die aus seiner Sicht in der EU ein "gewisses Gegenmodell zur bisher beherrschenden deutsch-französischen Achse" verkörpern, sagt der Wiener Politberater Thomas Hofer. Kurz sei ein Vertreter Europas, der die Herausforderungen des Kontinents im Sinne Trumps erkannt habe, sagt Hofer vor allem mit Blick auf die Migrationsfrage.
Nähe zu Populisten - in Österreich ist die rechte FPÖ Regierungspartner - schadet in der politischen Welt von Trump nicht. "Ich denke, Sebastian Kurz ist ein Rockstar", meinte im Sommer 2018 der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, über den 32-Jährigen.
Schon vor seinem Besuch im Weißen Haus hatte Kurz dem US-Präsidenten eine teils "sehr aktive und auch sehr erfolgreiche Außenpolitik" bescheinigt. Trumps Engagement für eine friedliche Lösung auf der koreanischen Halbinsel sehe er sehr positiv, sagte der 32-Jährige der österreichischen Zeitung "Die Presse am Sonntag".
Kurz trifft auf einen Staatschef, mit dem er zwar manche politische Überzeugung teilt, von dem ihn aber der Stil deutlich unterscheidet. "Wo Trump aggressiv, boshaft und beleidigend ist, ist Kurz nüchtern und sachlich", meint Hofer. Am Mittwoch wirkte das Lächeln des Österreichers leicht gequält, als Trump nichts Besseres einfiel, als er auf die Jugend seines Gastes zu verweisen.
Gemeinsamkeiten zwischen dem 32-Jährigen Kurz und dem 40 Jahre älteren Trump gibt es dennoch genügend. Beide lehnen illegale Migration vehement ab. Österreichs Kanzler hat sich bei der Schließung der Balkan-Route profiliert und tritt für ein restriktives Vorgehen gegenüber Flüchtlingen im Mittelmeer ein. Trump macht polternd Stimmung gegen Einwanderung aus Lateinamerika - die Ansicht vieler Experten und nackte Statistiken geflissentlich negierend.
Eine weitere Gemeinsamkeit mit Trump ist die Nähe zu Israel. "Man hat den Kanzler als neues Gesicht gesehen und als unbedingten Freund Israels", heißt es in österreichischen Regierungskreisen. Trump hat mit der einseitigen Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels und der Verlegung der US-Botschaft dorthin eine genauso klare wie umstrittene Position im Nahost-Konflikt bezogen.
Bei den Handelsthemen liegt der Sprengstoff nicht nur beim Handel. Über den Energiekonzern OMV hat auch Österreich wirtschaftliche Interessen an der Entwicklung der umstrittenen deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2. Trump will diese unbedingt verhindern und damit Russland ökonomisch schwächen. © dpa
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