Zwei der Hauptthemen des jüngst in Brüssel abgehaltenen EU-Gipfels waren die Verteidigungsfähigkeit der Union und der Umgang mit Trump. Zu beiden Fällen hatte Bundeskanzler Olaf Scholz klare Worte gefunden.
Bundeskanzler
Scholz spielte damit auf Überlegungen an, die Obergrenzen für Staatsschulden und Defizite der EU-Länder auszureizen, um sich auf mögliche Bedrohungen durch Staaten wie Russland besser vorzubereiten. EU-Kommissionspräsidentin
Scholz stellt sich gegen neue Schulden für EU-Verteidigung
"Die Europäische Union hat nicht die Perspektive, gemeinsame Schulden aufzunehmen", stellte Scholz nach dem Gipfel klar. Länder wie Italien und Frankreich hatten einen Verteidigungsfonds nach dem Modell der Corona-Pandemie gefordert, als die EU 750 Milliarden Euro aufgebracht hatte.
Von der Leyen argumentierte, die nationalen Haushalte seien durch die EU-Schuldenregeln eingeschränkt. Für außergewöhnliche Zeiten seien aber außergewöhnliche Maßnahmen möglich. Die Nutzung von Ausnahmeregeln könnte den Mitgliedsstaaten viel mehr fiskalischen Spielraum geben.
Nato-Generalsekretär
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt schreibt vor, dass der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Gleichzeitig muss das Defizit unter drei Prozent der Wirtschaftsleistung gehalten werden. Der Pakt war im vergangenen Jahr nach langen Verhandlungen reformiert worden. Deutschland hatte sich dabei vehement für vergleichsweise strenge Vorgaben eingesetzt.
500 Milliarden Euro für Verteidigung Europas nötig
Zu dem Gipfeltreffen in Brüssel hatte EU-Ratspräsident António Costa eingeladen, um über mögliche gemeinsame Initiativen zum Ausbau der Verteidigungsfähigkeiten und Finanzierungsfragen zu beraten. Zahlreiche Länder hatten sich zuletzt für sogenannte Eurobonds oder anderweitige gemeinsame EU-Finanzierungen offen gezeigt. Deutschland und Länder wie die Niederlande und Österreich lehnen dies aber bislang kategorisch ab.
Schätzungen der EU-Kommission zufolge sind in den nächsten zehn Jahren zusätzliche Verteidigungsinvestitionen in Höhe von rund 500 Milliarden Euro erforderlich. Als mögliche EU-Projekte gelten dabei zum Beispiel ein europäisches Luftverteidigungssystem und eine verstärkte Sicherung der östlichen Landgrenze der Union. Diskutiert wurde bei dem Spitzentreffen auch eine mögliche stärkere Einbindung der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Rüstungsprojekte. Die Kommission wolle mit der EU-Förderbank zusammenarbeiten, um die Kreditvergabe flexibler zu machen, sagte von der Leyen.
Um die Rüstungsproduktion anzukurbeln, hatte die EU bereits 2024 zuvor geltende Vorgaben für die EIB für Geldflüsse in die Industrie geändert. So gibt es etwa mehr Möglichkeiten für Investitionen in sogenannte Dual-Use-Güter – also Produkte, die für zivile und militärische Zwecke verwendet werden können, wie Hubschrauber oder Drohnen.
Wenn die Förderbank aber auch in reine Rüstungsprojekte investieren soll, müssten sich die 27 Mitgliedsländer auf eine Änderung des Mandats verständigen. Kritiker haben allerdings Bedenken, dass das gute Rating der EU-Förderbank unter einer solchen Mandatsänderung leiden könnte. Dies könnte höhere Finanzierungskosten zur Folge haben.
Als drittes Standbein für mehr Geld zur Aufrüstung sollen aus Sicht der EU-Kommission auch mehr private Mittel fließen. "Wir müssen einen Dialog mit dem privaten Bankensektor führen, damit dieser seine Kreditvergabepraxis modernisiert", sagte von der Leyen. Auch aus der Nato waren zuletzt Forderungen nach einem Sinneswandel der Finanzindustrie für mehr Investitionen in Rüstungsunternehmen laut geworden.
Scholz und Macron sehen Industrie und Finanzsektor bei Verteidigung als zentral an
Bundeskanzler Scholz machte darüber hinaus deutlich, dass aus seiner Sicht zum Beispiel strenge Wettbewerbsregeln gelockert werden könnten, um die Leistung der europäischen Rüstungsindustrie zu steigern. Frankreichs Präsident
![Informeller EU-Gipfel zum Thema Verteidigung](https://i0.gmx.at/image/904/40628904,pd=1,f=content-l/informeller-eu-gipfel-thema-verteidigung.jpg)
Mit dem britischen Premierminister Keir Starmer berieten die EU-Spitzen gut fünf Jahre nach dem Brexit über eine engere Sicherheitskooperation. Dazu ist nach Angaben von Ratspräsident António Costa im Mai ein gemeinsamer Gipfel in Großbritannien geplant. Starmer hatte sich für einen "Neustart" in den Beziehungen ausgesprochen.
Die Diskussion vom Montag wird als Beitrag zu konkreten Gesetzesplanungen der EU-Kommissionen dienen, die im März vorgestellt werden sollen. Weitreichende Entscheidungen könnte es beim EU-Sommergipfel Ende Juni geben.
Entschlossenheit bei Umgang mit Trump
Weiteres Thema in Brüssel waren die Zolldrohungen von US-Präsident Donald Trump gegen Europa. Von der Leyen sagte, die EU werde "entschlossen reagieren, wenn sie unfair oder willkürlich ins Visier genommen werde". Bundeskanzler Scholz plädierte im Zollstreit für eine Kooperation mit Trump, schloss für den Notfall aber auch Gegenmaßnahmen nicht aus. Ähnlich äußerte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Respekt zollte Scholz der mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum, die mit Trump eine vorläufige Lösung zur Aufhebung der Strafzölle erzielte. Diese habe "cool agiert", lobte Scholz.
Auch Trumps Pläne zur Übernahme Grönlands waren Thema bei dem Gipfel. Die EU-Länder brachten hierbei erneut "ihre volle Unterstützung und Solidarität mit Dänemark zum Ausdruck und erinnerten an die einschlägigen Grundsätze des Völkerrechts", wie es in Brüssel hieß. "Grönland steht nicht zum Verkauf", stellte Regierungschefin Mette Frederiksen klar. (afp/dpa/bearbeitet von the)
![JTI zertifiziert](https://s.uicdn.com/uimag/7.5711.0/assets/_sn_/module_assets/article/jti-z-light.png)
![JTI zertifiziert](https://s.uicdn.com/uimag/7.5711.0/assets/_sn_/module_assets/article/jti-z-dark.png)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.