Im ORF-Sommergespräch ist diesmal Grünen-Chefin Eva Glawischnig bei Susanne Schnabl zu Gast. Offenbar aufgrund der bevorstehenden Bundespräsidentenwahl gibt es keine Kritik an anderen Parteien. Nur an der FPÖ. Aber im Lager von Norbert Hofer wird man ohnehin nicht auf Stimmenjagd gehen.

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Welche Themen werden angesprochen?

Im Fokus des Sommergesprächs mit Eva Glawischnig steht - wie in so vielen aktuellen politischen Debatten - die Flüchtlingsthematik. Vor allem, wie es gelingen soll, anerkannte Flüchtlinge am österreichischen Arbeitsmarkt zu integrieren.

Zudem spricht die Grünen-Chefin über die Entwicklungen in der Türkei und die Rolle ihres Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. "Die Menschenrechte in der Türkei sind abgeschafft worden. Unsere Kritik an Erdogan war sehr deutlich", sagt Eva Glawischnig.

Innenpolitische Themen werden hingegen lediglich am Rand beleuchtet. Die Präsidentschaftswahl kommt dabei ebenso vor wie die Schwäche der Grünen, Wählerstimmen in ländlichen Gebieten zu erobern.

Auf die Frage nach Doppelstaatsbürgerschaften für türkischstämmige Österreicher, die hier geboren sind, erklärt Glawischnig: "Ich kann mich für eine Fußball-Mannschaft begeistern, die in Frankreich, in Spanien oder in der Türkei zu Hause ist. Ich finde, es gibt bestimmte Freiheitsrechte."

Überraschenderweise gar kein Thema ist die aktuelle Wahl des ORF-Generaldirektors: Sie kommt überhaupt nicht zur Sprache.

Worum geht es Eva Glawischnig?

Die aktuellen Themen wie Flüchtlingskrise, Terrorgefahr, Demokratiedefizite in der Türkei und Arbeitslosigkeit sind nicht gerade Spezialgebiete der Grünen.

Eva Glawischnig ist sichtlich bemüht, das Gespräch auf andere Bereiche wie den Klimaschutz und die Vorteile öffentlicher Verkehrsmittel zu lenken. Ihr geht es vor allem darum, das Profil der Grünen als potenzielle Regierungspartei zu schärfen.

Und Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen den Rücken zu stärken. "Seit dem Start mit den neuen Regierungsmitgliedern und auch mit dem neuen Bundeskanzler habe ich gesagt, diese Regierung verdient sich eine Chance", sagt Glawischnig, die als Oppositionspolitikerin sehr milde mit SPÖ und ÖVP umgeht. Ebenso betont Glawischnig die gute Arbeit der Grünen in den Ländern, wo es mehrere Regierungsbeteiligungen gebe.

Dialog des Abends

Susanne Schnabl konfrontiert Glawischnig damit, dass die FPÖ bezüglich der aktuellen negativen Entwicklungen oft recht behalten habe. Sie will wissen, ob die jüngsten Terrorattacken die Wahlchancen für Alexander Van der Bellen verschlechtern könnten.

Die Bundesobfrau der Grünen weicht auf diese Frage hin mehrmals aus, bevor sie schließlich betont, dass vor allem in Zeiten der Unsicherheit die Besonnenheit eines Alexander Van der Bellen gefragt sei.

Und sie lässt sich in diesem Zusammenhang zu einem ihrer wenigen Angriffe an diesem Abend hinreißen: Die FPÖ zündle und sei für einen EU-Austritt. "Strache und Hofer haben gemeinsam das Wort Öxit erfunden", kritisiert Glawischnig.

Größter Aufreger

Es gibt keinen. In Wahlkampfzeiten hätte es womöglich einen großen Aufreger gegeben. So aber sehen die Zuseher ein sachliches Gespräch. Ein kleiner Fehler passiert Glawischnig, als ihr in einem ORF-Einspieler drei ihrer Wählerinnen und Wähler vorgestellt werden: zwei Pensionistinnen und ein junger Mann.

"Ich finde alle drei entzückend", meint die Grünen-Chefin nach dem kurzen Beitrag. Ein falsches Wort, das ihre Gegner als "grüne Überheblichkeit" hochstilisieren könnten.

Bewegend sind Glawischnigs Hinweise auf die Situation in Syrien. Sie fragt Susanne Schnabl, ob sie als Ärztin im Kriegsgebiet arbeiten würde. Denn dort werden Mediziner zur Zielscheibe von Bombenangriffen, um die Gesundheitsversorgung der Zivilbevölkerung abzustellen.

Wie schlägt sich Susanne Schnabl?

Sehr gut. Die ORF-Journalistin agiert souverän und wirkt gut vorbereitet. Sie hakt kritisch nach, bleibt sehr sachlich und lenkt das Gespräch in die von ihr vorgesehenen Bahnen: Sie lässt kaum zu, dass Glawischnig die Themen bestimmt, wie es anderen Politikern bei Diskussionen schon gelungen ist.

Schnabl unterbricht Glawischnig nicht, die an diesem Abend aber eher kurze Antworten gibt.

Das Wesentliche des Sommergesprächs

"Eva Glawischnig hat so allgemein wie möglich agiert, um Alexander Van der Bellen nicht zu schaden", analysiert der Politikexperte Peter Filzmaier im ORF. Die Grünen-Chefin verzichtet weitestgehend darauf, andere Parteien schlechtzumachen.

Die bevorstehende Bundespräsidentenwahl und ein möglicher Sieg Van der Bellens scheinen ihr momentan viel wichtiger zu sein als die nächsten Nationalratswahlen.

Auch wenn Van der Bellen formal ein unabhängiger Kandidat ist, wäre er in seiner Rolle als Bundespräsident ein großer Gewinn für die Grünen. Der Präsidentschaftskandidat hat mehrmals ausgeschlossen, eine Regierung mit einem FPÖ-Bundeskanzler anzugeloben.

Die Grünen würden sich auf diesem Weg als Regierungspartei ins Spiel bringen. Für Glawischnig bestand die Hauptaufgabe beim Sommergespräch also darin, nichts zu sagen, was Alexander Van der Bellen schaden könnte.

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