Seit 16. Dezember ist ein 27-Jähriger Österreichs Außenminister. Sebastian Kurz sieht sich zwar in zehn Jahren selbst nicht mehr in der Politik, trotzdem entwickelt er sich zurzeit zur größten Kanzlerhoffnung der ÖVP.

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"Ich glaube, er ist eine Hoffnung für Österreich", findet der Österreich nicht immer freundlich gesinnte ehemalige tschechische Außenminister, Karl Schwarzenberg. Sein kosovarischer Kollege Enger Hoxhaj lobt: "Dieser Außenminister ist ein Wendepunkt in unseren Beziehungen zur EU". EU-Außenbeauftrage Cathrin Ashton tätschelt Kurz liebevoll die Hand. Ohne Zweifel: Sebastian Kurz, seit knapp drei Monaten im Amt, ist beliebt im In- und Ausland. Eine Bilanz zu ziehen ist verfrüht, doch sind schon jetzt vielsprechende Konturen seiner Politik erkennbar.

Sebastian Kurz sieht es als seine Hauptaufgabe an, der österreichischen Außenpolitik strategische Tiefe in Mitteleuropa zu verleihen. Erstmalig wurde im österreichischen Außenministerium ein strategischer Planungsstab ins Leben gerufen, und eine neue Strategie. "Für ein Land, das zehnmal kleiner ist als Deutschland, ist es wichtig, sich wohldefinierte Nischen zu suchen, in denen man eine österreichische Handschrift erkennen kann."

Kurz' Schwerpunkt ist der Westbalkan: "Wir sind wirtschaftlich dort stark und haben eine enge menschliche Verbundenheit. Ich glaube, dass das Projekt Europa nur dann erfolgreich sein kann, wenn es da keinen weißen Fleck gibt", sagte Kurz der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Unter seiner Federführung wurden die Gelder für die Entwicklungszusammenarbeit von zwei auf vier Million Euro für den gesamten Balkan erhöht, Soldaten in Bosnien (Althea) und Kosovo (KFOR) um je 130 Mann aufgestockt sowie die Justizkooperation mit den Balkanstaaten verstärkt. Österreich setzt sich auch stark für das EU-Stabilitäts- und Assoziationsabkommen mit dem Kosovo ein und forciert die Annäherung Serbiens and die Europäische Union.

Kurz entscheidet nicht allein

Freilich: In Wahrheit ist Kurz’ Spielraum ist begrenzt. Berater, Sektionschefs und Referenten geben den Kurs vor: "Die Interessen österreichischer Außenpolitik wurden lange vor Kurz identifiziert", präzisiert der ehemalige Generalsekretär des Außenamtes, Albert Rohan, im Interview mit "Format.at". Ähnlich sieht das der ehemalige Vizekanzler Erhard Busek: "Es ist schön, wenn er Österreich in der EU neu positionieren will, sich im 'Westbalkan' engagiert und für ein stärkeres Engagement von Deutschland in Verbindung mit unserem Land eintritt. Hier und bei anderen Themen fehlen aber noch Inhalte!"

So etwa in der in der Ukraine-Krise: Österreich hat - auf Ansuchen der neuen Ukrainischen Regierung - als erster und anfangs einziger EU-Staat Kontosperren gegen 18 ukrainische Bürger verhängt. Die EU ist diesem Beispiel gefolgt und hat auf Basis einer österreichischen Liste ebenfalls Kontosperren EU-weit verhängt, jedoch sind Kurz und das Außenamt in Bezug auf die Realpolitik Russlands ebenso machtlos wie der Rest der Welt. Kurz gibt sich unverbindlich mit der Floskel: "Krieg wollen wir alle keinen."

NATO und EU geben Rahmen vor

Auch auf dem Westbalkan ist zu bedenken, dass Österreich seine Rolle im Raum in Wirklichkeit nur unter den Schutzschirm der NATO und EU wahrnehmen kann. Sebrenica ist und bleibt der blutige Fleck in der Region. Vor allem für Österreich, das sich gerne auf seine historische Rolle beruft, sind die Balkankriege ein Testament der außen- und sicherheitspolitischen Trittbrettfahrerei der österreichischen Politik. Unter Kurz muss und kann sich dies ändern. Die sich langsam entwickelte Kongruenz von Außen– und Sicherheitspolitik im Rahmen der neuen "Nischenstrategie" von Kurz ist ein erster Schritt.

"Er ist sehr tüchtig, und er hat noch keine Fehler gemacht", ist wohl das höchste Kompliment, das einem Jungpolitiker in Österreich gemacht werden kann. In dieser Hinsicht gilt Sebastian Kurz, obwohl er sich selbst in zehn Jahren nicht mehr in der Politik sieht, als große Kanzlerhoffnung der österreichischen Volkspartei. In der Zwischenzeit ist Kurz mit seinem vorsichtigen, aber überlegten Vorgehen wohl nirgends besser aufgehoben als auf dem diplomatischen Parkett.

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