Österreich will keine Flüchtlinge aus Italien und Griechenland mehr aufnehmen. Die Regierung will das Umverteilungsabkommen, auch "Relocation Programm" genannt, kündigen. Das wurde am Montag überraschend bekannt gegeben. Gleichzeitig bläst man zur Offensive für das Programm zur freiwilligen Rückkehr. Das wird aktuell auch von der Caritas unterstützt.
Doch der Reihe nach. Worum handelt es sich bei dem Relocation-Programm? Als über 1 Million Flüchtlinge nach Europa kamen, hat man sich geeinigt, zumindest 160.000 Asylwerber aus den Ankunftsländern auf andere EU-Staaten zu verteilen. Bisher waren das allerdings nur 15.000 Menschen.
Österreich sollte 1.950 übernehmen. Doch SPÖ und ÖVP wollen am Dienstag im Ministerrat die Kündigung des Programms beschließen. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) sagte dem ORF am Montag dazu: "Wir haben im Verhältnis zu Deutschland, Griechenland und Italien unseren Beitrag mehr als erfüllt. "
Überhaupt verfolgt man derzeit ein ganz anderes Ziel. Nämlich die Ausreise möglichst vieler Flüchtlinge. Innenminister
Auch Umaid U., Asylwerber aus Afghanistan, könnte davon bald betroffen sein. Erst vor kurzem wurde ein Freund des 21-Jährigen wieder zurück nach Kabul geschickt. Er selbst ist in Österreich privat derzeit bei einer Tierärztin in Wien untergekommen. Freunde von ihm ebenfalls – in der Familie von Brigitte Holzinger in Kremsmünster. Doch so groß die Hilfsbereitschaft einzelner Bewohner sein mag, insgesamt ist die Meinungen zu den Flüchtlingen gespalten, wie eine Straßenumfrage des ORF-Teams zeigte. Man müsse schon aufpassen, wer da nach Österreich komme, lautete der gemeinsame Tenor.
Caritas unterstützt freiwilliges Rückkehrprogramm
Aufpassen, wer reinkommt, das ist auch das Motto des Innenministeriums, das vergangene Woche eine große Offensive für die freiwillige Rückkehr gestartet hat. Unterstützt wird es dabei von der Caritas. "Die freiwillige Rückkehr ist wesentlich besser als die Zwangsabschiebung", sagt Bernd Wachter, Generaldirektor der Caritas Österreich. Es gehe schließlich darum, die Menschen richtig und gut zu beraten. Auch in einem Fall eines negativen Asylbescheids.
In den Asylzentren der Caritas wird den Asylwerbern bei der freiwilligen Rückkehrberatung nicht nur geholfen, sondern ihnen wird dort auch der Asylstatus mitgeteilt. In Graz wurde einem 18-jährigen Afghanen nun erstmals auch der subsidiäre Schutz, also der Aufenthalt auf Zeit, aberkannt. Der Grund: Kabul sei sicher.
Lageberichte sowie Reisewarnungen zeichnen allerdings ein anderes Bild. Inwieweit das für die Caritas gilt? Es gäbe keine eindeutige Antwort, die Lage sei schwierig, meint Wachter." Wenn wir als Caritas feststellen würden, dass es eine Sicherheitsgefährdung gibt, würden wir eine Ausreise nicht empfehlen", sagt er.
Afghanen führen auch in den Negativ-Statistiken
600 Afghanen sind 2016 freiwillig ausgereist. So viele wie aus keiner anderen Flüchtlingsgruppe. Allerdings führen sie auch die Statistik bei Asylanträgen an, und – noch problematischer – bei der Statistik der straffällig gewordenen Asylwerber. Helmut Langthaler, Asylkoordinator, hat dafür eine Erklärung: "Man hat es hier mit Asylwerbern zu tun, die stark entwurzelt sind und zum Teil schon jahrelang auf der Straße unterwegs waren und Probleme haben Fuß zu fassen. Man wird nicht alle abschieben können, weil das auch technisch nicht geht." Man müsse sich Integrationsprogramme überlegen, damit diese Menschen einen Beitrag zur Gesellschaft leisten können. Langthaler ist überzeugt, dass die Mehrheit das auch wolle.
Für viele Flüchtlinge sind 1.000 Euro keine Alternative
Für 1.000 zurück wollen sie jedenfalls nicht. Auch nicht die 28 Flüchtlinge, die derzeit in der eigens von Brigitte Holzinger gegründeten Schule in Kremsmünster in den wesentlichsten Fächern wie Mathematik, Deutsch oder auch Sozialkunde unterrichtet werden. Räumlichkeiten werden vom Stift Kremsmünster zur Verfügung gestellt. Alle Schüler warten noch auf einen Asylbescheid. Vergangenes Jahr konnten nur etwa 33 Prozent bleiben. Hält der aktuelle Trend an, müssen zwei Drittel von ihnen das Land demnächst verlassen.
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