Ihre Forderung nach einer Vier-Tage-Woche bei "Markus Lanz" sorgte bereits vor Wochen für heftige Schlagzeilen. Am Mittwochabend legte die Grüne-Jugend-Chefin Katharina Stolla nochmal nach und legte sich verbal mit CDU-Politiker Philipp Amthor an.
Brauchen wir eine Vier-Tage-Woche? Wie viel sollen oder müssen wir arbeiten? Um diese Fragen drehte sich "
Grüne-Jugend-Sprecherin Katharina Stolla löste dabei eine hitzige Debatte aus, als sie erklärte, dass mehr Frauen im Arbeitsmarkt für eine Linderung des Fachkräftemangels sorgen könnten. Dagegen wehrte sich insbesondere CDU-Politiker
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Laut einer Studie des Deutschen Instituts zur Wirtschaftsforschung (DIW) sank die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Deutschland seit 1991 von 39 auf 36,5 Stunden. Dem entgegen steht die Forderung junger Politiker wie Katharina Stolla, die vor Kurzem bei "Markus Lanz" sagte: "Dass man keine Lust mehr hat, viel zu arbeiten, finde ich total vernünftig."
Der Vorschlag der Co-Sprecherin der Grünen Jugend: eine Vier-Tage Woche bei vollem Lohnausgleich. Auch am Mittwochabend diskutierte Lanz über die Forderung nach weniger Arbeit in einer Zeit, in der das Land mehr Arbeitskräfte denn je braucht.
Das sind die Gäste
- Philipp Amthor, CDU-Politiker: "Deutschland kann es sich ohne Wohlstandsverluste nicht leisten, weniger zu arbeiten."
- Katharina Stolla, Bundessprecherin der Grünen Jugend: "Meine Generation ist einfach nicht mehr bereit, so viele Abstriche in ihrem Leben nur für die Arbeit zu machen."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Am Mittwochabend warnte Markus Lanz, dass eine der größten Bedrohungen für den deutschen Staat der Fachkräftemangel ist. Dazu erklärte er: "Mit Ausnahme von 2020 haben die Deutschen seit 50 Jahren noch nie so wenig gearbeitet wie im vergangenen Jahr." Lanz fragte daher mit Blick auf Katharina Stolla: "Sie sagen, wir arbeiten zu viel - es muss weniger werden. Wie soll das funktionieren?"
Die Grüne-Jugend-Sprecherin antwortete mit ernster Miene: "Das Arbeitsvolumen steigt, das zeigen die Zahlen." Laut Katharina Stolla würde eine Reduktion der Arbeitszeit im Endeffekt die Produktivität steigern, da Arbeitnehmer "seltener krank" wären und "unter geringerem Stress" stünden.
Für ihre Forderung nach einer Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche erntete Katharina Stolla dennoch heftige Kritik. Auch Philipp Amthor wetterte zunächst gegen die Pläne der Jungpolitikerin: "Bei mir gab es natürlich große Empörung", sagte Amthor, "alle haben gesagt: Was ist das für eine traumtänzerische Idee?" Dennoch musste der 31-Jährige zugeben: "Das Leben ist auch mehr als nur Arbeit. (...) Arbeit ist ein Mittel zum Zweck für ein gelingendes Leben."
Markus Lanz hakte überrascht nach: "Was ist mit Ihnen los? Weiß Friedrich Merz, dass Sie so denken?" Philipp Amthor konterte lachend, dass er die Forderung von Katharina Stolla "aus einer persönlichen Sicht" verstehen könne. Dennoch gebe es auch "eine politische Ebene", in der die Vier-Tage-Woche völlig unrealistisch sei: "Wir machen Politik aus der Frage: Wie geht es weiter mit Deutschland? Und da ist es so, dass wir in einem internationalen Standort-Wettbewerb sind und uns klar sein muss: Weniger Arbeit bedeutet für uns weniger Wohlstand."
Der CDU-Politiker ergänzte, dass sich das Land genau diesen Wohlstandsverlust "im Moment nicht leisten" kann. Eine Steilvorlage für Lanz, der wissen wollte: "Das heißt, mit Ihnen gibt es die Vier-Tage-Woche nicht?" Darauf antwortete Philipp Amthor schwammig: "Mehr Flexibilität innerhalb der Wochenarbeitszeit, das halte ich für sinnvoll."
Statt weniger zu arbeiten wünsche sich Amthor jedoch vielmehr ein Belohnen, "wenn Leute mehr arbeiten wollen". Der CDU-Mann fügte hinzu, dass er damit "ein positives Bild" zeichnen wolle, "dass Arbeit etwas Sinnstiftendes sein kann und wir als Gesellschaft etwas davon haben".
Katharina Stolla schüttelte energisch mit dem Kopf: "Es werden unfassbar viele Überstunden gemacht und mehr als die Hälfte der Überstunden in Deutschland werden nicht bezahlt!" Hinzu komme laut der Jungpolitikerin, dass Überstunden "noch stärker" dazu beitragen würden, "dass eine gleichberechtigte Gesellschaft in weite Ferne rückt".
