Der Spekulationsskandal in Salzburg hatte viele Folgen, nicht zuletzt den Verlust von mehreren hundert Millionen Euro an Steuermitteln. In Salzburg stehen vorgezogene Neuwahlen an und Landesfinanzminister David Brenner (SPÖ) musste seinen Hut nehmen. Dennoch bleibt auch ein positives Ergebnis: In der Finanzverfassung wird künftig ein Passus verankert sein, der die Zockerei mit Steuergeldern verbietet. So könnte der teure Skandal in Salzburg letztlich doch Milliarden sparen.

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Bekannt wurden die Spekulationen im Dezember 2012 - doch es gibt eine Vor- und eine Aufklärungsgeschichte, die längst nicht beendet scheint. Wir fassen die Hintergründe zusammen, von der ersten Geldanlage bis zum Ende des Untersuchungsausschusses.

Was ist passiert - Chronologie

Im Februar des Jahres 2000 wurde die heutige Hauptverdächtige im Finanzskandal, die damals 28-jährige Juristin Monika Rathgeber, zur Referatsleiterin in der Finanzabteilung des Landes Salzburg berufen. Fast genau drei Jahre später erhielt sie vom damaligen Finanzlandesrat Wolfgang Eisl (ÖVP) die Vollmacht, auch risikoreiche Derivatgeschäfte zu tätigen. Genannt wurden unter anderem Devisenoptions- und Zinsbegrenzungsgeschäfte. Ob die Vollmacht der geltenden Verfassung entsprach, ist umstritten. Fest steht, dass man mit riskanten Geschäften zur Reduzierung der Zinslast zuvor bereits monatelang beste Erfahrungen gemacht hatte. Die Rede ist von 150 Millionen Euro an Einnahmen.

Im Jahr 2004 übernahm Othmar Raus (SPÖ) das Amt des Finanzlandesrats von Wolfgang Eisl, für Monika Rathgeber änderte sich aber zunächst nichts. Das eigentlich schon immer geltende 4-Augen-Prinzip für Vertragsabschlüsse wurde 2007 lediglich um neue Richtlinien erweitert. So musste der Wert des Portfolios seither von einer unabhängigen Instanz berechnet werden - eine Aufgabe, die der Deutschen Bank zufiel.

Ende 2007 kam es erneut zu einem Führungswechsel, David Brenner (SPÖ) übernahm die Geschäfte von Raus. Er ergriff Maßnahmen, um die Risiken der Geschäfte zu senken, unter andrem durch niedrigere Limits und die Einsetzung eines Finanzbeirates. Dennoch gab es Gerüchte über Fehlbeträge im zweistelligen Millionenbereich, die bei einzelnen Banken aufgelaufen sein sollten. Ab wann Brenner davon unterrichtet war, blieb letztlich offen.

Mitte 2009 schaltete sich der Rechnungshof ein. Er kritisierte die hohen Risiken, bescheinigt aber zugleich den finanziellen Erfolg der Geschäfte in den Jahren 2002 bis 2007.

Im Sommer 2012 kam es zu einer ernsthaften Auseinandersetzung zwischen Monika Rathgeber und ihrem Vorgesetzten Eduard Paulus, dem Leiter der Finanzabteilung. Paulus sah das 4-Augen-Prinzip und weitere Richtlinien verletzt und wendete sich an die Personalabteilung. Für den Wiederholungsfall forderte er, die Zusammenarbeit mit Monika Rathgeber zu beenden.

Innerhalb weniger Tage eskalierte der Fall, Paulus weihte nun auch David Brenner ein. Monika Rathgeber wurden alle Vollmachten entzogen, zwischenzeitlich wurde sie auch beurlaubt. Nach ihrer Rückkehr beschwert sie sich, zunächst schriftlich, später auch bei einem persönlichen Treffen, bei Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) über die eingeschränkten Kompetenzen. Inwieweit sie dabei auch über die Verlustrisiken informierte, ist umstritten.

Im Oktober 2012 entdeckte ein neu eingestellter Mitarbeiter, der von der Deutschen Bank kam, dass die Zahl der von Rathgeber abgeschlossenen Derivatgeschäfte weit umfangreicher war, als offiziell bekannt. Es soll sich um mehr als 250 bisher unbekannte Papiere handeln, die nicht im Portfolio gelistet waren, das die Deutsch Bank verwaltete. Brenner wurde neuerlich in Kenntnis gesetzt und verfügte, die Geschäfte möglich verlustfrei aufzulösen.

