Der Mord an Hanns Martin Schleyer sorgt nach fast 50 Jahren immer noch für Schlagzeilen. Bei "Markus Lanz" äußerte sich Ex-RAF-Terroristin Silke Maier-Witt, die über zwei Jahre lang zum innersten Kreis der "Rote Armee Fraktion" gehörte, zu den brutalen Verbrechen der damaligen Gruppe. Dabei lieferte sie sich ein hitziges Wortgefecht mit Ex-RAF-Staatsanwalt Klaus Pflieger.
Das Thema der Runde
Am 5. September 1977 wurde Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer auf brutale Weise von Terroristen der "Rote Armee Fraktion" entführt und später getötet. Bis heute gibt es einige ungeklärte Fragen zur Entführung und Ermordung Schleyers.
Mittäterin Silke Maier-Witt entschuldigte sich bereits öffentlich für die Tragödie. Grund genug für
Die Gäste
- Ex-RAF-Terroristin Silke Maier-Witt bereut ihre Vergangenheit: "Ich frage mich bis heute, warum ich billigend in Kauf genommen habe, dass Menschen ermordet wurden."
- Hanns Martin Schleyers hinterbliebener Sohn Jörg Schleyer berichtet, wie er die Familientragödie erlebt hat: "Ich kann es nicht verzeihen, weil es unnötig war."
- Politologe Wolfgang Kraushaar stellt sich bis heute die Frage: "Wer hat Schleyer damals erschossen?"
- Ex-RAF-Staatsanwalt Klaus Pflieger behauptet: "Der Staat ist der RAF damals auf den Leim gegangen."
Das Wortgefecht
In seiner Sendung behandelte Markus Lanz am Donnerstag ein Stück deutscher Geschichte. Mit Silke Maier-Witt hatte er ein Mitglied der zweiten Generation der RAF zu Gast, das den Staat herausgefordert und "die deutsche Gesellschaft in ihrem Selbstverständnis erschüttert" hat. Maier-Witt war zweieinhalb Jahre lang Mitglied der Terrororganisation "Rote Armee Fraktion". "Sie war beteiligt an der Entführung und Ermordung von Hanns Martin Schleyer", so Lanz mit strengem Blick. Er ergänzte, dass Maier-Witt damals jedoch Zweifel an der Ermordung von Schleyer gehabt und gesagt haben soll: "Lasst den doch frei!"
In der Sendung distanzierte sich die ehemalige Terroristin jedoch vehement von Schleyer und erklärte: "Ich habe Hanns Martin Schleyer nicht einmal gesehen in der Gefangenschaft. Ich war an einem anderen Ort." Markus Lanz wollte dennoch wissen, ob sie sich mit anderen RAF-Mitgliedern zum Mord an Schleyer ausgetauscht habe - immerhin saß sie wochenlang mit einigen von ihnen im Jemen. Maier-Witt wiegelte energisch ab: "Ich habe nicht aktiv danach gefragt." Eine Aussage, die Lanz irritierte: "Warum nicht?" Maier-Witt antwortete nüchtern: "Ich habe mich rausgehalten (...) aus diesen Diskussionen. Und es gab keine Diskussionen darüber, was jetzt im Einzelnen passiert ist. Das war abgehakt die Sache. Das war Vergangenheit." Als Lanz immer wieder betonte, dass sie doch mit anderen Mitgliedern "zusammengesessen" habe, konterte die Ex-RAF-Terroristin genervt: "Man sitzt nicht zusammen!"

Jörg Schleyer, der Sohn des ermordeten Hanns Martin Schleyer, wollte dies jedoch nicht ganz glauben. Er merkte an: "Irgendwann gibt es doch eine Aufarbeitung dieser sechs Wochen, wenn man da so zusammensitzt." Silke Maier-Witt schüttelte wütend mit dem Kopf: "Nein! Es gab keine Aufarbeitung! Es gab überhaupt keine Aufarbeitung darüber, dass die Aktion gescheitert war, (...) dass die Gruppe im Grunde genommen am Ende war."
Maier-Witt stellte weiter klar: "Es ist so eine Vorstellung von einer Gruppenidentität, in der diskutiert worden ist. Es ist eben leider nicht diskutiert worden - überhaupt nicht!" Ex-RAF-Staatsanwalt Klaus Pflieger hielt jedoch vehement dagegen und sagte: "Sie spüren, wie wir es schwer haben, Ihnen das abzunehmen."
