Die Aufgriffe sanken von 90.000 auf 40.000 im Jahr 2016. Der Hotspot verlagerte sich von Oberösterreich nach Salzburg. Doch Experten kritisieren: Die Balkanroute nicht völlig geschlossen, und Schlepper sind weiter aktiv.

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Neues Jahr, neue Flüchtlingsdebatte: Obwohl seit Frühjahr 2016 die Balkanroute geschlossen ist, steigt die Zahl der Flüchtlinge weiter.

Täglich werden im Grenzgebiet zu Deutschland neue Asylsuchende entdeckt, rund ein Drittel davon wird wieder zurückgeschickt. Meistens werden die Menschen in Klein-LKWs von Schleppern aufgegriffen.

Bei der Polizei Bayern spricht man von etwa 10 Zurückweisungen pro Tag.

Oberösterreich: Etwa fünf Rückführungen am Tag


Zumindest hat sich der Flüchtlingshotspot von Oberösterreich nach Salzburg verlagert. Andreas Pilsl, Landespolizeidirektor in Oberösterreich: "Derzeit sind wir bei rund fünf Rückführungen am Tag. Das ist handelbar für uns."
Insgesamt ist die Zahl in Österreich deutlich zurückgegangen, wie Peter Webinger – Leiter für Asyl im Innenministerium - in der ORF-Sendung "Report" am Dienstag bestätigte: "Derzeit haben wir 80 Asylanträge pro Tag. Im Rekordjahr 2015 hatten wir 90.000 Asylanträge, 2016 nur mehr 42.000. Das Alltime-High in der Vergangenheit stammt aus 2002 mit 40.000 Anträgen aus der russischen Föderation. In den Jahren danach sanken die Zahlen auf etwa 20.000."

Dennoch liege man aktuell deutlich über den Werten vor 2015. Dass mit den 40.000 im Jahr 2016 die beschlossene Obergrenze von 37.500 Asylwerbern überschritten worden sei, stimme nicht. Hier seien Fälle mitberechnet worden, für die auch anderen Länder zuständig seien, erklärte Webinger.

Letztes Jahr habe es rund 36.000 Fälle gegeben, für die ausschließlich Österreich zuständig gewesen sei.


Hotspot mittlerweile an der Salzburger Grenze


Der Hotspot für Flüchtlingsübertritte hat sich zuletzt auf die Grenze von Salzburg verschoben, nach Rosenheim/Kiefersfelden. Die Aufgriffe sind von 38.000 Menschen 2016 auf 1.200 dieses Jahr zurückgegangen. Wegen der vielen Rückweisungen bildete man in Passau ein Polizeikooperationszentrum. Die Zusammenarbeit zwischen Österreich und Deutschland funktioniert gut.
Wie viele Menschen illegal in Österreich seien, könne man nicht beantworten, so Webinger, weil man die Menschen auch nicht kenne: "Das ist ein Paradoxon darüber zu diskutieren."

Er tritt jedenfalls dafür ein Asylanten auch wieder zurückschicken zu können: "Eine glaubwürdige Migrationspolitik lebt davon, dass man Menschen außer Landes bringt. Auch zwangsweise." 2016 seien 11.000 Menschen außer Landes gebracht worden. 6.000 davon freiwillig und 2.500 zwangsweise.
Ist eine Feststellung des Herkunftslandes nicht sofort möglich, sind zunächst bis zu 10 Wochen Schubhaft möglich. Eine Rückführung ist aber kompliziert, da die Herkunftsländer nicht immer kooperieren. Zu den Vorschlägen der Politik, wie die Kürzung der Entwicklungshilfe, sagte Webinger: "Wir versuchen mit Instrumenten, die vor der Globalisierung entwickelt wurden, gegenzusteuern und wundern uns, dass es nicht funktioniert."


Schlepper profitieren von geschlossenen Grenzen


Jedenfalls ist sicher: das Schleppergeschäft blüht nach wie vor.

Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung Schlepperkriminalität: "Die Balkanroute ist nicht völlig geschlossen, sondern sehr verlangsamt. Schlepper bringen die Flüchtlinge auch per Zug oder LKW über die Grenze."

Auch Christoph Pinter von der UNHCR Österreich gibt zu, dass es für die Schlepper nicht wirklich schwieriger geworden ist. Von geschlossenen Grenzen würden Schlepper enorm profitieren.

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