Im ORF-Report Interview nahm Bundespräsident a.D. Heinz Fischer Stellung zu den großen Themen von 2016. Er sehe keine Spaltung im Land, dafür die Regierung mit Kern auf dem richtigen Weg. Die Asylpolitik sei erfolgreich, der Terrorismus werde nur eine Episode bleiben. Für 2017 ist Fischer positiv gestimmt.
2016 - das Jahr der Umbrüche, der Krisen, der Flüchtlinge sowie der politischen Zerwürfnisse – das Jahr der "starken Männer" sorgte in Europa und auch innerhalb Österreichs immer wieder für Schlagzeilen.
Beginnend mit der Asyldebatte, über den Rücktritt Werner Faymanns nach den 1.Mai-Protesten hin zum, für die SPÖ überraschenden, Schachzug den Ex-Manager
Einer, der sich gegen diese negative Darstellung wehrt, ist Ex-Bundespräsident Heinz Fischer. In einem Interview in der ORF-Sendung "Report" am Dienstag bekräftigte er seine Zuversicht: "Ich betrachte Österreich nicht als gespaltenes Land. Unser Land ist weniger gespalten als nach der Waldheim-Wahl oder nach der Bildung der Regierung im Jahr 2000."
Fischer: Flüchtlingspolitik kommt wieder unter Kontrolle
Fischer verteidigte die Asylpolitik der Regierung. Es sei viel geschehen und es habe einige Verschärfungen gegeben: "Die Gesetze sind mehrmals pro Jahr schrittweise verschärft worden. Heuer, 2016, haben wir voraussichtlich weniger als die Hälfte der Flüchtlinge als im vorigen Jahr. Ich glaube, dass die Flüchtlingspolitik, die uns im Jahr 2015 vor schwierige Herausforderungen gestellt hat allmählich wieder unter Kontrolle kommt."
Dass sich die Koalitionsparteien derzeit wieder oft streiten, sei laut Fischer nicht verwunderlich: "Weil die Koalition Abnützungserscheinungen hat." Die Wirtschaftskrise habe die Parameter der Politik verschlechtert: "Auch in anderen Ländern wie Italien, Frankreich oder gar in den skandinavischen Ländern." Gewisse Faktoren seien in der Politik schwer zu erreichen, wenn die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht bestünden. Eine der wichtigsten Aufgaben der Politik in Fischers Augen: "Der Bevölkerung Zuversicht zu geben."
"Was bleiben wird ist ein Land, das frei ist von Terrorismus"
Ein Terrorakt wie jener in Berlin am 19. Dezember dürfe diese Zuversicht nicht rauben. Auch könne er keine langfristige Gefahr für die Demokratie darstellen. Natürlich dürfe man sich daran nicht einfach gewöhnen. Aber: "In der Geschichte haben sich terroristische Phasen noch nie durchgesetzt. Terrorismus ist ein entsetzliches Phänomen." Es sei aber keines, "was auf Dauer eine Demokratie und eine offene pluralistische Gesellschaft besiegen kann."
Auf den Vorwurf, dass weder die heimische noch internationale Politik passende Lösungen bieten würden, sagte Fischer, dass man Terrorismus mit rechtstaatlichen Mitteln bekämpfen müsse. Jedoch: "Dieser Terrorismus wird eine Episode bleiben. Was bleiben wird, ist ein Land, das frei ist von Terrorismus."
Fischer: System der einfachen Antworten sei überzeugend
Doch warum dann der Rechtsruck? Warum sehnen sich immer mehr Menschen einfachen Antworten der Populisten? "Es gib viele Menschen, die diesen Phänomenen ratlos gegenüber stehen, die dadurch eine Verschlechterung ihres Lebens fürchten." Populismus sei eine Politik, die nur an eine Wahrheit glaube und alle, die nicht dieser Meinung seien, als Feinde sehe. Fischer weiter: "Dieses System überzeugt manche und erfordert Gegenpositionen."
Man dürfe sich allerdings nicht erwarten, dass diese von der EU kämen: "Die EU hat nie versprochen, dass sie die Probleme im Irak oder sonstwo lösen kann." Wer von der EU enttäuscht sei, der wisse nicht über den wahren Hintergrund der Gründung der Union bescheid: als Instanz zur Friedensstiftung nach einem entsetzlichen Weltkrieg.
"Trump ist ein Unsicherheitsfaktor"
Ob sich die Zeiten in einer Epoche der "starken Männer", wie es Schnabl im Interview formulierte, ändern könnten? Dem Begriff "starke Männer" kann Fischer nichts abgewinnen. Doch auf Trump angesprochen meinte er: "Er ist für mich unberechenbar. Trump ist ein Unsicherheitsfaktor."
Zu den jüngsten Aktivitäten der FPÖ-Granden Heinz-Christian Strache, Norbert Hofer, Johann Gudenus und Harald Vilimsky in Russland (sie unterzeichneten eine Initiative mit Putins Partei, Anm.), wollte Fischer nicht ausufernd Stellung beziehen. Er sagte lediglich: "Ich glaube nicht, dass das in die Analen der österreichischen Außenpolitik eingehen wird." Zudem sei er sich nicht sicher, ob die Initiative tatsächlich auf Putin zurückgehe: "Bin nicht sicher, ob er überhaupt gewusst hat, dass Funktionäre der FPÖ in Moskau ein Stück Papier unterzeichnen." Auch wenn die Initiative aus Moskau komme, wie es Strache noch in der ZIB2 bekräftigt hat: "Moskau ist groß."
Fischer sieht positive Zukunft und Chancen auf Wahlen erst im Jahr 2018
Die Zukunft des Landes sehe er jedenfalls positiv: "Ich bin kein Phantast, aber ich bin viel zuversichtlicher als manche Journalisten und Analytiker. Ich glaube, dass wir gute Chancen haben, dass 2017 weniger negative Überraschungen bringt und, dass es ein stabiles Jahr sein wird."
Christian Kern bringe viele Voraussetzungen mit, um Schwung in die Regierungsarbeit investieren zu können. Eine Reihe von Fehlern habe man gemacht, aber daraus gelernt. Daher: "Es gibt eine Chance, dass 2017 gut über die Bühne geht, was die Wirtschaft und Innenpolitik betrifft. Ganz generell sei die Politik keine Einbahnstraße, betonte Fischer: "Da gibt es Schwankungen." Die Kunst sei es aber das Positive zu sehen.
Nach seiner Einschätzung zu Neuwahlen gefragt, sagte der ehemalige Präsident: "Ich sehe eine Chance, dass die Nationalratswahlen erst 2018 stattfinden werden."
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