Das ist das Rede-Duell des Abends
Laut Katharina Stolla sei eine 40-Stunden-Woche "unfeministisch", denn am Ende bleibe keine Zeit, sich als Frau um den Haushalt, Kinder und den Beruf zu kümmern. "Das ist nicht zu stemmen und deshalb reduzieren ja auch viele Frauen insbesondere auf Teilzeit", so die Jungpolitikerin. Sie kritisierte in dem Zusammenhang, dass "ein ungemein großes Potenzial auf dem deutschen Arbeitsmarkt" ungenutzt bleibe, weil Frauen nur "in Teilzeit oder gar nicht arbeiten".
Markus Lanz hakte irritiert nach: "Worauf wollen Sie hinaus?" Stolla antwortete, dass bei einer Vier-Tage-Woche "unfassbar viele Frauen" in den Arbeitsmarkt zurückkehren würden und damit der Fachkräftemangel teilweise gelöst werden könnte, da "die Arbeit gleichberechtigter verteilt" wäre. Lanz fragte streng: "Unfassbar viele Frauen ist wie viel?" Daraufhin musste die Jungpolitikerin zugeben: "Ich weiß gerade tatsächlich nicht die gesamte Zahl, aber ich weiß, dass es ein inländisches Arbeitspotenzial von sechs Millionen Menschen gibt."
Lanz ließ jedoch nicht locker und fragte weiter: "Das muss man doch ungefähr wissen. Wie groß ist dieses Potenzial? Sie sagen, das ist riesig." Stolla konterte genervt: "Was die ganz genaue Zahl ist, das können wir gleich nochmal nachlesen. Ich glaube, das macht den Braten jetzt auch nicht fett!"
Lanz reagierte mit einem fassungslosen "Ich finde schon", während auch Philipp Amthor mit dem Kopf schüttelte. "Ich bin wirklich baff und erstaunt, Herr Lanz", so der CDU-Politiker. Er ergänzte: "Das ist ja eine Wünsch-dir-was-Vorstellung sondergleichen, wenn man glaubt, Deutschland könne volkswirtschaftlich besser dastehen, indem wir weniger arbeiten. Man würde das Fachkräfteproblem in Deutschland lösen, indem wir weniger arbeiten. Das sind ja absurde Vorstellungen!" Es sei ein "Zerrbild von Arbeit", wenn man Arbeit als "das abgrundtief Böse" darstelle: "Als würde man sagen: Gelingendes Leben besteht aus Freizeit, die dummerweise immer mal durch Arbeit unterbrochen wird."
Der Politiker wetterte weiter: "Ich bin auch nicht mit dem goldenen Löffel geboren, sondern habe irgendwie vorgelebt bekommen: In diesem Land kannst du viel erreichen, wenn du fleißig bist und dich anstrengst. Aufstieg durch Bildung ist möglich." Dagegen stichelte Stolla wütend, dass das Aufstiegsversprechen "einfach extremst unwahrscheinlich" und falsch sei. "Erzählen Sie das auch den Kindern im Jugendzentrum, die in Armut aufwachsen, die nachts mit Hunger ins Bett gehen?", so Stolla.
Amthor konterte, dass er froh sei, dass es in solchen Fällen "einen starken und funktionierenden Sozialstaat" gebe, "der auch von den Leistungsträgern in diesem Land finanziert" werde. "Die Grünen haben sonst doch immer so tolle Laune, deswegen verstehe ich nicht, warum die so negative Laune für die Aufstiegsgesellschaft in Deutschland haben", so Amthor. Daraufhin sagte Stolla nüchtern: "Weil wir realistisch sind an der Stelle!"
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz sorgte mit spitzen Fragen für eine hitzige Debatte zwischen Philipp Amthor und Katharina Stolla und versprach am Ende der Sendung eine Fortsetzung in größerer Runde, da immer noch Antworten fehlen, wie wir in Zukunft leben und arbeiten.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Bei "Markus Lanz" machte Philipp Amthor deutlich, dass "mehr Arbeit in der Regel mehr Lohn" bedeuten müsse, denn: "Man kann nicht sagen: Immer weniger arbeiten und immer mehr Lohn. Das geht im Schlaraffenland, aber nicht in der Bundesrepublik Deutschland." Gleichzeitig wetterte er gegen Katharina Stolla: Viele Dinge, die von der Grünen Jugend kommen, seien eigentlich "ziemlich alter Schnee" und "Kapitalismus-Kritik in neuen Schläuchen".
Dagegen wehrte sich die Grüne-Jugend-Sprecherin: "Wenn man sich noch nicht mal ernsthaft darum bemüht, verschiedenste Maßnahmen zu treffen, um diesen Fachkräftemangel anzugehen, dann sollte man nicht sagen: Jetzt können wir uns das mit der Arbeitszeitverkürzung nicht leisten!" © 1&1 Mail & Media/teleschau
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