- Zahlreiche Verträge regeln die Zusammenarbeit der EU mit der Schweiz.
- Eine engere Umarmung wollen die Eidgenossen aber nicht.
- Nach jahrelangen Verhandlungen ziehen sie nun einen Schlussstrich.
Die Schweiz hat einen geplanten Rahmenvertrag mit der EU über die bilateralen Beziehungen nach sieben Jahren Verhandlungen platzen lassen. Es habe keine Einigung über entscheidende Punkte gegeben, sagte Präsident Guy Parmelin am Mittwoch in Bern. Damit war der Vertragsentwurf, der seit Ende 2018 auf dem Tisch lag, nicht mehrheitsfähig.
"Der Bundesrat hat festgestellt, dass die Gespräche in drei Bereichen mit der EU nicht zu den nötigen Lösungen geführt haben. Deshalb hat der Bundesrat entschieden, die Verhandlungen zu beenden", teilte Parmelin mit.
"Die Schweiz bleibt zuverlassige Partnerin der Europäischen Union", versicherte Außenminister Ignazio Cassis. Man erwarte, dass die geltenden bilateralen Verträge weiter angewendet und Gespräche über neue Verträge fortgesetzt werden.
Die Schweiz bot zudem einen "politischen Dialog" mit der EU an, um die Zusammenarbeit weiterzuentwickeln. Gleichzeitig versprach Cassis, sich im Parlament dafür einzusetzen, dass ein bislang zurückgehaltener Beitrag der Schweiz zur Unterstützung der neueren EU-Mitglieder zügig freigegeben wird.
Dabei geht es um 1,3 Milliarden Franken (1,2 Milliarden Euro). Die ersten Zahlungen sollten eigentlich schon 2016 fließen, wurden aber wegen der Verhandlungen über das Rahmenabkommen blockiert.
Bilaterale Verträge bleiben trotzdem bestehen
Die bilateralen Verträge zwischen der EU und der Schweiz bleiben trotz des geplatzten Abkommens bestehen. Aber die Europäische Union hat diese Woche gewarnt, mit welchen Folgen die Schweiz ohne den Abschluss des Rahmenabkommens rechnen müsse: Es werde keine weiteren Abkommen geben, und ältere Abkommen würden möglicherweise nicht aktualisiert.
Über das Rahmenabkommen wurde seit 2014 verhandelt. Es sollte unter anderem automatische Aktualisierungen regeln und festlegen, wie Streitigkeiten geschlichtet werden.
Die Schweiz sah aber neue Vorschriften, die Gewerkschaften, Staatsrechtler und die stärkste Partei SVP nicht akzeptieren wollten. Dabei ging es unter anderem um Regeln über Staatshilfen, Maßnahmen zum Schutz der hohen Schweizer Löhne und den Zugang von EU-Bürgern zu Schweizer Sozialkassen.
Schweiz gewährt die Personenfreizügigkeit und hat Zugang zum EU-Binnenmarkt
Die Schweiz ist zwar kein Mitglied der EU, über bilaterale Verträge aber in viele europäischen Projekte eingebunden. Sie hat auch Zugang zum EU-Binnenmarkt und gewährt im Gegenzug die Personenfreizügigkeit.
Nach EU-Angaben leben 1,4 Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger in der Schweiz - darunter über 300.000 Deutsche und rund 44.000 Österreicher -, und gut 340.000 EU-Bürger pendeln jeden Tag in die Schweiz. 400.000 Schweizerinnen und Schweizer leben in der EU.
Der Handel mit der EU macht 60 Prozent des Schweizer Bruttoinlandsprodukts aus, gefolgt von den USA mit knapp zwölf Prozent. Umgekehrt ist die Schweiz für die EU der viertgrößte Handelspartner nach den USA, China und Großbritannien.
Ein letzter Versuch, das Abkommen noch zu retten, war eigentlich schon im April gescheitert: Parmelin reiste zu einem Krisengespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Brüssel. Dabei gab es aber keine Annäherung. (dpa/awa)
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