Es ist eine reine Männerrunde gewesen - mit Ausnahme von Puls4-Moderatorin Corinna Milborn: Die #metoo-Bewegung war am Montagabend das Diskussionsthema bei "Pro & Contra". Intime Geschichten aus der Jugend kamen zur Sprache, und Promi-Anwalt Manfred Ainedter vertrat einen umstrittenen Standpunkt: Er nahm Peter Pilz in Schutz.

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Was bewegt Männer dazu, eine Frau einfach zu begrapschen? Welches Frauenbild steckt dahinter? Diesen Fragen ging am Montagabend die "Puls 4"-Sendung "Pro & Contra" nach.

In einer reinen Männerrunde diskutierten Alkbottle-Sänger Roman Gregory, "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk, Rechtsanwalt Manfred Ainedter, Anthropologe Christian Berger, Psychologe Romeo Bissuti und Soziologe Kenan Güngör miteinander.

Zu Beginn des "Puls 4"-Formats, das von Corinna Milborn moderiert wurde, erzählte Roman Gregory, dass er mit 15 Jahren aus der Schule geflogen sei, weil er und seine Freunde in einer Pause Mädchen entkleidet hätten.

"Damals war Testosteron der Haupttäter", so Gregory. Und es sei vorrangig "ein Spiel" gewesen, denn die Mädchen hätten sich hierfür allesamt freiwillig gemeldet. Der Alkbottle-Sänger wurde ob der Vorkommnisse der Schule verwiesen und musste auch den Gang zum Schulpsychologen antreten.

Dass er damals solche Dinge tat, führt Gregory auf das veraltete Frauenbild seines Vaters zurück. "Mein Vater war ein richtiger Patriarch, der mir ein ganz bestimmtes Frauenbild vorgelebt hat."

"Geschichten wie jene von Roman Gregory sind alles andere als ein Einzelfall", so Psychologe Romeo Bissuti. Die Vorstellungen von Grenzen und Respekt seien ihm zufolge in diesem Alter noch nicht ausgebildet.

"Umso wichtiger ist es, in diesem Alter bereits zu intervenieren." Kinder und Jugendliche müssten zwischen "gutem Spaß" und "schlechtem Spaß" unterscheiden können. "Diese Sensibilisierungsarbeit braucht es unter Jugendlichen."

Manfred Ainedter über "#metoo": "Frauen, die es wirklich betrifft, kommen zu kurz"

Laut Rechtsanwalt und Karl-Heinz Grasser-Advokat Manfred Ainedter gibt es die Diskussion rund um sexuelle Belästigung "doch bereits seit Jahrzehnten". "Und plötzlich ist es so ein Problem. Was mich dabei stört: Die Frauen, die es wirklich betrifft, kommen zu kurz", kritisierte Ainedter.

"Frauen hatten aber früher nicht die Möglichkeit, Fälle von sexueller Belästigung zum Thema zu machen", meinte daraufhin Anthropologe Christian Berger. "Aber wem nützt das?", wollte Ainedter wissen. Er habe bereits zahlreiche Fälle dieser Art vertreten. Betroffene hätten keine Möglichkeit, sich vernünftig zur Wehr zu setzen, sagt er.

"Das Gutachten der Gleichbehandlungskommission fällt dann bei Gericht häufig wie ein Kartenhaus in sich zusammen", so der Anwalt. Der Fall "Peter Pilz" gebe ihm besonders zu denken. Ainedter: "Er wurde innerhalb einer Woche vom großen Aufdecker der Nation zu einer Persona non grata – ohne die Möglichkeit, sich zu wehren."

Florian Klenk: "Viele Männer sind verunsichert"

Von "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk wollte Corinna Milborn wissen, ob man als Mann jetzt vor allem Angst hätte, verurteilt zu werden und sich dagegen letztlich nicht wehren zu können?

Klenk: "Viele Männer wissen jetzt nicht mehr, ob ein Witz passt oder ein Blick genehm ist oder es dazu führen könnte, dass man öffentlich 'hingerichtet' wird."

An der #metoo-Bewegung sei für ihn das Zuhören das Wichtigste. Zudem gebe es derzeit eine Art Gegenbewegung. "In den letzten 20 Jahren machten die Frauen eine Vorwärtsbewegung. Sie wurden sichtbarer und gelangten zunehmend in Führungspositionen. Viele Männer kommen damit nicht zurecht", so der Falter-Chefredakteur.

Ainedter zur Causa "Pilz": "Die Schilderungen der Zeugen kommen mir komisch vor"

Auch zum Thema "Pilz" äußerte sich Klenk: Ihm zufolge hätte ein moderner Politiker wegen der schwerwiegenden Vorwürfe, die das Leben zweier Frauen massiv betreffen, öffentlich dazu nicht Stellung bezogen. Ainedter, an sich kein großer Fan von Pilz, verteidigte diesen am gestrigen Abend: "Die Geschichte mit dem 'Forum Alpbach' ist vier Jahre her. Die Schilderungen der Zeugen kommen mir schon sehr merkwürdig vor."

"Sie reden die Sache klein", konterte Romeo Bissuti. Es gelte, den Frauen in solchen Angelegenheiten zuzuhören. Ainedter: "Ich habe natürlich eine juristische Sicht auf die Dinge. Der Gesetzgeber kann das menschliche Zusammenleben nicht regeln – das gilt für die Ehe, eine Eltern-Kind-Beziehung et cetera. Im Ehegesetz steht, 'Partner haben die Ehe nach ihren beiden Bedürfnissen und dem Wohl der Kinder zu regeln'. Das sagt gar nichts aus."

Soziologe Kenan Güngör widersprach dem: "Gerade in den letzten 50 Jahren wurden soziale Beziehungen extrem verrechtlicht. Auch Klenk widersprach Ainedter: "Dass das Recht nicht die privaten Beziehungen gestalten kann, stimmt nicht." Hier habe sich enorm viel getan. "Auch das Eherecht hat sich verändert", so Klenk.

Warum grapschen Männer eigentlich?

"Wie kommt es dazu, dass Männer sich mitunter ermächtigt fühlen, zu grapschen?", wollte Corinna Milborn am Ende der Diskussion noch wissen.

"Männlichkeit konnotiert sehr stark mit Macht und Dominanz, während Weiblichkeit häufig mit Schwäche assoziiert wird", erklärte Kenan Güngör. Auf der anderen Seite gebe es eine psychodynamische Ebene. "Wir Männer sind von der Aufmerksamkeit der Frauen abhängig. Je mehr wir abgelehnt werden, umso größer wird der Frust", so der Soziologe.

Auch Roman Gregroy wurde einmal sexuell missbraucht

Zum Schluss erzählte Roman Gregory, dass auch er als Elfjähriger in einem Cluburlaub in Tunesien sexuell missbraucht wurde. "Ein Koch aus dem Club hat mich im Meer unter Wasser getaucht und mir den Finger in den After gesteckt", so der Alkbottle-Sänger.

Aus Scham habe er diese Geschichte dann 15 Jahre verdrängt. Und weiter offenbart er: "Erst im Rahmen eines Meditationskurses habe ich sie unter Tränen noch einmal durchlebt".

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