Ist der Kalte Krieg endgültig zurück? Nach dem US-Ultimatum zu einem der wichtigsten Abrüstungsabkommen kommen aus Russland Drohungen.
Russland hat mit Drohungen auf das amerikanische Ultimatum zum INF-Vertrag über den Verzicht auf atomare Mittelstreckenwaffen reagiert. Sollten die USA das Abkommen wirklich in 60 Tagen aufkündigen, will Kreml-Chef
"Etwa zehn Länder sind bereits dabei, solche Waffen zu produzieren. Nur Russland und die USA haben sich auf bilateraler Ebene eingeschränkt", sagte er am Mittwoch in Moskau.
Wenn nun auch die Amerikaner wieder atomare Mittelstreckenwaffen besitzen wollten, müsse Russland reagieren. "Wie werden wir antworten? Ganz einfach: Wir werden das Gleiche tun", sagte der Präsident russischen Medien zufolge.
Putin wies zugleich die Vorwürfe der Nato und der USA zurück, dass Russland mit dem Bau von Marschflugkörper vom Typ SSC-8 gegen den INF-Vertrag verstoßen habe. Er warf ihnen vor, keine Beweise für einen Vertragsbruch vorgelegt zu haben.
Zudem unterstellte Putin der US-Regierung, schon lange den Ausstieg geplant zu haben und die Vorwürfe nur als Vorwand nutzen zu wollen. Im Pentagon-Budget sei die Entwicklung neuer amerikanischer Marschflugkörper bereits eingeplant.
USA drohen Russland mit Ultimatum
Die USA hatten Russland am Dienstag nach einem Nato-Treffen ein Ultimatum von 60 Tagen gesetzt, um die Zerstörung von Marschflugkörpern vom Typ SSC-8 zuzusagen.
Die Waffen stellten einen klaren Bruch des INF-Vertrags dar, sagte US-Außenminister Mike Pompeo. Wenn Russland den Vertrag verletze, ergebe es für die USA keinen Sinn mehr, im Vertrag zu bleiben.
Demnach könnten die USA theoretisch bereits in 60 Tagen ihrerseits neue atomare Mittelstreckensysteme bauen und stationieren. Der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow drohte Staaten, die im Fall einer US-Aufrüstung neue US-Mittelstreckenraketen bei sich stationieren.
"Nicht das Territorium der USA, sondern das der Länder, die die Stationierung amerikanische Kurz- und Mittelstreckenraketen zulassen, wird bei einer Antwort Russlands zum Objekt der Zerstörung werden", sagte er am Mittwoch in Moskau vor ausländischen Militärdiplomaten.
Bundesregierung soll sich für Rettung des Vertrags einsetzen
Die US-Drohung sorgt unterdessen auch in Deutschland für Diskussionen. Oppositionspolitiker forderten von der Bundesregierung einen stärkeren Einsatz zur Rettung des INF-Vertrags.
Der Grünen-Bundestagabgeordnete Jürgen Trittin kritisierte, Bundesaußenminister
Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff sagte: "Die kommenden zwei Monate müssen die Nato-Partner intensiv nutzen, um Russland mit Nachdruck zur Einhaltung des Vertrags zu bewegen." Deutschland müsse dabei eine Führungsrolle einnehmen.
Als möglichen Weg nannte Lambsdorff eine von Bundesaußenminister Maas bereits angekündigte Initiative für globale Rüstungskontrolle. "Jetzt hat er Gelegenheit, seinen Worten Taten folgen zu lassen", sagte der FDP-Politiker. Für einen Grundpfeiler der Rüstungskontrolle laufe sonst die Zeit ab.
USA könnten auf neuen Vertrag spekulieren
Der INF-Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (Intermediate Range Nuclear Forces) wurde 1987 zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion geschlossen.
Er verpflichtet beide Seiten zur Abschaffung aller landgestützten ballistischen Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 500 und 5.500 Kilometern. Zugleich untersagt er auch die Produktion und Tests solcher Systeme.
Als unklar gilt, ob die USA ein Ende des Vertrags wirklich sehr bedauern würden. Er verpflichtet nämlich wie von Putin beschrieben nur Russland und sie selbst zum Verzicht auf die atomaren Mittelstreckenwaffen. Andere Länder können sie weiter entwickeln.
Ziel der USA könnte es deswegen sein, das INF-Abkommen durch einen neuen multilateralen Vertrag zu ersetzen. Alternativ könnten sie zur Abschreckung von Gegnern selbst neue landgestützte Mittelstreckensysteme bauen. Auch Pompeo verwies am Dienstag darauf, dass Länder wie Nordkorea, China und der Iran nicht durch den INF-Vertrag gebunden seien.
Maas hatte am Dienstag zur Frist der USA gesagt, es sei durch viele Gespräche gelungen, eine sofortige Kündigung des Vertrags durch die USA zu verhindern. Russland werde stattdessen Zeit eingeräumt, die Abrüstung der Raketensysteme durchzuführen.
Trittin bezeichnete das als zu wenig. "Angebote zur Abrüstung - etwa ein Verzicht auf die Raketenabwehr oder ein Ende der Atomwaffen im pfälzischen Büchel - wurden nicht einmal in Erwägung gezogen", kritisierte er. © dpa
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