Anfang Dezember kamen zwei Flüchtlinge während ihrer illegalen Reise auf einem Güterzug in Wörgl ums Leben. Die Toten waren eine Frau und ein Mann aus Afrika, ein Dritter überlebte schwer verletzt. Die beiden Personen dürften aufgrund der klirrenden Kälte erfroren sein.

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Dabei handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Immer mehr Flüchtlinge machen sich auf, in und sogar unter Güterzügen auf den Weg in den Norden. Meist aus Italien kommend, mit Ziel Deutschland. Mit bloßen Händen klammern sie sich am Zug fest. Seit dem tödlichen Zwischenfall in Tirol sind die Sicherheitsbestimmungen bei den ÖBB verschärft worden.

Harald Baumgartner von der Fremdenpolizei Tirol sagte gegenüber dem "Thema"-Team des ORF: "Wir hatten im November bereits 50 Aufgriffe. Der Dezember beginnt auch schon sehr stark." Im Vergleich: In den Monaten davor seien es durchschnittlich nur 10 Aufgriffe gewesen.

Ziel ist selten Österreich: Flüchtlinge wollen nach Deutschland

Einer, der vor drei Jahren via Zug nach Österreich geflohen war, ist Ali. Schon sein ganzes Leben ist der einer schiitischen Minderheit Angehörige auf der Flucht. Zuerst floh er in den Iran, wo er aufgrund seiner Herkunft nicht bleiben konnte, wie er dem ORF erzählt. Bei seiner Flucht nach Europa sei er fast gestorben: Gemeinsam mit anderen kletterte er in einen Kühl-LKW, der mit der Fähre nach Österreich gebracht wurde. 52 Stunden mussten sie in der Kälte ausharren.

Zum Lebensretter wurde schließlich ein österreichischer Polizist. "Der hat mich damals gefragt, ob ich hier bleiben will. Ich habe gesagt: wieso nicht", sagt er im Interview. Auch sein Ziel war ursprünglich Deutschland. Auf die Frage, warum er als Flüchtender dieses Risiko überhaupt eingehen würden? Er habe keine Wahl, meint Ali, der seit drei Jahren auf seinen Asylbescheid wartet.

Sicherheitsproblem für LKW-Fahrer

In vielen Ländern sind es aber weniger die Flüchtlinge, die Probleme bekommen, sondern jene, die mit den Transportern unterwegs sind. Denn die illegal Reisenden klettern immer wieder auch in LKWs. Das kann für die Fahrer im schlimmsten Fall empfindliche Strafen nach sich ziehen, wenn sie im Verdacht stehen, Schlepper zu sein.

Frank Kapitzke ist seit Jahren Fernfahrer: "Wenn die sich unten hinklammern, sehe ich das nicht. Da müsste ich jedes Mal die Unterseite mit einem Spiegel kontrollieren. In der Nacht sehe ich gar nichts", erzählt er in "Thema". Es fehle einfach an der Zeit, um genau zu kontrollieren.

"Situation belastet alle"

Die blinden Passagiere sind aber überhaupt weniger Migrations- als Sicherheitsproblem. Rene Zumtobel von den ÖBB: "Es ist eine Situation, die alle belastet. Einerseits sind diese Fahrten lebensgefährlich und andererseits kommt es dadurch auch zu Behinderungen im Verkehr." Nachdem die Kontrollen in Deutschland verschärft wurden, folgte eine strengere Regulierung auch hierzulande. Das wiederum führt immer wieder zu Verzögerungen, die vor allem von den Fahrgästen nicht toleriert werden.

Derzeit gibt es die Überlegung, den Brenner zum gemeinsamen Kontrollpunkt zu machen. Zumtobel: "Am Bahnhof Brenner gäbe es eine gute Möglichkeit, die Züge zu kontrollieren. Italien hat zugesagt, dass es gemeinsame Kontrollen geben soll", sagt Fremdenpolizist Baumgartner. Wann diese aber endlich passieren sollen, steht derzeit nicht fest. Bis dahin werden noch viele weitere illegale Flüchtlinge die Reise unter gefährlichsten Bedingungen antreten.

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