Im November erhärtete sich der Verdacht, dass Rathgeber illegale Geschäfte getätigt hatte und riesige Verluste aufgelaufen waren. Sie wurde fristlos entlassen und unter anderem wegen Untreue und Urkundenfälschung angezeigt.

Eduard Paulus wurde vorgeworfen, sein Wissen über die Spekulationsverluste nicht an die Landesregierung weitergegeben zu haben. Er wurde Anfang Januar zunächst suspendiert, die Suspendierung muss jedoch später wieder aufgehoben werden. Paulus beteuert, erst am 26. November von Rathgeber informiert worden zu sein.

Die Öffentlichkeit wurde von David Brenner erst Anfang Dezember 2012 informiert, ebenso der Koalitionspartner von der ÖVP. Am 28. November hatten Brenner und Monika Rathgeber noch im Budgetausschuss des Landtages erklärt, die Finanzen Salzburgs seien in Ordnung. Zu diesem Zeitpunkt war auch Brenner bereits über die Verluste informiert. Brenner, einst einer der Hoffnungsträger der SPÖ, erklärte im Dezember seinen Rücktritt zum 23. Januar 2013. Seit dem 10. Dezember 2012 ermittelte auch das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung, BAK.

Der Untersuchungsausschuss

Zu welchen konkreten Ergebnissen der Untersuchungsausschuss zum Salzburger Finanzskandal letztlich kommt, wird sich frühestens am 24. April zeigen. Dann befasst sich der Landtag in seiner letzten Sitzung vor den vorgezogenen Neuwahlen erneut mit dem Thema. Basis dafür sind die Abschlussberichte, die zurzeit von Richter Anton Wagner und den Fraktionen getrennt erstellt werden. Einen gemeinsamen Abschlussbericht wird es nicht geben. Die Zeugenbefragung vor dem U-Ausschuss war am 5. April mit der Vorladung von Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) und mehreren ehemaligen Mitarbeitern des Finanzreferats beendet worden.

Während der Befragungen hatte die ÖVP versucht, Landeshauptfrau Gabi Burgstaller nachzuweisen, dass sie über den Skandal bereits vor Dezember 2012 informiert worden war. ÖVP-Chef Wilfried Haslauer verwies dabei auch auf die Aussage von Monika Rathgeber, die Burgstaller am 27. September persönlich über die Verlustrisiken informiert haben will. Auch David Brenner selbst hat nach ÖVP-Meinung Burgstaller stets in Kenntnis gesetzt. Beweise für eine frühe Mitwisserschaft fehlen allerdings.

Zu den Ergebnissen des U-Ausschusses zählt die Erkenntnis, dass es erhebliche Probleme innerhalb der Verwaltungsabläufe gegeben hat und die interne Kontrolle nicht funktionierte. Bekannt wurde auch, dass die überhastete Auflösung der Geldanlagen Experten zufolge zu weiteren Verlusten geführt hat. Die genaue Höhe des Gesamtschadens wurde nicht beziffert.

Der U-Ausschuss war auf Antrag der ÖVP ins Leben gerufen worden. Er kam Ende Januar 2013 erstmals zusammen, den Vorsitz führte - nach Losentscheid - die grüne Landtagsabgeordnete Astrid Rössel. Es war der bisher sechste Ausschuss in der Geschichte Salzburgs. Um vor den vorgezogenen Landtagswahlen am 5. Mai zu einem Ergebnis zu kommen, wurde in kurzen Abständen, oft zwei Mal pro Woche getagt. Die Ausschussvorsitzende Astrid Rösler schloss zuletzt in einem Interview mit dem "Standard" einen zweiten Untersuchungsausschuss zum Thema nicht aus.

Nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen gibt es in Salzburg keine Vorwürfe der persönlichen Bereicherung. Finanzmanagerin Rathgeber klagte vor dem Arbeitsgericht gegen ihre fristlose Entlassung, wurde jedoch in erster Instanz abgewiesen. Die Berufungsverhandlung steht gegebenenfalls noch aus.

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