Geert Wilders begeistert mit seinen provokanten Reden gegen den Islam viele Niederländer. Dennoch landete er bei den Wahlen nur auf Platz zwei. Der Aufwind des Populismus bleibt global jedoch ungebrochen. Ob es einen linken Populismus als Gegenpol zum Erstarken der Rechten braucht, diskutierte am Donnerstag der "Talk im Hangar 7".
Die Wahl in den Niederlanden ist geschlagen. Trotz aller Befürchtungen, dass Geert Wilders gewinnen würde, konnte die regierende VVD des rechtsliberalen Premiers
Fußi: Politik ist populistisch
Politikberater Rudi Fußi meinte, die Regierung sei immer schon populistisch gewesen. Die ÖVP mache seit 30 Jahren Schulden, obwohl sie vordergründig gegen Schulden sei. Themen wie Burka-Verbot und türkische Innenpolitik seien nur Scheindebatten, die große Themen wie Bildung an den Rand drängen würden.
Es gebe eine "faschistoide Welle", und es sei den Menschen egal, ob sie von nach rechts gerückten Mitteparteien oder von Rechtsaußen-Politikern komme. "Die Rechte ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen", sagte Soziologin Jutta Ditfurth. Vor 20 Jahren sei das noch anders gewesen. Sozialdemokratische Parteien seien nicht wirklich "Linke".
FPÖ sieht Niederlage der Regierungsparteien
Ganz anders sah das FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky. Seine Partei sei deshalb erfolgreich, weil sie das Volk verstanden habe. Wilders habe nicht verloren, sondern 30 Prozent an Stimmen gewonnen. Die Regierungsparteien seien eigentlich die, die verloren hätten. Vilimsky zeigte: Das Spiel mit der Eliten- und Medienkritik beherrscht auch er. An den Übersetzungen der Reden zweifelte er prinzipiell: Sie könnten fehlerhaft sein. Näher eingehen wollte er darauf aber nicht.
Wer braucht eigentlich noch die FPÖ?
"Bundeskanzler Kern und Außerminister Sebastain Kurz sind Pappfiguren", sagte Vilimsky über seine Konkurrenten. Die Bevorzugung von Staatsbürgern beispielsweise sei eine klassische Forderung der FPÖ, die viele Linke zuerst als "unfassbar" bezeichnet hatten. Die Sozialdemokraten hätten das schweigend übernommen, um Stimmen zurückzugewinnen. Trotzdem sei seine Partei die legitime rechte Variante.
Dagegen protestierte Fußi: "Der Widerspruch zwischen dem Volk und dem Establishment ist insofern falsch, als Vilimsky der einzige Establishment-Sprecher in der Runde der Diskutanten ist." Er suggeriere, das Volk zu vertreten, kassiere aber 5.000 Euro im Monat.
Der Populismus und das Ausländerthema
Für Fußi liege eines der Hauptprobleme im Umgang mit dem Populismus darin, dass man nach wenigen Minuten Diskussion stets nur beim Ausländer-Thema lande. Ernsthaft widerlegen konnte Vilimsky diesen Vorwurf nicht, als er darauf mit einem Ausländerthema konterte und weniger Moscheen und ein Verhüllungsverbot forderte.
Was also tun?
Efgani Dönmez, Ex-Bundesrat der Grünen, sparte nicht mit Kritik an seiner Partei. Der heutige Publizist, der zwar noch Mitglied der Grünen ist, aber wegen islamkritischer Äußerungen seinen Posten verloren hatte, sieht eine Mitverantwortung der Linken an aktuellen Problemen. Er sieht eine Spaltung der politischen Gesellschaft seit der Haider-Zeit. Nach dem Volksbegehren von Jörg Haider kam es zu einer Spaltung in die Rechten, die "auf Ausländer hinhauen", und die Linken, die alle in Schutz genommen hätten. Diese Spaltung schade auch der Gesellschaft und der Politik.
Gudula Walterskirchen, Publizistin und Historikerin, verwies in diesem Zusammenhang auf linken Populismus. Populismus und radikale Strömungen aller Richtungen seien erst möglich geworden, durch Politik, die gewisse Dinge nicht rechtzeitig erkenne. "Auf Populisten mit einem 'Pfui' zu reagieren ist falsch", kritisierte sie die anderen Parteien. Brennende Themen gäben den Populisten erst ihre Existenzberechtigung.
Das Fazit der Diskussion? Populismus aller Art kann nur erfolgreich sein, wenn die etablierte Politik in bestimmten Bereichen versagt und es Menschen schlechter statt besser geht. Der gemeinsame Tenor der Diskutanten: Populismus an sich habe insofern eine Berechtigung – gefährlich kann es aber werden, wenn er in falsche Richtungen wie Faschismus oder totalitäre Denkrichtungen geht.
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