Produkte aus der EU statt Importe aus den Staaten: Dafür setzen sich diverse Bewegungen als Reaktion auf die Zollpolitik von Donald Trump ein. Können Verbraucher an der Ladentheke tatsächlich unsere Wirtschaft stärken? Oder bleibt es doch nur Symbolpolitik?
McDonald’s, Coca Cola, Amazon, Levi’s, Tesla – Produkte und Dienstleistungen aus den USA sind bei uns allgegenwärtig. Doch nach der Ankündigung neuer Strafzölle durch
Als Reaktion entstehen Bewegungen, die heimische Alternativen in den Fokus rücken. Zum einen als Protest an der Ladentheke. Zum anderen, um die heimische Wirtschaft zu stärken.
Denn diese steht durch ihre starke Exportausrichtung besonders unter Druck. Auch bei Konsumenten sorgen die wirtschaftspolitischen Maßnahmen der US-Regierung für eine spürbare Verunsicherung.
Das schreibt das Institut für Handelsforschung (IfH) in Köln in einer Pressemitteilung. Dort heißt es: "Rund zwei Drittel sind beunruhigt (65 %) und mehr als die Hälfte nervös (53 %), wenn sie an Donald Trump und die amerikanische Regierung denken."
Fast 80 Prozent glauben, dass Produkte teurer werden
"Es ist ein Mix aus Ärger und Sich-abgestoßen-fühlen." So beschreibt es Ralf Deckers vom IfH im Gespräch mit unserer Redaktion. "Seit der starken Inflation haben viele Angst vor Preissteigerungen, bzw. davor, dass sie ihren Lebensstandard nicht halten können. Das wird durch Trump noch verstärkt. Alles ist durch eine starke Ungewissheit geprägt. Fast 80 Prozent der Menschen glauben, dass Produkte teurer werden."
Damit will sich jedoch nicht jeder abfinden. Deshalb ruft eine neue Bürgerbewegung nun dazu auf, vermehrt Produkte aus Europa zu kaufen. "Buy from EU" nennt sich das Ganze, entstanden als eine Art Graswurzelbewegung.
Ausgangspunkt war dabei eine Diskussion in dem Sozialen-Netzwerk "reddit". Daraus entwickelte sich die Website goeuropean.org, die innerhalb kürzester Zeit zehntausende Klicks generierte. Auf der Seite können User gezielt nach europäischen Alternativen für US-Produkte suchen.
Buy From EU: Eine Website gegen Trumps Zoll-Lawine
Hinter der Seite steht die rumänische Digital-Unternehmerin Laura Catz, die nach eigener Aussage aus Sorge um die geopolitischen Entwicklungen tätig wurde. Ähnliche Gruppen gibt es auch in Großbritannien oder Schweden – oftmals organisiert über die sozialen Medien.
Wie die "Deutsche Welle" berichtet, geht in Dänemark das Handelsunternehmen Salling, zu dem etwa die Supermarktketten Fotex und der auch in Deutschland vertretene Discounter "Netto" gehören, noch einen Schritt weiter. Denn in Dänemark würde das Unternehmen Waren aus der EU mit einem schwarzen Stern kennzeichnen.
Doch wie wirksam kann solch eine Boykottpolitik an der Ladentheke überhaupt sein? "Dazu muss man unterscheiden – welche Produkte kommen tatsächlich aus den USA als Exporte und was wird hier ansässig produziert?" Das sagt Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Gespräch mit unserer Redaktion.
"Außerdem ist die Frage, was in den Konsum geht und was in die Industrie und die Wertschöpfungsketten. Bei Letzterem hat der Konsument keine Handlungsmacht."
Das Problem: In Zeiten globalisierter Handelsketten und komplexer Firmengeflechte ist es für den Verbraucher kaum nachzuvollziehen, wo produziert wird und welche Teile welches Herstellers in einem Produkt stecken.
Experte: Protest gegen Strafzölle kann auch deutsche Arbeitsplätze betreffen
"Bei McDonald’s oder anderen Marken, die klar den USA zuzuordnen sind, können wir das Unternehmen schädigen", sagt Matthes. "Aber wir schädigen damit auch die deutsche Wirtschaft. Deshalb muss man sich genau anschauen, wo deutsche Arbeitsplätze von einem Boykott stark betroffen wären, da sollten wir natürlich etwas vorsichtig sein."
Auch Ralf Deckers zeigt sich skeptisch: "Viele Produkte werden aus Teilen zusammengesetzt, die aus aller Welt kommen. Da ist es schwierig, etwas als amerikanisch oder nicht zu definieren." Es handele sich immer um Stimmungslagen, auf die die jeweiligen Bewegungen aufbauen, so Deckers. "Aber wenn es darum geht, Whatsapp zu nutzen, dann zählt das nicht mehr."
Die populärsten Suchanfragen auf goeuropean.org sind europäische Alternativen für Cola, Smartphones, Nike und Airbnb.
Verzichten Konsumenten auch auf amerikanische Digitalplattformen?
Schwieriger dürfte es vielen fallen, auf die Digitalplattformen zu verzichten, die von amerikanischen Unternehmen dominiert werden. Aber auch hier gibt es europäische Alternativen. Statt Google wird etwa die grüne Suchmaschine "Ecosia" aufgelistet. Ebenfalls auf der Liste: das französische KI-Sprachmodell "Mistral". Dabei will "Buy From EU" explizit keine Boykottbewegung sein, sondern vor allem den europäischen Markt stärken.
Wie mächtig eine Bewegung wie "Buy From EU" werden kann, ist im Augenblick noch nicht zu beurteilen. Zumindest ein starkes Zeichen können die Konsumenten setzen. Und es gibt erste Hinweise, dass sich das Kaufverhalten ändert.
"Ganz viele gehen davon aus, dass sich die Wirtschaftslage verschlechtern wird", sagt Ralf Deckers. "Das drückt auf die Stimmung und führt dazu, dass Konsumentinnen und Konsumenten eine gewisse Haltung zu amerikanischen Produkten entwickeln, also dass ganz bestimmte Produkte nicht mehr in Frage kommen. Fast 60 Prozent der Befragten würden sich dementsprechend äußern, "42 Prozent suchen nach Alternativen."
Donald Trump hat seine Zölle inzwischen wieder ausgesetzt. Zumindest die länderspezifischen – der allgemeine Importzoll von zehn Prozent für die meisten Länder soll weiterhin gelten. An der Börse sorgte das für einen Moment des Aufatmens.
Doch in Deutschland und Europa ist definitiv etwas in Bewegung geraten.
Über den Gesprächspartner:
- Dr. Ralf Deckers ist Bereichsleiter Customer Insights und Mitglied der Geschäftsleitung am Institut für Handelsforschung (IFH) Köln.
- Jürgen Matthes ist Leiter Internationale Wirtschaftspolitik, Finanz- und Immobilienmärkte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.
Verwendete Quellen:
- Interview mit Ralf Deckers
- Interview mit Jürgen Matthes
- Pressemitteilung IfH Köln: Amerikanische Zollpolitik verunsichert deutsche Konsument:innen (10.April 2025)
- Website Go European
- reddit.com: r/BuyFromEU
- dw.com: Politics – Denmark. Danish grocery chain to distinguish European from US goods