Die AfD ist bei den Landtagswahlen in Thüringen stärkste Kraft geworden, in Sachsen landete sie nur knapp hinter der CDU. Koalieren will mit der AfD aber niemand. Bei Illner ging es daher um mögliche andere Koalitionen und Hürden, die es dafür zu überwinden gilt. Während Schriftstellerin Juli Zeh vor einer gefährlichen Entwicklung warnte, wetterte Grünen-Frau Katharina Dröge massiv gegen das BSW.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die Wahlen in Sachsen und Thüringen sind noch keine Woche her, da regt sich bereits Widerstand in der CDU gegen eine BSW-Koalition. Denn bei der Suche nach Bündnissen steht die Partei, die aus dem Stand zweistellige Werte einfuhr, im Fokus. Die CDU hat einen Unvereinbarkeitsbeschluss bislang nur mit der AfD und der Linkspartei. EU-Politiker Dennis Radtke (CDU) warnte, seine Partei würde "auf einen Abgrund" zusteuern, "wenn wir uns vor den Karren von Sahra Wagenknecht spannen lassen".

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Das ist das Thema bei "Illner"

Die Landtagswahlen in Ostdeutschland und die Konsequenzen aus dem Wahlbeben bestimmen noch immer den politischen Diskurs. Der Titel von Illners Sendung lautete etwas kryptisch: "Nach den Wahlen: Neue Hürden, alte Tabus?". Thematisch ging es dann um mögliche Koalitionsbündnisse, die Regierungsfähigkeit der Ampel, den Umgang mit dem BSW sowie der Frage, ob die Brandmauern bei der CDU bröckeln könnten.

Das sind die Gäste

  • Stephan Weil (SPD): Die Ampel müsse endlich nach außen geschlossen auftreten, appellierte Weil. Gut funktioniert habe das beispielsweise beim Sicherheitskonzept, welches nach dem Anschlag in Solingen vorgestellt worden sei. "Wenn so etwas wieder die Regel und nicht die Ausnahme wäre, dann werden wir auch wieder andere Werte sehen – und zwar nicht nur wir, sondern alle Koalitionspartner", war sich der Ministerpräsident von Niedersachsen sicher.
  • Katharina Dröge (Grüne): Die Grünen würden die Flinte jetzt sicher nicht ins Korn werfen, sondern die Wahlergebnisse erst recht als Auftrag sehen, sich anzustrengen, erklärte die Fraktionsvorsitzende. "Wir haben es geschafft, das Land durch eine schwere Energiekrise zu bringen. Jetzt geht es darum, mehr Wirtschaftswachstum zu erzeugen", meinte sie.
  • Wolfgang Bosbach (CDU): "Ich bin weit entfernt von Schadenfreude. Es hat unserem Land gutgetan, dass wir über viele Jahre zwei starke Volksparteien hatten", so der Innenpolitiker über das SPD-Wahlergebnis im Osten. Die CDU komme nun selbst in schwieriges Fahrwasser, werde aber nicht mit der AfD zusammenarbeiten. "Auch nicht mal kurz über die Brandmauer drüber winken. So fängt das ganze Unglück an", warnte er.
  • Amira Mohamed Ali (BSW): "Wir haben es immer ausgeschlossen, dass wir mit der AfD eine Koalition eingehen, das kommt nicht infrage", stellte die Co-Vorsitzende klar. Bei der CDU sei man hingegen bereit, in Gespräche zu gehen. "Das letzte, was wir brauchen, sind noch mehr schlechte Regierungen", meinte sie.
  • Juli Zeh: Die Schriftstellerin warnte: In den Landtagen werde es durch die Wahlergebnisse nun vermutlich zu "dysfunktionalen Regierungsbündnissen" kommen. Parteien, die eigentlich inhaltlich nicht zusammenpassten, müssten Bündnisse eingehen, um die AfD an der Macht zu hindern. Die Politik werde in der Folge wieder als völlig ergebnislos wahrgenommen werden. "Wenn wir Pech haben, liegen die Zustimmungswerte der AfD in vier Jahren bei absoluten Mehrheiten", so Zeh.

Das ist der Moment des Abends bei "Illner"

Die Sendung war schon fast zum Ende gekommen, da hielt Autorin Zeh zwei wichtige Erkenntnisse fest. Sie benannte eine Tendenz in der Migrationsdebatte, die aus ihrer Sicht aufhören müsse. Und das sei das Framing "Jeder, der das nicht so sieht wie wir, ist ein Nazi", sagte sie. Man müsse Debatten mit viel mehr Toleranz für unterschiedliche Meinungen führen. Man müsse sich außerdem klarmachen, dass die Migrationsdebatte nur vor dem Hintergrund des Erfolgs der Rechtspopulisten überhaupt so präsent stattfindet. Die Strecke, bis man sich die Glaubwürdigkeit der Wähler in dieser Frage erarbeitet haben werde, sei noch sehr lang.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Juli Zeh meldete sich zu Wort: Es gehe in den Ländern darum, jetzt "auf ganz pragmatische Art und Weise eine Schnittmenge zu finden" und eine Regierung ohne AfD-Beteiligung möglich zu machen. Die Bundesebene solle sich davon eine Scheibe abschneiden und nicht so rhetorisch reagieren, wie es derzeit passiere. Man müsse die Politiker vor Ort jetzt zunächst einfach einmal miteinander reden lassen, ohne sich von der Bundesebene einzumischen.

"Widerspruch", sagte Grünen-Frau Dröge. Dem BSW gehe es fast ausschließlich um Bundespolitik, vor allem um Außenpolitik. Außerdem würde das BSW von Russland unterstützt, welches auf die Destabilisierung von Demokratien von innen heraus abziele.

Deshalb müsse man die Zusammenarbeit mit dem BSW auch auf Bundesebene thematisieren. Sahra Wagenknecht verbreite immer wieder Falschinformationen über den Angriffskrieg Russlands. "Dann verstehen Sie die Wahlergebnisse falsch. Meine Empfehlung wäre, genau das, was sie gerade machen, zu unterlassen", hielt Zeh entgegen.

So hat sich Maybrit Illner geschlagen

Der analytische Teil der Sendung gelang Illner. "Haben die Menschen die SPD trotz oder wegen Olaf Scholz gewählt", "Braucht die SPD so etwas wie einen Kamala-Harris-Moment?" oder "Warum ist das BSW weniger schlimm als die Linke?" wollte sie beispielsweise wissen. Was jedoch fehlte, was der konstruktive Teil der Fragen. Allen voran: Was muss passieren, damit eine Koalition, die sich nur zusammentut, um die AfD zu vermeiden, trotzdem nicht als ergebnislos und dysfunktional wahrgenommen wird?

Das ist das Ergebnis bei "Illner"

Klar, Talkshows sind keine Koalitionsverhandlungen. Aber hätte man nicht trotzdem bei beispielhaften Themen einmal abklopfen können, wie weit CDU und BSW auseinanderliegen? Derzeit, so befand auch Ministerpräsident Weil, ist das BSW in großen Teilen noch eine Überraschungstüte. Was man schon jetzt weiß: Die Frage, wie Deutschlands Unterstützung der Ukraine in Zukunft aussehen wird, dürfte in den Koalitionsverhandlungen zur Zerreißprobe werden.

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