Putin bestätigt den Raketenangriff auf die ukrainische Stadt Dnipro und sendet damit eine klare Botschaft an den Westen. Doch was verbirgt sich hinter der neuartigen Waffe?

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Russland hat am Donnerstag bei Luftangriffen auf die ukrainische Stadt Dnipro erstmals eine neuentwickelte Mittelstreckenrakete eingesetzt - sie kann auch mit Atomsprengköpfen bestückt werden, wie Kreml-Chef Wladimir Putin später in einer Fernsehansprache sagte. Der Einsatz der Waffe kann als Drohung an westliche Länder verstanden werden, die die Ukraine mit Raketen größerer Reichweite beliefern und ihnen den Einsatz dieser Waffen auf russischem Territorium erlauben.

Um was für eine Rakete handelt es sich?

Kiew beschuldigte Moskau zunächst, zum ersten Mal in der Geschichte eine Interkontinentalrakete im Kampf abgefeuert zu haben. Washington stellte jedoch später klar, dass es sich nicht um eine Interkontinentalrakete, sondern vielmehr um eine "experimentelle ballistische Rakete mittlerer Reichweite" gehandelt habe. Vermutlich besitze Russland nur eine Handvoll dieser Geschosse, sagte ein US-Regierungsvertreter.

Wie der Name sagt, können Interkontinentalraketen einen Kontinent von einem anderen aus treffen. Sie haben eine Reichweite von mehr als 5500 Kilometern. Mittelstreckenraketen hingegen können Ziele in einer Entfernung zwischen 3000 und 5500 Kilometern beschießen, sie würden also für einen russischen Angriff auf Westeuropa ausreichen.

In seiner Ansprache am Donnerstagabend bestätigte Putin den Test "eines der neuesten russischen Mittelstrecken-Raketensysteme unter Kampfbedingungen". Diese experimentelle "Hyperschall"-Rakete namens "Oreschnik" könne auch mit Atomsprengköpfen bestückt werden.

Experten nehmen an, dass es sich bei der Rakete um eine Variante der RS-26 Rubesch handeln könnte, deren Entwicklung 2018 eingestellt worden sein soll.

"Ich wäre überrascht, wenn Russland (eine solche Rakete) bauen könnte, ohne mindestens zu 90 Prozent auf bestehende Entwicklungen zurückzugreifen und ohne Teile der RS-26 auszuschlachten", sagt Fabian Hoffmann, der an der Universität Oslo zu Raketentechnologie forscht.

Warum setzt Moskau die Rakete jetzt ein?

Die Spannungen zwischen Russland und den westlichen Verbündeten der Ukraine hatten sich in den vergangenen Tagen verschärft: Am Wochenende erlaubte US-Präsident Joe Biden Kiew nach langem Zögern der Ukraine erstmals, Waffen von größerer Reichweite für Angriffe auf das russische Hinterland einzusetzen.

Daraufhin griff die Ukraine Ziele in Russland mit US-Raketen des Typs ATACMS wie auch mit von Großbritannien gelieferten Storm-Shadow-Marschflugkörpern an.

Das Abfeuern der neuartigen Rakete sei eine Antwort auf diese Angriffe, sagte Putin. Am Dienstag hatte er ein Dekret unterzeichnet, das die Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen senkt – ein Schritt, den die westlichen Länder als unverantwortlich verurteilen.

Biden versucht die Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen Russland in den letzten zwei Monaten seiner Amtszeit im Weißen Haus noch stärker zu unterstützen als bislang - da sein Nachfolger Donald Trump den Krieg schnell beenden will, was mit territorialen Konzessionen an Russland zu Lasten der Ukraine verbunden sein könnte.

Was ist die Botschaft des Kremls?

Der Einsatz der neuen Rakete sei eine Botschaft Moskaus an den Westen, sind sich die Experten einig. "Wir haben es hier mit etwas noch nie Dagewesenem zu tun, und es ist viel mehr ein politischer als ein militärischer Akt", sagt Héloïse Fayet von der französischen Denkfabrik Ifri.

Der von der Rakete angerichtete Schaden war indessen vergleichsweise begrenzt: Nach Angaben der Behörden in Dnipro traf die Rakete eine Infrastruktureinrichtung und verletzte zwei Zivilisten.

Für Nick Brown vom privaten britischen Analysedienst Janes ging es bei dem Einsatz der Rakete "eigentlich darum, eine Botschaft oder Warnung der Eskalation zu senden – eine teure und potenziell gefährliche Art und Weise für Russland, mit dem Säbel zu rasseln".

Moskau versuche möglicherweise, "die Ukraine und ihre Unterstützer einzuschüchtern", befand auch ein US-Regierungsvertreter. "Aber dadurch wird sich das Blatt in diesem Konflikt nicht wenden." (afp/bearbeitet von lla)

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