• Ganz viel Corona, ein bisschen Donald Trump und noch weniger Jogi Löw: Für viele Themen gab es bei Sandra Maischberger wenig Sendezeit.
  • So klar wie Manuela Schwesig formulierte keiner in der Runde seine Aussagen.
  • Am Ende erfuhren die Zuschauer, was sie wahrscheinlich ohnehin schon wussten.
Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Frank Heindl dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Corona von früh bis spät und auch bei Maischberger kein Corona-Ende. Am Dienstag Corona-Besprechung der Ministerpräsidenten, am Mittwoch Corona-Einigung auf Bundesebene. Gefolgt von (im Abendprogramm der ARD) Corona-Tagesschau, Corona-Brennpunkt, Coro­na-Ta­ges­themen und schließlich Sandra Maischbergers Mittwochs-Corona-Talk mit halbstündiger Verspätung.

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Wer sich (inklusive fünfminütigen Komplettausfalls der ARD in Teilen des Sendegebiets) lange nach Mitternacht immer noch konzentrieren konnte, erfuhr – ein biss­chen pointierter vielleicht als anderswo – ganz harmlos alles noch einmal, was er ohnehin schon wusste.

Diese Gäste diskutierten mit Sandra Maischberger

  • Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern verteidigte die Einigung von Länderchefs und Kanzlerin über neue Corona-Maßnahmen. Ihr Lieblingssatz bei Maischberger: "Das stimmt nicht." Und ja: Der Satz stimmte sogar.
  • Dirk Brockmann, Physiker, am Robert-Koch-Institut zuständig für Ausbreitung und Dynamik von Infektionskrankheiten. Sein Lieblingssatz: "Das ist schwer vorherzusehen." Aber was ist dann sein Job?
  • Cihan Çelik, Lungenfacharzt am Klinikum Darmstadt, bis vor kurzem selbst schwer an Corona erkrankt. Sein dramatischster Satz: "Es ging mir zu schlecht, um Angst zu haben." Damit dürfte er einigen Zuschauern Angst gemacht haben.
  • Smudo, Mitglied der Hip-Hop-Formation "Die Fantastischen Vier". Er findet es gefährlich, wie "die Faschos" das Thema Corona bearbeiten, meint aber, das werde vor­übergehen. Wenn es sich da mal nicht täuscht!
  • Hans-Ulrich Jörges, Journalist, bis 2017 Mitglieder der Chefredaktion des "Stern". Sein Urteil über die deutsche Corona-Politik: "Kurzatmig und hilflos. Die Strategie 'Abstand plus Maske' funktioniert nicht." Aber für Jörges' Vorsorgestrategie ist es leider zu spät.
  • Markus Feldenkirchen, Journalist, Kolumnist des "Spiegel“. Erst ein knallharter Satz: "Dem Virus ist es scheißegal, ob Weihnachten ist." Und danach ein windelweicher: "Es sollen möglichst wenige allein und einsam zuhause sitzen." Ja was nun, Herr Feldenkirchen?
  • Lamya Kaddor, Publizistin, Lehrerin, Islamwissenschaftlerin. Sie ist der Ansicht, Weihnachten gehe "40 Prozent der Bevölkerung gar nichts an" und meint auch, dass Jogi Löw endlich zurücktreten soll.

Coronatests aus der Luft: Drohnen-Betreiber startet Projekt in Berlin

In Berlin sollen bald Drohnen die Lieferung von Coronatests übernehmen. Das Projekt ist eine Zusammenarbeit zwischen Labor Berlin, einer der größten Diagnoseanbieter Europas, und dem US-amerikanischen Unternehmen Matternet. Die Fluggeräte sollen die Wartezeiten auf ein Testergebnis erheblich verkürzen.

Nachhilfekurs in Föderalismus

Zwei Themen gab es bei Maischberger: Ganz viel Corona und später noch ein bisschen Trump. Dann musste dem "Ärger der Woche" Luft gemacht werden und es galt, den Verlierer und den Gewinner der Woche zu bestimmen - wie immer ein bisschen viel für wenig Sendezeit. Trotzdem kam es sogar zu ein paar Erkenntnissen

Gratulieren darf man etwa Manuela Schwesig, die sachlich-ruhig einigen immergleichen Vorwürfen entgegentrat. Etwa dem mittlerweile schon ein bisschen langweiligen, aber gesättigt populistischen Satz vom "föderalen Durcheinander" der Corona-Bestimmungen.

