Österreichs Polit-Skandal geht in die nächste Runde: Der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid wurde zum zweiten Mal im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss vor Gericht befragt. Dabei belastete er Kurz erneut und enthüllte geheime Chat-Nachrichten.

Mehr aktuelle News

Der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-Chef der Staatsholding ÖBAG, Thomas Schmid, ist am Freitag zum zweiten Mal im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss als Zeuge vor Gericht erschienen. Bei der Befragung durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) blieb Schmid bei seiner bisherigen Linie. Alle Entscheidungen seien in enger Abstimmung mit Kurz oder dessen Leuten erfolgt.

Die Befragung Schmids war am Montag wegen der Länge des Verhandlungstages unterbrochen worden. Dass die WKStA erst nach der Verteidigung an die Reihe kam, liegt daran, dass der vorsitzende Richter Michael Radasztics zur Überraschung vieler Beobachter einem Antrag der Verteidigung stattgegeben hatte und diese Schmid noch vor der WKStA befragen ließ. Eigentlich ist es ja Usus, dass die Anklagebehörde nach dem Richter an der Reihe ist.

Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic konfrontierte Schmid am Freitag neuerlich mit einer Reihe von Chats und befragte ihn nach der Zusammenarbeit mit Kurz und dem Kanzleramt. Dabei blieb Schmid bei seiner bisherigen Linie. Die Zusammenarbeit sei immer "sehr eng" gewesen.

So etwa bei den Koalitionsverhandlungen nach der Nationalratswahl 2017, bei denen er immer wieder beim Thema Beteiligungen beigezogen worden sei, oder bei der Neustrukturierung der Beteiligungsgesellschaft des Bundes ÖBIB zur ÖBAG. Die Aufbereitung der ÖBAG habe er "federführend" mit Arnold Schiefer auf FPÖ-Seite verhandelt. Dabei habe er immer wieder Kurz "upgedatet" und an dessen Gruppe berichtet.

Schmid belastet Ex-Kanzler Kurz

Und auch Kurz selbst habe immer wieder nachgefragt und sich informieren lassen, schilderte Schmid. Das Vorgehen sei stets "sehr, sehr eng" abgestimmt gewesen. Wie dann Kurz gemeint haben könnte, dass er, Schmid, sein "eigenes Süppchen gekocht habe", wollte Adamovic wissen. Das könne er sich nicht erklären, meinte Schmid: "Die großen Projekte wie ÖBAG und Budget kannst du im System Kurz nicht ohne Rücksprache durchführen - das ist einfach denkunmöglich."

Ohne Rückendeckung aus dem Kanzleramt sei nichts möglich gewesen. Kurz habe immer wieder "relativ stark" seine Meinung kundgetan - und: "Sebastian Kurz war Personalpolitik grundsätzlich ein wichtiges Anliegen", hielt Schmid fest.

So sei es auch beim Nominierungskomitee für Aufsichtsräte gewesen. Bei Personalfragen sei zunächst Kurz' ehemaliger Kabinettschef Bernhard Bonelli, der wegen desselben Delikts angeklagt ist, "unmittelbarer Ansprechpartner" gewesen, sagte Schmid aus. Große Dinge seien aber jedenfalls "mit Kurz selbst" besprochen worden, und auch Bonelli habe alle Themen mit seinem Chef abgestimmt, so Schmid. Noch vor der Befragung durch die WKStA hatte der Richter einige ergänzende Fragen gestellt. Etwa wollte er von Schmid wissen, wie sich denn die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) gestaltet habe.

Schmid stellte es als "reines Arbeitsverhältnis" dar und beschrieb die Zusammenarbeit als "sehr professionell". "Löger war ein Mann aus der Wirtschaft, der Management-Ansätze mitgebracht hat", so Schmid. Er habe sich stets "sehr eng mit dem Bundeskanzleramt und seinem Team abgestimmt". Dabei sei er immer auf eine sehr gute Zusammenarbeit bedacht gewesen.

Schmid widerspricht dem ehemaligen Finanzminister Hartwig Löger

Dass er sich für den ÖBAG-Chefposten bewerben habe wollen, habe er Löger mitgeteilt - auch dass er dies mit Kurz abgesprochen habe. Lögers Reaktion darauf sei "positiv" gewesen. Radasztics konfrontierte Schmid hernach mit einer Aussage Lögers, wonach Kurz zu einem guten Teil informiert gewesen sei, er, Löger, den Kanzler aber nicht nach seiner Meinung oder Zustimmung gefragt habe, was "durchaus eine widersprüchliche Darstellung" zu Schmids Aussagen sei, stellte der Richter fest.

Schmid betonte, dass er bei seiner Aussage bleibe. Die Abstimmung sei mit dem Bundeskanzleramt in vielen Bereichen "sehr engmaschig" gelaufen. Er könne "nicht nachvollziehen", warum Löger diese Rolle des Kanzleramts "außen vorlässt", so Schmid: "So wie es Löger darstellt, ist es nicht meine Erfahrung gewesen."

Bereits am Montag hatte Schmid bei seiner Befragung dem einstigen Kanzler widersprochen und ausgesagt, bei der Besetzung des ÖBAG-Aufsichtsrats sei kaum etwas ohne die Zustimmung von Kurz und dessen Kabinettschef Bonelli gegangen. Die Verteidigung wiederum versuchte, Schmid, der in der Umfrage-Causa der ÖVP den Kronzeugenstatus anstrebt, als unglaubwürdig darzustellen.

Ursprünglich als Zeuge geladen war für heute, Freitag, der einstige Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), der nun im Jänner an die Reihe kommen soll. Am kommenden Montag ist mit Löger ein weiterer ehemaliger ÖVP-Finanzminister an der Reihe. (APA/phs)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.