Der Jahresrückblick bei "Hart aber fair" sollte eine Debatte über die großen Krisen von 2015 werden, um Flucht, Terror und die Skandale bei VW und beim DFB. Doch natürlich ging es fast ausschließlich um Flüchtlinge. Bei Frank Plasberg polarisiert das Thema mal wieder – insbesondere zwischen zwei Urgesteinen der bayerischen Politik.
Wo
Stoiber teilt am Montagabend kräftig aus, besonders in Richtung
Scharfer Ton beim Thema Flüchtlinge
Als er behauptet, die deutsche Flüchtlingspolitik sei auch am Rechtsruck in anderen Ländern schuld, widerspricht ihm die Grünen-Politikerin
Die selbst aus Bayern stammende Roth kontert Stoibers Rhetorik. Sie selbst beobachte eine "nach wie vor ungebrochene Bereitschaft zu helfen". Überall werde der "Integrationsturbo" angeworfen, auch die Wirtschaft mache mit.
"Ich darf die gesellschaftliche Stärke dieses Landes nicht überfordern", wendet Stoiber ein. Die Mehrheit der Deutschen sei inzwischen gegen die Politik der Regierung und befürworte Obergrenzen für Flüchtlinge, betont er und verweist auf die jüngsten Umfragen. "Ihr seid doch immer für direkte Demokratie", hält er Roth entgegen.
Der Kabarettist
Einig sind sich Roth und Somuncu darin, dass Deutschland zu den Fluchtursachen beitrage – durch Waffenlieferungen und Ausbeutung von Menschen in Niedriglohnländern. Statt einer Obergrenze solle lieber eine "moralische Grenze" eingeführt werden – "wann man aufhört, am Leid der Menschen zu verdienen", findet Somuncu.
"Merkels Zustimmungswerte werden wieder ansteigen"
Von den EU-Partnern und von der eigenen Partei schlug Angela Merkel in den vergangenen Monaten für ihre Flüchtlingspolitik viel Kritik entgegen. Auf dem CDU-Parteitag erhielt sie am Montag trotzdem wieder Beifall – auch weil sie Zugeständnisse an ihre Kritiker machte. "Sie ist dabei, wieder einzudämmen, was sie ein Stück weit ausgelöst hat", meint Christoph Schwennicke, Chefredakteur des Magazins "Cicero".
Für den Politik-Professor Herfried Münkler ist Merkel ein "Meisterstück" gelungen. Die Kanzlerin habe mit ihrer Zuversicht das patriotische Selbstbewusstsein bedient, nach dem Motto "Wer soll das schaffen, wenn nicht wir?". "Ihre Zustimmungswerte werden wieder ansteigen", prophezeit Münkler.
Die von Teilen der Union geforderte Obergrenze für Flüchtlinge lehnt Merkel aber weiterhin ab. Das Grundgesetz oder auch die Genfer Konvention lässt sich ohnehin nicht auf eine Zahl begrenzen – betont Münkler. Doch selbst wenn Deutschland eine Obergrenze festsetzen würde – wie soll sie eingehalten werden?
Um die Zahl der Flüchtlinge zu senken, wird Europa einen Preis zahlen müssen. So soll beispielsweise die Türkei verhindern, dass Flüchtlinge aus ihrem Land nach Europa weiterziehen. Doch die Regierung von Recep Erdogan ist ein höchst umstrittener Partner. Roth und Somuncu prangern die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei an.
Europa könnte zur Festung werden
Abschottung ist eine andere Möglichkeit. Die Wiedererrichtung von Grenzen innerhalb Europas ist für Stoiber durchaus denkbar – zumindest solange bis die EU-Außengrenzen wieder undurchlässiger geworden seien. Einfache Grenzzäune würden die Flüchtlinge aber nicht aufhalten, gibt Münkler zu bedenken, "wenn junge Männer dagegen anrennen".
Für die Demokraten in Europa bleibt das Dilemma: Einerseits Werte wie christliche Nächstenliebe oder die Menschenrechte tatsächlich ernst zu meinen, andererseits zu verhindern, dass sich die eigenen Wähler übervorteilt oder übergangen fühlen und zu den Rechtspopulisten überlaufen.
Denn es sind ja nicht nur die zukünftigen Flüchtlinge, die Deutschland beschäftigen. Auch die bereits angekommenen Asylbewerber mit Bleibeperspektive müssen untergebracht, versorgt und integriert werden.
Integration per Unterschrift
Auf dem CDU-Parteitag gibt es daher den Vorschlag eines Integrationsgesetzes: Zuwanderer sollen zum Beispiel unterschreiben, dass sie Frauen und Homosexuelle nicht diskriminieren. Bei
"Es hat was sehr Deutsches: Du hast das unterschrieben, du musst das jetzt machen", sagt Schwennicke und hält es ohnehin für überflüssig: "Das, was da drin steht, steht auch im Grundgesetz."
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