Politisch relevante Themen werden im ORF-Sommergespräch mit Reinhold Mitterlehner zur Seite geschoben, um auf die internen Vorgänge in der ÖVP einzugehen. Vor allem die Frage, wann Sebastian Kurz zum ÖVP-Spitzenkandidaten wird, steht im Zentrum. Der Vizekanzler ist bemüht das Gemeinsame in den Vordergrund zu stellen.
Welche Themen werden angesprochen?
Reinhold Mitterlehner hat stark mit zahlreichen Meldungen zu kämpfen, die
Thematisiert werden auch die jüngsten Vorstöße der ÖVP, die Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge und ein Burka-Verbot in Österreich vorsehen. Susanne Schnabl fragt nach Unterschieden, die es zwischen FPÖ und ÖVP noch gebe.
Mitterlehner kontert, die Situation bezüglich der Flüchtlinge sei vor einem Jahr noch eine ganz andere gewesen. "Alle Medien und die Bevölkerung haben damals die Devise 'Refugees Welcome' vertreten. Die quantitative Anzahl an Flüchtlingen und die Qualität der Probleme ist eine andere geworden", so Mitterlehner, der betont, dass Sebastian Kurz schon vor einem Jahr unangenehme Maßnahmen wie den Schutz der Außengrenzen angesprochen habe.
Ein weiteres Thema sind mögliche Neuwahlen. Mitterlehner schließt diese nicht komplett aus, sollte die Regierung im Herbst keine gemeinsame Linie finden, weist aber auch darauf hin, dass die Themen Flüchtlinge und Integration nach Neuwahlen weiterhin bestehen würden. "Mit Neuwahlen würde alles nur konfliktreicher", so der Vizekanzler.
Worum geht es Reinhold Mitterlehner?
Besonders wichtig ist ihm zu betonen, dass egal welche Vorschläge Außenminister Sebastian Kurz und Innenminister Wolfgang Sobotka machen, alles Wichtige mit ihm abgesprochen sei. Immer und immer wieder betont der Vizekanzler die gemeinsame Linie innerhalb der ÖVP.
Er möchte sich als Koordinator innerhalb der ÖVP profilieren und dem allgemeinen Bild, er habe an Macht innerhalb der ÖVP verloren, ganz entschieden entgegenwirken. "Ich sehe es nicht so problematisch wie Sie oder andere, dass Fachminister Vorschläge machen, dagegen habe ich nichts einzuwenden und das ist durchaus mit mir abgestimmt", erklärt der Vizekanzler.
Dialog des Abends
Gegen Schluss des Gesprächs fragt Susanne Schnabl provokant nach, wann Sebastian Kurz komme und wer die ÖVP in die nächste Wahl führen solle.
Knapp davor wurden per Einspieler drei ÖVP-Wähler gezeigt, die sich allesamt eher für Sebastian Kurz als nächsten Spitzenkandidaten der ÖVP aussprachen. "Ich glaube, dass ich noch viel bewegen kann. Jede Partei kann froh sein, wenn sie so qualifizierte Kräfte hat. Wir sind froh, dass wir ihn haben. Wir werden gemeinsam vorgehen", meint Mitterlehner über Kurz.
"Gemeinsam werden Sie die Spitzenkandidatur nicht vornehmen können", hakt Schnabl nach und lässt den Hinweis folgen, dass der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer bereits angekündigt habe, man müsse sich überlegen, wann man Kurz als Ass spiele. Wer Spitzenkandidat ist, werde man zu gegebener Zeit entscheiden.
"Da können Sie Gift drauf nehmen, nein, das ist schlecht, da können Sie sicher sein", so Mitterlehner. Auf die Frage, ob er denn Parteiobmann bleiben wolle, meint der Vizekanzler: "Ich bin der Letzte der jemandem im Weg steht."
Größter Aufreger
Mit dem Thema der Wertschöpfungsabgabe, wobei Betriebe die viele Menschen in Arbeit halten, entlastet werden sollten und jene in welchen die Arbeit von Maschinen erledigt wird, höher besteuert werden sollten, präsentiert Schnabl ihrem Gesprächspartner ein rotes Tuch.
Sie hat ein Thema erwischt, bei dem sich Mitterlehner und die ÖVP gegenüber der SPÖ nicht gesprächsbereit zeigen. Susanne Schnabl fragt nach einem Gegenvorschlag der ÖVP, um den Sozialstaat zu finanzieren.
Mitterlehner geht auf diese Frage so gut wie nicht ein und zählt lange alle Nachteile einer Wertschöpfungsabgabe auf. Er geht dabei durchaus ins Detail, was Schnabl zu der Bemerkung hinreist: "Das war jetzt technisch und klingt nach sehr viel Diskussionsbedarf in der Regierung."
Der ansonsten für seine Sachlichkeit bekannte Vizekanzler reagiert gegenüber der Interviewerin ungewöhnlich scharf: "Das war nicht technisch, dabei ging es um Sachverstand und es ist nicht jedermanns Eigenschaft, dass er das nachvollziehen will".
Auch wenn Mitterlehner sehr mit wirtschaftlichen Themen vertraut ist, erscheint er in dieser Szene als überheblich.
Wie schlägt sich Susanne Schnabl?
Gut. Auch wenn sich ihre Fragen noch mehr an aktuellen und brisanten Themen hätten orientieren können, versteht Sie es gut, höflich und dezidiert beim Vizekanzler nachzuhaken. Auf so manche Spitze Mitterlehners geht sie nicht ein und bleibt sachlich.
Das Wesentliche des Sommergesprächs
Obwohl politisch relevante Themen wie die bevorstehende Bundespräsidentenwahl, die Probleme Österreichs mit der Türkei oder Sicherheitsaspekte im Raum gestanden wären, drehte sich vieles im Sommergespräch um parteiinterne Probleme der ÖVP.
Die Sendung ging somit an vielen relevanten Themen vorbei und widmete sich lieber den üblichen Flügelkämpfen in der ÖVP.
Übrig bleibt, dass die Medien Sebastian Kurz schon als nächsten Spitzenkandidaten der christlich-sozialen Partei sehen, während Reinhold Mitterlehner darum bemüht war, Stärke und Durchhaltewillen zu zeigen.
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