Die Bundesregierung will die neuen Arbeitszeitregeln, die eine Ausweitung der Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag oder 60 Stunden pro Woche ermöglichen, bereits früher als geplant einführen.

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Ursprünglich sollte das neue Arbeitszeitgesetz, das am Donnerstag im Nationalrat beschlossen wird, am 1. Jänner 2019 in Kraft treten, nun soll es bereits am 1. September so weit sein.

Die Parlamentsklubs von ÖVP und FPÖ bestätigten dieses Vorhaben, das mittels Abänderungsantrag umgesetzt werden soll, Donnerstagfrüh gegenüber der APA.

Wegen "Diskussion der vergangenen Tage" vorgezogen

Als Grund für das überraschende Vorziehen des Gesetzes wurde die "Diskussion der vergangenen Tage" genannt, die für "viel Verunsicherung und Falschinformation" gesorgt habe.

"Um Klarheit und Sicherheit zu schaffen, wird die Arbeitszeitflexibilisierung mit 1.9.2018 in Kraft treten. Die Wirklichkeit wird dann die Wahrheit zeigen, nämlich dass sich für die Masse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nichts ändert. Wenn Arbeitnehmer wollen, können Sie mehr arbeiten und bei vollen Zuschlägen mehr Geld verdienen oder mehr Freizeitblöcke in Anspruch nehmen", hieß es in einer Stellungnahme der beiden Klubs.

Die Regierungsparteien hatten zuletzt betont, dass die neuen Arbeitszeitregeln auf freiwilliger Basis eingeführt würden.

Scharfe Kritik von Gewerkschaft und Arbeiterkammer

Gewerkschaft und Arbeiterkammer kritisierten die Pläne vehement und warfen der Regierung die Schlechterstellung von Arbeitnehmern zugunsten der Industrie vor.

Der ÖGB rief am Wochenende zu einer ersten Großdemonstration auf und stellte der Regierung einen heißen Herbst und den Arbeitgebern harte Kollektivvertragsverhandlungen in Aussicht.

Dem wollen ÖVP und FPÖ nun offenbar mit einer raschen Umsetzung des Gesetzes zuvorkommen. "Wir wollen, dass unter dem neuen gesetzlichen Umfeld, ungestört die Kollektivverhandlungen im Herbst beginnen können und die Gespräche der Sozialpartner auf Basis des neuen geltenden Arbeitszeitgesetzes und damit voller Rechtssicherheit geführt werden können", teilten die Parlamentsklubs von ÖVP und FPÖ mit.

Einmal mehr wurde betont, dass im Arbeitszeitgesetz "keine gesetzlichen Verpflichtungen zur Mehrarbeit" festgeschrieben seien und der bisherige gesetzliche 8-Stunden-Tag "garantiert" bleibe.

Regierung argumentiert mit Bedürfnissen der Touristiker

Darüber hinaus argumentierten die Koalitionsparteien das Vorziehen des Gesetzes, das unter anderem auch eine Verkürzung von Ruhenszeiten im Tourismus vorsieht, mit den Bedürfnissen der Tourismuswirtschaft. "Eine Umstellung im Herbst und damit vor Beginn der Wintersaison erscheint gerade mit Rücksichtnahme auf den Tourismusbereich sinnvoller."

Gerüchte über ein schnelleres Inkrafttreten des Gesetzesvorhaben machten bereits in der Nacht auf Donnerstag die Runde. Von ÖGB und SPÖ kam noch vor der offiziellen Bestätigung erste Kritik. "Wer glaubt, damit die Aktivitäten der Gewerkschaft zu stoppen, ist am Holzweg", erklärte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian via Twitter.

Der SPÖ-Abgeordnete Josef Muchitsch sprach in einer Aussendung von einem "überfallsartigen" Vorgehen von ÖVP und FPÖ. "Damit zeigt sich einmal mehr, dass dieses Gesetz nicht zum Vorteil der Arbeitnehmer ausgerichtet ist."

Ein so wichtiges Gesetz, ohne ausreichende Begutachtung und dann auch noch unüblich schnell in Kraft treten zu lassen, sei undemokratisch und äußerst bedenklich, meinte Muchitsch.

"Offenbar hoffen Kurz und Strache damit die geplante Maßnahmen seitens der Opposition und der Gewerkschaften im Herbst abzustellen. Da täuschen sie sich aber gewaltig, genau Gegenteiliges wird der Fall sein."  © APA

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