Mehrere Wochen nach dem Urteilsspruch ist das schriftliche Urteil gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser zugestellt. Im nächsten Schritt wird dem ehemaligen Politiker und seinen Mitverurteilten mitgeteilt, wann sie sich im Gefängnis zu melden haben.
Im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und weitere Angeklagte sind die am 25. März mündlich erfolgten rechtskräftigen Schuldsprüche des Obersten Gerichtshofs (OGH) nun auch schriftlich den Verteidigern und Vertretern im elektronischen Rechtsverkehr zugestellt worden. Das teilte der OGH am Montagnachmittag in einer Aussendung mit.
Wie Ende März verkündet, reduzierte der Oberste Gerichtshof in der Buwog-Causa die Freiheitsstrafe für Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser von acht auf vier Jahre und für Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger von sieben auf dreieinhalb Jahre. Für Ex-Lobbyist Peter Hochegger strich der fünfköpfige OGH-Richtersenat die Zusatzfreiheitsstrafe von sechs auf drei Jahre zusammen, 2 Jahre davon bedingt.
Die rechtskräftig Verurteilten werden nun zeitnah eine Aufforderung zum Strafantritt erhalten. Die Zusatz-Freiheitsstrafe für Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics senkte das Höchstgericht von zwei Jahren auf 12 Monate bedingt, für Ex-RLB-OÖ-Vorstand Georg Starzer von 3 Jahre teilbedingt auf 20 Monate bedingt.
OGH sieht kein Fristversäumnis
Der OGH wollte in der aktuellen Medieninformation im Zusammenhang mit der Urteilsverkündung "aufgetretene Missverständnisse aufklären und vereinzelte mediale Fehlinformationen richtigstellen". Die vierwöchige Frist betreffe die Ausfertigung des Urteils und dessen Unterfertigung durch die Vorsitzende des OGH-Richtersenats, Christa Hetlinger, nicht die Zustellung an die Parteien.
Die schriftliche Ausfertigung des mündlichen Urteils wurde von der Vorsitzenden am 4. April 2025 nach eigenen Angaben an die Schreibabteilung zur Endfertigung übergeben. "Eine 'Fristversäumnis' durch den OGH liegt also nicht vor", hieß es vom Höchstgericht.
In der Endredaktion sei das 212-seitige Urteil dann nochmals Korrektur gelesen und die aus datenschutzrechtlichen Gründen notwendige Anonymisierung der im Urteil namentlich genannten Personen (Zeugen, Opfer) kontrolliert worden.
Haftantritt von Grasser und Meischberger rückt näher
Zum Haftantritt von Grasser, Meischberger & Co. wies der OGH auf den weiteren Verfahrensablauf hin: Die Einmonatsfrist für den Strafantritt laufe ab Zustellung der Aufforderung zum Strafantritt durch das Wiener Straflandesgericht als Erstgericht, nicht ab Verkündung des Urteils.
Grasser und Meischberger sprachen nach der mündlichen Urteilsverkündigung von einem Fehlurteil und kündigten eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg an. Der EGMR kann in der Causa Buwog nicht den Haftantritt verhindern oder verzögern, sondern könnte theoretisch eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention feststellen und geeignete Maßnahmen zur Wiedergutmachung verlangen. Erfahrungsgemäß dauern die EGMR-Verfahren, insbesondere wenn sie komplex sind, mehrere Jahre. (APA/bearbeitet von ank)