Wenige Tage vor dem dritten Jahrestag des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine bewegt sich einiges. US-Präsident Donald Trump will schnell mit Russlands Präsident Wladimir Putin sprechen. Die Europäer samt der Ukraine fühlen sich außen vor gelassen und treffen sich in Paris.

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Dass die Waffen in der Ukraine schweigen, wünschen sich sowohl die Amerikaner, als auch die Europäer und allen voran die Ukrainer selbst. Aber zu welchen Bedingungen dieser Frieden mit Russlands Präsident Wladimir Putin erreicht werden kann, wird sich wohl in den kommen Wochen zeigen.

Die Ausgangslage

Rund zwei Wochen vor dem dritten Jahrestag des Beginns des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hatte Trump am vergangenen Mittwoch mit Putin telefoniert. Im Anschluss an das anderthalbstündige Gespräch erklärte er, er habe mit dem Kremlchef den "unverzüglichen" Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine vereinbart.

Dies weckte Befürchtungen, die Ukraine wie auch die europäischen Partner würden von den Gesprächen ausgeschlossen. Bei der Münchner Sicherheitskonferenz sprach sich US-Vizepräsident JD Vance am Freitag für eine Beteiligung der Europäer an den Verhandlungen aus. Trumps Sondergesandter für die Ukraine, Keith Kellogg, sagte dann am Samstag in München, die Europäer würden nicht mit am Verhandlungstisch sitzen – könnten aber einen "Beitrag" leisten.

Trump erklärte am Sonntag weiter, es habe "lange und harte" Gespräche seines Teams mit Vertretern Russlands gegeben. Unter den US-Vertretern sei auch Trumps Nahost-Gesandter Steve Witkoff gewesen, der Putin laut Trump vor Kurzem getroffen habe. Das Treffen zwischen Witkoff und Putin habe drei Stunden gedauert, sagte Trump.

Auf die Frage eines Journalisten, ob Trump glaube, dass Putin die gesamte Ukraine erobern wolle, sagte der US-Präsident, "das habe ich ihn gefragt" und fügte hinzu: "Wenn er weiter macht (…), wäre das ein großes Problem für mich." Trump sagte weiter: "Ich glaube, er will es beenden und sie wollen es schnell beenden. Beide." Selenskyj wolle "es auch beenden"

Selenskyj warnt die Europäer

Der ukrainische Präsident sagte in einem Interview mit dem US-Fernsehsender NBC, dass Trump seiner Meinung nach den Einfluss habe, Putin zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand in der Ukraine zu drängen. Dem Kremlchef dürfe jedoch niemals vertraut werden.

Mit dieser Botschaft wandte er sich auch an die Europäer. Sollte die Nato durch ein geringeres Engagement der USA geschwächt werden, könnte Putin dies nutzen. "Wir glauben, dass Putin Krieg gegen die Nato führen wird", sagte Selenskyj bei NBC. Putin warte möglicherweise "auf eine Schwächung der Nato", die dadurch ausgelöst werden könnte, "dass die Vereinigten Staaten von Amerika darüber nachdenken werden, ihr Militär aus Europa abzuziehen". Selenskyjs Warnung besorge ihn "nicht einmal ein bisschen", sagte Trump.

Der ukrainische Präsident hatte die europäischen Verbündeten bereits bei seinem Auftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag vor möglichen russischen Angriffen gewarnt. Angesichts der Politik der neuen US-Regierung müsse Europa "unabhängig" von Washington werden. Die Zeit für die gemeinsamen "Streitkräfte von Europa" sei gekommen, sagte Selenskyj.

Europas Antwort auf die Verhandlungspläne zwischen den USA und Russland

Am heutigen Montag treffen sich zahlreiche Vertreter der EU in Paris, um über die Ukraine zu sprechen. Erwartet werden neben Bundeskanzler Olaf Scholz die Staats- und Regierungschefs von Großbritannien, Italien, Polen, Spanien, den Niederlanden und Dänemark. Zudem sind EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Ratspräsident António Costa sowie Nato-Generalsekretär Mark Rutte mit dabei. Gastgeber ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Topthema ist die Frage, wie Europa auf den drastischen Kurswechsel in der US-Ukraine-Politik reagieren soll. Diese zielt darauf ab, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Kremlchef Wladimir Putin in Verhandlungen über ein Ende des Krieges zu zwingen und den Europäern die Verantwortung für die Absicherung eines Friedensdeals zu übertragen.

Dazu ging jüngst in Berlin und anderen europäischen Hauptstädten die Aufforderung ein, mögliche Beiträge zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu melden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen die Länder unter anderem angeben, wie viele Soldaten sie für eine Friedenstruppe oder Ausbildungsprogramme nach einem Ende des russischen Angriffskriegs in die Ukraine schicken könnten. Zudem soll es auch um Waffensysteme gehen und die Frage, was von den USA erwartet wird.

Großbritannien will besondere Rolle im Ukraine-Friedensprozess einnehmen

Dies bestätigte auch der britische Premierminister Kier Starmer. In einem Gastbeitrag für den "Telegraph" schrieb Starmer, Großbritannien könne bei der Arbeit an Sicherheitsgarantien für die Ukraine eine "führende Rolle" übernehmen. Das bedeute im Falle des Kriegsendes auch, Truppen vor Ort zu stationieren, falls das nötig sein sollte. Es ist das erste Mal, dass Starmer sich derart konkret dazu äußerte.

