FPÖ-Parteiobmann Heinz-Christian Strache gibt sich in seinem zehnten ORF-Sommergespräch selbstbewusst. Er beginnt zahm, wird dann aber doch angriffig. Van der Bellen wolle eine Präsidialdemokratie a la Erdogan, da er die FPÖ nicht angeloben wolle.

Eine Analyse
von Christian Granbacher
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Zu Beginn des Gesprächs geht es um die wirtschaftliche Kompetenz der FPÖ und wie sie gegen die Rekordarbeitslosigkeit vorgehen würde. Heinz-Christian Strache kritisiert, dass die Regierung zu wenige Investitionen vorgenommen habe.

Die FPÖ sei für eine Verwaltungsreform, um Geld in die richtigen Kanäle fließen zu lassen. Unternehmen würden zu wenig gefördert, es brauche ein Ankurbeln der Wirtschaft.

In Folge geht es darum, ob der FPÖ der Sprung vom Populismus zur Regierungsverantwortung gelingen kann und wie die Partei zur EU steht. Der Parteichef gibt sich staatsmännisch und sagt: "Wir sind nie eine EU-Austrittspartei gewesen." Man agiere lediglich EU-kritisch.

Ein-Euro-Jobs für Asylwerber begrüßt Strache, der Obergrenze für Asylwerber stimme die FPÖ nicht zu, da sie "unsinnig" sei. Wenn es sich um Flüchtlinge handle müsse man Schutz und Hilfe gewährleisten. Zugleich weist der FPÖ-Chef allerdings darauf hin, dass von Jänner bis August 2016 angeblich über 35.000 illegale Flüchtlinge aufgegriffen worden seien.

Auf den Bundespräsidentenwahlkampf geht Moderatorin Susanne Schnabl so gut wie nicht ein, ihr Gesprächspartner betont aber von sich aus: "Ich bin fest davon überzeugt, dass Norbert Hofer am 2. Oktober Präsident werden kann."

Auf die Frage, ob er mit SPÖ oder ÖVP mehr Übereinstimmungen finden könne, antwortet Strache ausweichend und lässt keine Präferenz erkennen.

Worum geht es Heinz-Christian Strache?

Das wird nicht so ganz klar. Strache versucht die Quadratur des Kreises und wendet zwei Taktiken an: Anfangs präsentiert er sich als potenzieller Kanzler und antwortet sachlich - wohl auch, um Norbert Hofer keine Stimmen für den Präsidentschaftswahlkampf zu kosten.

Gegen Ende des Gesprächs kommt jedoch immer mehr der Oppositionspolitiker in ihm zum Vorschein - es hagelt Kritik an ÖVP, SPÖ und Alexander Van der Bellen. "Es ist ja ungeheuerlich, wenn ein Herr Van der Bellen demokratische Wahlen nicht anerkennen will und quasi eine Präsidialdemokratie a la Erdogan vorhat und uns nicht angeloben will", zetert Strache.

Trotzdem: Im Vergleich zu früher gibt sich der FPÖ-Chef mittlerweile zahm. Diesmal keine verbalen Angriffe auf den ORF und keine Angriffe auf "Linkslinke".

Dialog des Abends

Susanne Schnabl erinnert an das Sommergespräch vor einem Jahr. Damals habe Heinz-Christian Strache aufgrund des zunehmenden Flüchtlingsstroms für das Jahr 2016 mit einem Volksbegehren "Österreich zuerst, Teil 2" gedroht. "Warum führen Sie es nicht durch, wenn Sie es ankündigen?", fragt die ORF-Journalistin.

Strache erklärt, dass die Rechtsverbindlichkeit bei Volksbegehren fehle, die Entscheidung der Österreicher also nichts direkt bewirken würde. Das wolle die FPÖ aber ändern.

"Sie kündigen ein Volksbegehren an und sagen gleichzeitig es macht keinen Sinn", kontert Schnabl. Heinz-Christian Strache weicht aus: "Wir haben es nicht angekündigt, wir haben gesagt, wir denken darüber nach."

Schnabl bleibt dabei: Die Ankündigung von Strache habe es gegeben. Das könne er sich nicht vorstellen, wehrt der FPÖ-Chef ab, denn ohne Vorstandsbeschluss hätte er so einen Schritt nicht angekündigt. "Aber ich muss es hinnehmen, dass Sie mich so zitiert haben."

Größter Aufreger

Das Interview kommt immer wieder ins Stocken. Schnabl ist offensichtlich unzufrieden darüber, dass Strache öfter ausweicht, nicht direkt antwortet. Sie hakt sehr oft nach.

Der FPÖ-Chef kritisiert, ständig unterbrochen zu werden. Bei gewissen Passagen ist das Gespräch für Zuseher schwer zu verstehen, da beide gleichzeitig reden. Inhaltlichen Aufreger gibt es keinen.

Wie schlägt sich Susanne Schnabl?

Schlechter als in den bisherigen drei Sommergesprächen. Sie fällt ihrem Gegenüber tatsächlich oft ins Wort, was Strache jedes Mal damit kommentiert, nicht aussprechen zu können. Sie versucht immer wieder, auf das Wesentliche ihrer Fragen zurückzukommen, worauf der FPÖ-Chef erst antwortet, nachdem er seine Kernbotschaften untergebracht hat.

Das Wesentliche des Sommergesprächs

Heinz-Christian Strache und die FPÖ legen es voll und ganz darauf an, den nächsten Bundespräsidenten und den nächsten Kanzler zu stellen. Rechtsextreme Sager, wie sie von einigen FPÖ-Politikern kamen, waren so gut wie immer Thema in vorangegangenen Sommergesprächen. Diesmal nicht.

SPÖ und ÖVP hingegen positionieren sich aufgrund der jüngsten Entwicklungen in Europa immer weiter rechts. Strache gibt sich in diesem politischen Klima entsprechend selbstbewusst: "Der nächste Schritt ist das Kanzleramt." Die FPÖ gehe lediglich dann in eine neue Regierung, wenn sie den Kanzler stelle. Vorausgesetzt, sie werde stimmenstärkste Partei.

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