Es sei gebe kein Durcheinander, konterte Schwesig, es wäre im Gegenteil "Unsinn", in ländlichen Gebieten Mecklenburg-Vorpommerns mit Corona-Inzidenz 16 die Schulen zu schließen, weil anderswo die Sieben-Tages-Inzidenz bei 300 liegt – ein kleiner Nachhilfekurs in Sinn und Zweck des Föderalismus hat noch keinem geschadet.

Maischberger wollte nicht so schnell klein beigeben und konterte mit der Feststellung, dann brauche Schwesig doch nicht bei Restaurant- und Theaterschließungen mitzumachen. Schwesigs Antwort: "Es stimmt nicht, dass das nicht notwendig ist." Sie wolle schließlich gar nicht erst in eine Situation kommen wie andere Bundesländer, die wegen hoher Inzidenzwerte über Schul- und Kitaschließungen nachdenken müssen.

Später prallte auch noch Hans-Ulrich Jörges an der Ministerpräsidentin ab. Deutschland werde seit einem Dreivierteljahr von Länderchefs und der Bundeskanzlerin regiert, monierte – nicht ganz unberechtigt – der Journalist.

Schwesigs Antwort? Genau: "Das stimmt nicht." Jedenfalls nicht bei ihr in Mecklenburg-Vorpommern, wo sich beim Corona-Gipfel Einzelhandel und Politik, Gewerkschafter und Landräte beraten und alle Fraktionen (zähneknirschend sogar die AfD) informiert werden, bevor die neue Infektionsschutzverordnung in Kraft tritt.

Die Epidemiologie weiß auch nicht mehr

So klar wie Schwesig in ihren Aussagen war sonst niemand in der Runde. Der Epidemiologe Dirk Brockmann war immerhin so ehrlich zuzugeben, dass auch Fachleute wie er die Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen auf die Infektionszahlen ebenso wenig konkret prognostizierten können ("das ist keine virologische, sondern eine psychologische Frage") wie die Dauer bis zur Herdenimmunität, wenn erst einmal der Impfstoff da ist.

In der von Jörges, aber auch von Lamya Kaddor geäußerten Kritik an mangelnden Vorsorgemaßnahmen etwa bei der Ausstattung mit FFP2-Masken und Corona-Schnelltests war man sich einig – doch das nützt nun nichts mehr. Kontrovers war auch der Beitrag des Lungenarztes Cihan Çelik nicht, der seine eigenen Erfahrungen mit der Krankheit schilderte und für den Umgang mit Corona-Leugnern ein frappierend einleuchtendes Rezept ausgab: "Einfach nur sagen, wie es ist."

Zu denken gab ein weiterer Satz von Lamya Kaddor, die lakonisch diagnostizierte, dass die Weihnachts-Sonderreglungen für die Kontaktbeschränkungen 40 Prozent der Bevölkerung gar nicht beträfen. Das Argument ignoriert, dass es neben dem religiösen auch den sozialen Aspekt des Festes gibt – für Verwandtschaftsbesuche wird es in allen Bevölkerungs­krei­sen genutzt.

Und auch für Smudos Kritik an rechtsextremen Eingriffen in den Corona-Diskurs bleib keine Diskussionszeit. Dafür erhielt Kaddor später große Zustimmung für die Wahl ihres "Verlierers der Woche": Jogi Löw müsse endlich zurücktreten.

Zum Schluss kamen dann noch die US-Wahlen dran. Den knapp bemessenen Informationswert der Sendung konnte das nicht mehr wesentlich anheben. Alle Anwesenden schienen Markus Feldenkirchens Erkenntnis zuzustimmen, mit Donald Trump sei es nun "faktisch vorbei". Nicht nur als Talkshow-Zuschauer überfiel einen die ungeduldige Hoffnung, dies möge doch möglichst bald auch auf Corona zutreffen. Aber gegen das Virus werden wohl weder Abwahl noch Rücktrittsforderungen helfen.

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