Der Bundesparteiobmann der FPÖ läutete Runde drei der insgesamt fünf TV-Sommergespräche ein. Er setze auf Themen wie Migration, eine mögliche FP-Regierungsbeteiligung und verriet, mit welchen Themen er bei den österreichischen Wählern punkten will. Anfangs staatsmännisch auftretend wurde Strache erst spät im Verlauf des Gesprächs offensiv, schaffte es jedoch bis zum Schluss nicht, ein klares Thema zu setzen.

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Lange lag die Freiheitliche Partei Österreichs in Umfragen für die kommende Nationalratswahl an erster Stelle, doch dann übernahm Sebastian Kurz die ÖVP, besetzte das einstige FPÖ-Thema der Migration und begeisterte wieder mehr junge Wähler für die einstige Altherrenpartei.

Die Folge ist seit Wochen in den Wählerumfragen zu sehen: Der blaue Aufwärtstrend ist zu Ende, Heinz-Christian Straches Höhenflug ebenso, die Freiheitlichen finden sich in vielen Umfragen nur noch auf Platz drei. Der dienstälteste aller Parteichefs zeigte sich Montagabend im Gespräch mit ORF-Moderator Tarek Leitner wenig angriffslustig.

"Müssen den radikalen Islam bekämpfen"

Der Moderator startete mit einem brisanten Thema und fragte, warum viele Menschen in Österreich den Eindruck haben, in einer unsicheren Welt zu leben, obwohl die Zahl der Terrortoten in den letzten 40 Jahren in Europa abgenommen habe?

Strache lieferte eine klare Antwort: "Der islamistische Terror ist im Herzen Europas angekommen. Wir müssen aktiv dagegen arbeiten, die Zellen des radikalen Islam zu bekämpfen und nicht erst etwas tun, wenn Anschlägen passiert sind."

Strache kritisierte auch, dass durch die Willkommenskultur des Jahres 2015 die österreichischen Grenzen nicht geschützt und Gesetze der EU nicht eingehalten wurden. Seine Forderung: "Wir dürfen uns die Freiheit nicht nehmen lassen, wir müssen sie schützen."

Der FP-Chef sprach von einer Fairnesskrise

Auch die Frage, warum hohe Erbschaften steuerfrei bleiben sollen, wurde den FPÖ-Chef gestellt. Der meinte, dass Österreich "eine Fairnesskrise" habe, sagte, dass ein Mindestlohn längst überfällig sei und forderte eine Mindestpension von 1.200 Euro für alle Landsleute.

"Es ist eine Schande, dass Menschen, die vier Jahrzehnte gearbeitet haben unter 1.000 Euro bekommen – und Menschen, die keinen Beitrag geleistet haben eine Mindestsicherung. Und es ist auch ungerecht Erbschaftssteuer zu zahlen, wenn man sein Leben lang etwas aufgebaut hat."

Ob er sich vorstellen könne Kanzler zu werden, etwa durch den Drittstärksten bei einer Wahl? Die FPÖ sei von einer Wahl zu anderen stärker geworden. Der Proporzkleber der rot-schwarzen Partei sei aber auch dieses Mal wieder eine Gefahr – und das gelte es, zu verhindern. "Die stärkste Kraft sollte Verhandlungen führen, aber der Dritte kann den Zweiten nicht zum Ersten machen – dafür stehe ich nicht."

Keine klaren Worte zur Causa Hübner

Dann brachte Tarek Leitner den US-Präsidenten ins Spiel. Strache habe Donald Trump nach dessen Sieg bei der Wahl zum amerikanischen Präsidenten via Facebook zugejubelt. Ist die Freude nach Trumps hochbrisanten und umstrittenen Wortmeldungen via Twitter mittlerweile verflogen? "Ich habe ihm nur gratuliert – nicht zugejubelt", verteidigte sich Heinz-Christian Strache.

Es folgte ein heftiges Wortgefecht zwischen ihm und Leitner – bei dem der Moderator sich schlussendlich durchsetzte und die umstrittenen Äußerungen des FPÖ-Nationalratsabgeordneten Johannes Hübners ansprach, der bei einer Veranstaltung Hans Kelsen, den Schöpfer der österreichischen Bundesverfassung, verunglimpft hatte. "Geht es Ihnen auf die Nerven, wenn die Abgrenzung der FPÖ zum Rechtsradikalismus immer wieder untermauert wird?" fragte der ORF-Moderator. Der FPÖ-Chef reagierte nicht und verteidigt sein von SPÖ und ÖVP heftig kritisiertes Parteimitglied, sagte, dass Hübner meinte er sei falsch verstanden worden. Nachsatz: "Die missverständlichen Äußerungen waren nicht schön, aber ich glaube dem Abgeordneten Hübner, dass er keine antisemitischen Gedanken hat."

"Man überlässt die Ärmsten der Armen sich selbst"

Auch bei der Frage, was die FPÖ tue, um die Chancen von Frauen in Spitzenpositionen zu erhöhen, lenkte Heinz-Christian Strache erneut ab – und sprach Themen wie mangelnde Kinderbetreuungsplätze, ungleichen Lohn bei gleicher Leistung und die schlechte Pflegegeldsituation an: "Man überlässt die Ärmsten der Armen sich selbst. Starke Frauen hingegen kommen ja immer durch."

Auf die geringe FPÖ-Frauenquote von nur 18 Prozent im Nationalrat angesprochen, sprach sich Strache gegen ein Reißverschlusssystem aus, meinte, dass es "nicht demokratisch" sei solch ein System einzuführen.

Ministerium für Heimatschutz und Leitkultur?

Der Sommergespräche-Moderator sprach seinen Gast schließlich noch auf das von der FPÖ geforderte Ministerium für Heimatschutz und Leitkultur an. Welche Maßnahmen sollten davon ausgehen?

Diese Antwort blieb der Politiker erneut schuldig und äußerste sich nicht konkret: "In unserer Gesellschaft gibt es Regeln", betonte Heinz-Christian Strache, "und an die hat man sich zu halten. Es geht um Integration. Wir haben klar zu machen: Wer zu uns kommt hat unsere Gesellschaft und Kultur wertzuschätzen – und nicht zu erwarten, dass wir uns anpassen. Das ist einiges falsch gelaufen in letzter Zeit. Das Islamgesetz ist eine Katastrophe."

Inszenierung als Staatsmann

Dass Heinz-Christian Strache ruhiger wirke als in der Vergangenheit wurde thematisiert. Ob dies rein politisches Kalkül sei, um die Regierungsbereitschaft zu zeigen?

Der Politiker war tatsächlich deutlich weniger angriffig als in früheren Gesprächen, wirkte so, als ob er sich anfangs unwohl in seiner neuen Rolle fühlte. Strache lächelte milde und meinte auf Leitners Frage: "Man wird reifer mit der Zeit und Qualität setzt sich durch. Ich hoffe, dass wir weiter an Vertrauen zulegen werden."

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