Pflieger ergänzte, dass er selbst aus Verhören wisse, "dass in der Gruppe gesprochen worden ist" und er nach wie vor den Eindruck habe, "dass Sie sich schwertun, zu dem zu stehen, was passiert ist damals". Der Ex-Staatsanwalt stichelte weiter: "Sie erinnern sich vielleicht an eine Vernehmung, (...) wo Sie nach langer Zeit endlich sich bequemt haben, (...) zuzugeben, dass Sie am Tattag (...) in Köln waren, als Hanns Martin Schleyer entführt und seine Begleiter erschossen worden sind."
Ein Vorwurf, gegen den sich Maier-Witt wehrte: "Ich fühle mich jetzt richtig in die Enge gedrängt! (...) Ich finde das jetzt wirklich unfair, weil das stimmt so nicht! (...) Sie unterstellen mir, dass ich gelogen habe."
Die Offenbarung des Abends
Jörg Schleyer verlor mit gerade einmal 23 Jahren seinen Vater Hanns Martin Schleyer, der 1977 von RAF-Terroristen ermordet wurde. "Hanns Martin Schleyer ist mit drei Schüssen von hinten ermordet worden", so Markus Lanz mit ernster Miene. Bis heute hadert Jörg jedoch nicht unbedingt mit der Frage zur Identität des Täters, sondern mit der Frage: "Wie sind sie abgelaufen, die letzten Stunden meines Vaters?" Grund genug für Lanz, Schleyer zu fragen: "Was ist das für ein Gefühl für Sie, heute neben Frau Maier-Witt zu sitzen?"
Jörg Schleyer reagierte nüchtern und erklärte, dass er Maier-Witt bereits in der Vergangenheit getroffen habe, denn "man muss da, glaube ich, ganz stark differenzieren". Natürlich gehöre Maier-Witt laut Jörg Schleyer "zu einem Personenkreis", "die in der Summe (...) für den Tod von über 30 Menschen verantwortlich sind". "Auf der anderen Seite ist sie die Einzige, (...) die es jemals geschafft hat, zu sagen, ich entschuldige mich für das, was ich gemacht habe damals", so Schleyer.
"Wenn sich jemand entschuldigt", habe man laut Schleyer "auch die Pflicht (...), zu sagen, ich höre mir das an". Der Hinterbliebene ergänzte nachdenklich: "Mich beschäftigt ja vor allem die Art und Weise, wie mein Vater (...) die letzten Stunden verbracht hat. (...) Mich interessiert nicht, wer geschossen hat." Um mehr Informationen zu erhalten habe er Silke Maier-Witt in der Vergangenheit "als Medium genommen, um auch in diese Szene einzutauchen".
Eine Steilvorlage für Lanz, der auf den Ex-RAF-Terroristen Stefan Wisniewksi hinwies, der bis heute als Hauptverdächtiger im Mord an Hanns Martin Schleyer gilt. Dies wollte auch Maier-Witt in der ZDF-Sendung nicht bestreiten. Eine Klarheit konnte Jörg Schleyer jedoch auch am Donnerstag nicht erhalten. "Es wäre schon eine Erleichterung, gebe ich ganz offen zu, wenn man das wüsste", so der Hinterbliebene. Er fügte jedoch energisch hinzu: "Ich will nicht mit jemandem an einem Tisch sitzen, der meinen Vater ermordet hat. Das will ich nicht!"
Der Erkenntnisgewinn
Bei "Markus Lanz" wurde deutlich, dass es nach wie vor viele Rätsel gibt, wenn es um die RAF geht. "Was wissen Sie über das Leben dieser Rest-RAF-Leute, die es da draußen noch gibt?", wollte der ZDF-Moderator wissen. Ex-Terroristin Silke Maier-Witt stellte daraufhin klar: "Ohne eine Unterstützung und ein Umfeld, das sie unterstützt hat, kann das nicht sein, dass sie so lange sich haben halten können." Sie ergänzte: "Nach der Ermordung von Schleyer, da konnten wir nirgendwo mehr eine Wohnung mieten, ohne aufzufallen." Wie sie heute auf ihre brutale Vergangenheit blickt? "Es entsetzt mich selber, dass ich so war, aber was soll ich tun?" © 1&1 Mail & Media/teleschau