Neue Informationen über René Marcic belasten den Journalisten und früheren Rektor der Universität Salzburg schwer: Er nannte einen wegen Kriegsverbrechen verurteilten Richter des Ustascha-Regimes als sein Vorbild.
Der René-Marcic-Preis ist eine vom Land Salzburg gestiftete Auszeichnung für überragende publizistische Leistungen. Häufig und regelmäßig wurde Kritik an der faschistischen Vergangenheit des Namensgebers laut.
Es ist schon länger bekannt, dass Marcic ab 1943 in verschiedenen Positionen für den 1941 mit dem Einzug der Deutschen Wehrmacht ausgerufenen faschistischen "Unabhängigen Staat Kroatien" tätig war. Trotzdem wurde die nach ihm benannte publizistische Auszeichnung zuletzt im Herbst 2016 ohne Bedenken vergeben.
Kontakte zum "Unabhängigen Staat Kroatien"
Nun sind neue Details über René Marcic bekannt geworden. Das Printmagazin "ECHO Salzburg" hatte zuerst darüber berichtet.
So weist der Historiker Siegfried Göllner darauf hin, dass Mladen Lorkovic - niemand geringerer als der Außenminister des faschistischen "Unabhängigen Staates Kroatien" - im Sinne Marcics interveniert habe.
Lorkovic habe Marcic den Posten des Präsidialsekretärs bei Bruno Nardelli verschafft. Nardelli war damals Leiter der Zivilregierung von Dalmatien. Die Information stammt aus der Publikation "Schweigen und erinnern" aus der Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg.
Zudem bezeichnete René Marcic im Jahr 1957 – damals stellvertretender Chefredakteur bei den "Salzburger Nachrichten" – den hochrangigen Ustaschen im Vorwort eines seiner Bücher als "die Richtergestalt in Kroatien, die mir für mein Leben lang die Achtung vor dem Recht und die Liebe zum Richterstaat eingegeben hat".
Marcic erwähnt in seinem Buch auch, dass er als erster und engster Mitarbeiter neben dem seiner Meinung nach "vorbildlichen Richter" Nardelli wirken durfte.
Lob für einen Kriegsverbrecher
Was Marcic neben all den Huldigungen seines Vorbilds nicht mitteilte: Nardelli wurde im Juni 1945 von einem Militärgericht des II. Korps der Jugoslawischen Volksbefreiungsarmee als Kriegsverbrecher angeklagt.
In einem eintägigen Schnellverfahren, bei dem keine Beweise vorgebracht und keine Zeugen gehört wurden, wurden zehn ranghohe Mitglieder des Ustascha-Regimes verurteilt. Sieben von ihnen zum Tode, ein Angeklagter zu lebenslanger Haft und zwei Angeklagte – darunter Bruno Nardelli – zu 20 Jahren Haft.
Kritik vonseiten der Universität Salzburg
"Es wäre an der Zeit, zu überdenken, welche Werte das Land Salzburg mit der Benennung des Journalistenpreises nach einer politisch umstrittenen Person vermittelt", beanstandet der Historiker Siegfried Göllner.
Kritik an der Namensgebung übt auch der Rektor der Paris-Lodron-Universität Salzburg, Heinrich Schmidinger: "Man tut einem so renommierten Preis wie dem 'René-Marcic-Preis', den schon so viele verdiente und bedeutende Persönlichkeiten erhalten haben, auf Dauer nichts Gutes, wenn man nicht über eine Namensänderung nachdenkt und diskutiert", sagte er zu "ECHO Salzburg".
2007 wurde nachgeforscht
Sowohl die Grünen als auch die SPÖ hatten sich in der Vergangenheit für eine Umbenennung des Preises ausgesprochen. 2007 vergab die damalige Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) einen Forschungsauftrag, um Marcics Vergangenheit zu beleuchten.
Schon damals war hinlänglich bekannt, dass Marcic als Kultur- und Pressereferent am Generalkonsulat in Wien für den faschistischen "Unabhängigen Staat Kroatien" tätig war.
Zudem tätigte er in seiner Zeit als Journalist bei den "Salzburger Nachrichten" ausgerechnet in einer Weihnachtsbeilage des Jahres 1949 eine antisemitische Aussage, die an den jüdischen Journalisten Peter de Mendelssohn gerichtet war - und die Auslöser des Forschungsauftrags war.
Demnach dürfe sich, wer über Gott und das Gebet Spott treibe, nicht wundern, wenn er eines Tages in die Gaskammer gesteckt werde. "Mendelssohn und seinesgleichen haben selber die Welt heraufbeschworen, von der sie dann verfolgt wurden", schrieb Marcic. Von seinen Verteidigern wird dieser judenfeindliche Artikel als einmaliger Ausrutscher bagatellisiert.
Politik waren judenfeindliche Hinweise zu dünn
Über den Forschungsgegenstand entschied damals Michael Schmolke - ehemaliger Professor an der Universität Salzburg, René-Marcic-Preisträger und Mitglied der Jury, die den Preis vergibt.
Das Land Salzburg teilte in der Folge mit, man habe in Marcics Texten zu wenig belastendes Material gefunden, um eine Namensänderung des Journalistenpreises zu erwägen. In dem Bericht heißt es jedoch auch "Seine [Marcics, Anm.] Artikel lassen den Schluss zu, dass René Marcic wenig Berührungsängste gegenüber ehemaligen Nationalsozialisten aufwies und Verständnis für sogenannte 'Gesinnungstäter' hatte."
Seit 2007 berufen sich die Grünen, SPÖ, ÖVP und die Freie Partei Salzburg (FPS) von Karl Schnell auf diesen Bericht. Zu den nun aufgetauchten Informationen - der Intervention des Außenministers der Ustaschen im Sinne von Marcic und der Huldigung von Nardelli - gibt es noch keine Stellungnahmen politischer Parteien.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.