Begleitet von roten Protesten hat die Regierung ihren Ausflug nach Linz angetreten, der neben einem Ministerrat nicht nur einem Austausch mit der Lokalpolitik bringt sondern auch ein Treffen mit der bayerischen Landesregierung. Beim Aufbruch am Wiener Zentralbahnhof wurde ebenso Unmut über die Ausweitung der Höchstarbeitszeit geäußert wie beim Ankunft des Kabinetts im Linzer Landhaus.
Auch von der frühen Abfahrtszeit ließ sich eine Delegation junger SPÖ-Funktionäre, angeführt von JG-Chefin Kathi Weninger und der SJ-Vorsitzenden Julia Herr nicht davon abhalten, die am Bahnsteig eintreffenden Minister abzupassen: "Achtung Bahnsteig 8. Liebe Eltern! Aufgrund der österreichischen Bundesregierung verspätet sich die Ankunft bei ihren Kindern um bis zu vier Stunden täglich. Bedanken Sie sich für die Unannehmlichkeiten durch den Zwölf-Stunden-Tag bei
Heikle bilaterale Themen sollen angesprochen werden
Die Minister angeführt von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) passierten das Dutzend Demonstranten ebenso ungerührt oder lächelnd wie eine noch kleinere Gruppe, die sich aus dem selben Grund vor dem Linzer Landhaus postiert hatte.
Die Möglichkeit, gemeinsam einmal per Zug zu verreisen, nützten vor allem die ÖVP-Regierungsmitglieder, die sich geschlossen für den Railjet-Trip entschlossen hatten.
Eher spärlich vertreten war die freiheitliche Mannschaft, auch weil Vizekanzler
Vor dem Gespräch mit der bayerischen Regierung stellte Kurz klar, dass angesichts eines Handelsvolumens von 30 Milliarden Euro wirtschaftliche Themen im Vordergrund stehen würden.
Dass die Begegnung nun mitten in den Streit der deutschen Unionsparteien in der Asylpolitik falle, sei ein Zufall. Auch heikle bilaterale Themen will der Kanzler ansprechen, etwa den Transitstreit oder den Konflikt um den Salzburger Flughafen.
Österreich will sich nicht einmischen
Kurz warnte dennoch vor einer weiteren Verschärfung der Flüchtlingskrise durch den deutschen Asylstreit. "Wir bereiten uns intensiv dafür vor", sagte Kurz nach seiner Ankunft in Linz mit Blick auf die mögliche Zurückweisung von Flüchtlingen durch Deutschland. "Wir müssen gerüstet sein dafür, dass die nationalen Grenzkontrollen überhaupt in Europa verstärkt werden, ausgehend von Deutschland", sagte der ÖVP-Chef.
Er sei diesbezüglich "in intensivem Kontakt" mit dem Innen- und Verteidigungsminister, versicherte Kurz.
Er betonte neuerlich, dass sich Österreich in die "innerdeutsche Debatte" nicht einmische, griff aber zugleich die bisherige Flüchtlingspolitik der deutschen Kanzlerin
Diejenigen, die im Jahr 2015 die Grenzen geöffnet haben, "haben es verschuldet, dass es heute Grenzkontrollen gibt zwischen Österreich und Bayern, Ungarn und Österreich, Italien und Österreich, und die Situation vielleicht noch schlimmer wird", betonte er.
"Wenn die Diskussion in Deutschland etwas Gutes hat, dann, dass es jetzt eine neue Dynamik auf europäischer Ebene gibt, dass es wieder eine größere Chance gibt, dass endlich in der Europäischen Union sich etwas bewegt", sagte der Bundeskanzler.
Er bestätigte zugleich Medienberichte, wonach es noch diese Woche ein Gipfeltreffen zwischen Merkel, ihm und weiteren EU-Regierungschefs geben könnte. Merkel bemüht sich angesichts des Ultimatums der CSU intensiv darum, durch bilaterale Flüchtlingsübernahmeabkommen zumindest eine rudimentäre "europäische Lösung" auf die Beine zu stellen.
Markus Söder sieht Seabstian Kurz als Verbündeten
Kurz versicherte, dass Österreich kein Interesse an einem Streit zwischen den deutschen Unionsparteien habe und sich wünsche, "dass es dort keine Reibereien gibt".
"Was haben wir davon, wenn es Konflikte in anderen Ländern gibt", fragte er rhetorisch. "Wir wünschen uns eine geeinte Linie in Deutschland, ein gemeinsames Vorgehen. Ich sage klarerweise dazu, dass natürlich diese Diskussion über die Lösung der Migrationsfrage auch notwendig ist. Mann kann nicht verschweigen, dass nach wie vor zu viele Menschen nach Mitteleuropa weitergewunken werden", kritisierte er etwa angebliche Versuche, die sogenannte "Albanien-Route" zu verschweigen.
Man könne nicht warten, "bis die Katastrophe wieder so groß wird wie 2015."
Der bayerische Ministerpräsident
Aus den Reihen der deutschen Sozialdemokraten kam scharfe Kritik am österreichisch-bayerischen Schulterschluss in der Flüchtlingspolitik. "Söder und Spahn himmeln den 'jungen Metternich' Sebastian Kurz an", schrieb der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach am Mittwoch auf Twitter mit Blick auf Bayerns Regierungschef Markus Söder und den Merkel-Gegenspieler Jens Spahn. © APA
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