"Ich sage das nicht leichtfertig", schrieb der Premier in dem Beitrag, der am Abend vor dem heutigen Gipfeltreffen europäischer Staats- und Regierungschefs in Paris veröffentlicht wurde. Er sei sich der Verantwortung bewusst, die damit einhergehe, dass britische Soldatinnen und Soldaten möglicherweise in Gefahr geraten. "Aber jede Rolle bei der Gewährleistung der Sicherheit der Ukraine hilft, die Sicherheit unseres Kontinents und die Sicherheit dieses Landes zu gewährleisten", schrieb Starmer. Das Ende des seit Februar 2022 währenden Krieges, wenn es denn komme, dürfe nicht nur eine Pause sein, ehe der russische Präsident Wladimir Putin seine Truppen wieder angreifen lasse.

Der britische Regierungschef hatte angekündigt, Trump "in den kommenden Tagen" zu treffen. Großbritannien habe eine "einzigartige Rolle", wenn es darum gehe, dafür zu sorgen, dass die USA und Europa künftig weiter zusammenarbeiten.

Bei den Verhandlungen in Paris müssen die Europäer zudem entscheiden, wie sie damit umgehen wollen, dass die Amerikaner für sie keine zentrale Rolle im Verhandlungsprozess sehen – und von der Ukraine unabgesprochen Zugeständnisse fordern. Um ein Ende des russischen Angriffskriegs zu ermöglichen, solle diese aus US-Sicht ihre Ambitionen auf einen schnellen Nato-Beitritt aufgeben und akzeptieren, dass ein Teil ihres Staatsgebiets dauerhaft unter russischer Kontrolle bleibt.

Macron nimmt das Heft in die Hand – Scholz will mitverhandeln

Macron reißt wie schon öfter in Krisenmomenten die Initiative an sich, auf internationaler Bühne als Antreiber und Moderator für eine mögliche Lösung zu agieren. Im Ukraine-Konflikt sorgte er vor knapp einem Jahr mit dem Gedanken für Wirbel, Bodentruppen dort zu stationieren. Und anlässlich der Wiedereinweihung der Kathedrale Notre-Dame kurz vor Weihnachten gelang es ihm, Trump und Selenskyj zu ersten Gesprächen über eine Beendigung des Kriegs in Paris an einen Tisch zu bringen.

Kurz zuvor hatte Macron mit einer Initiative für ein internationales Militärkontingent in der Ukraine zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstandes aufhorchen lassen. Details zur Pariser Initiative für Friedenstruppen wurden nicht bekannt. Denkbar war auch eine Truppenpräsenz für militärische Ausbildungsprogramme für die ukrainischen Streitkräfte. Auch diese könnten eine Sicherheitsgarantie für die Ukraine darstellen, über die nun in Paris beraten wird.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich im TV-Quadrell auf RTL/ntv ebenfalls zur Ukraine. Es werde "keine Sicherheitsgarantien geben, die wir nicht selber entwickelt haben und akzeptieren für uns", sagte Scholz. "Wir werden auch nicht zulassen, dass irgendwer vereinbart, dass die Ukraine demilitarisiert wird", so Scholz. "Sie braucht umgekehrt eine sehr starke Armee, damit sie nicht wieder überfallen wird, wenn ein Friedensschluss zustande kommt."

Wie geht es jetzt weiter?

Im Idealfall verständigen sich die europäischen Staats- und Regierungschef auf eine gemeinsame Strategie im Umgang mit der neuen US-Regierung und deren Vorstellungen von einer Lösung für den Ukraine-Krieg. Konkret dürfte es dabei darum gehen, welche Angebote Trump gemacht werden können – und was rote Linien sind. Öffentliche Ankündigungen – zum Beispiel zur möglichen Größe eines europäischen Truppenkontingents für die Ukraine – werden allerdings nicht erwartet. Aus der EU-Kommission hieß es, die Gespräche vom Montag sollten anschließend in anderen Formaten fortgesetzt werden – mit dem Ziel, alle Partner zusammenzubringen, die an Frieden und Sicherheit in Europa interessiert sind.

In Bezug auf mögliche Ukraine-Verhandlungen soll es unter Leitung von US-Außenminister Macro Rubio in den kommenden Tagen zu einem Treffen zwischen US-Diplomaten und russischen Unterhändlern in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad kommen. Aktuell wurde bestätigt, dass der russische Außenminister Sergej Lawrow nach Angaben Moskaus am Dienstag in Saudi-Arabien eine US-Delegation trifft. Es soll dort neben den Gesprächen über die Ukraine auch um eine künftige Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen Moskau und Washington gehen.

Ganz so ablehnend wie sein Kollege Kellogg äußerte sich Rubio in Bezug auf die Friedensverhandlungen nicht. Er stellte in Aussicht, die Europäer tatsächlich bei künftigen Gesprächen hinzuzuholen – wie auch die Ukraine selbst.

Ob allerdings beim ersten Treffen auch Vertreter der Ukraine anwesend sein werden, ist bisher nicht klar. Auch wer für Russland teilnehme, wisse er bisher nicht, sagte Rubio in einem Interview mit dem US-Sender CBS. "Es ist noch nichts entschieden", sagte der US-Außenminister. Ziel sei es, mit dem Treffen "breitere Gespräche" anzustoßen, "die die Ukraine einschließen würden und das Ende des Krieges beinhalten würden". An dem Treffen in Riad sollen für die USA auch Witkoff und Trumps Nationaler Sicherheitsberater Michael Waltz teilnehmen.

Rubio betonte, für einen Friedensprozess brauche es mehr als ein Treffen. Zudem werde sich in den "kommenden Wochen und Tagen" zeigen, ob Putin "es ernst meint oder nicht". (afp/dpa/bearbeitet von the)

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