Die Bundeskanzlerin fordert in der Sendung von Anne Will mehr Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Merkel gibt sich entschlossen statt amtsmüde. Sie kritisiert die Lockerungspläne im Saarland – und das Vorgehen von Armin Laschet.

Eine Kritik
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Sie müsse ihre Politik besser erklären. Diese Forderung hat Angela Merkel in der vergangenen Woche wahrscheinlich häufig gehört. Schließlich scheint der krisengestählten Bundeskanzlerin gerade das Management der Coronakrise zu entgleiten: Mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hat sie sich nur mühsam auf eine Oster-Ruhe einigen können, die sie kurze Zeit später schon wieder zurücknehmen musste. Für dieses Hin und Her hat sie die Bürgerinnen und Bürger gar um Verzeihung gebeten.

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Eine besondere Woche in Merkels Kanzlerschaft endet daher am Sonntagabend mit einem besonderen Auftritt: Sie sitzt als einziger Gast im Fernsehstudio bei Anne Will. Eine Stunde hat Merkel Zeit, ihre Politik zu erklären. Sie nutzt die Gelegenheit allerdings auch, um ihren Kollegen in den Ländern ein Ultimatum zu stellen.

Ausgangsbeschränkungen und schärfere Pflicht zum Home Office

"Wir brauchen nochmal mehr Maßnahmen", sagt Merkel. Die Virus-Mutationen hätten dem Land eine neue Pandemie beschert. "Wir müssen die dritte Welle brechen. Die Instrumente dazu sind im Moment noch nicht ausreichend da." Die Kanzlerin ist der Meinung: Jetzt sind die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten in der Pflicht, weitere Maßnahmen umzusetzen. Merkel nennt nächtliche Ausgangssperren und weitere Kontaktbeschränkungen – wobei sie beim zweiten Punkt nicht ins Detail geht. Zudem müsse die Pflicht zum Home Office konsequenter umgesetzt werden.

Und wenn die Länder nicht mitziehen? Dann bliebe Merkel zufolge der Wege über die Bundesgesetzgebung: Sie könnte sich dafür einsetzen, dass Bundestag und Bundesrat das Infektionsschutzgesetz ändern. Im Bundesrat wäre sie allerdings auch dafür auf die Mitarbeit der Länder angewiesen. Die Kanzlerin betont deshalb immer wieder, dass man nur gemeinsam zum Ziel komme. "Wir haben schon eine ganze Menge miteinander gewuppt. Aber jetzt ist nochmal eine sehr kritische Zeit."

Söder wirbt für mehr Kompetenzen in Bundeshand im Kampf gegen die Pandemie

Markus Söder stärkt Angela Merkel den Rücken: Auch der bayerische Ministerpräsident plädiert im Zweifel für mehr Kompetenzen in Bundeshand. Vorschaubild: imago images/Sven Simon

Anne Will bezieht klare Position

Wem Merkels Haltung bisher zu lax war, den wird die Kanzlerin mit diesem Auftritt nicht besänftigt haben. Auf die Frage von Anne Will, wie viele Tage sie noch warten wolle, bis sie aktiv werde, will Merkel keine konkrete Antwort geben. Trotzdem lässt sich die Botschaft der Kanzlerin durchaus als Warnung an die Länder verstehen: Jetzt seid ihr an der Reihe - und wenn ihr nichts macht, dann muss ich das eben tun. Ihr Amtseid verpflichte sie dazu, das Infektionsgeschehen einzudämmen, betont Merkel.

Auch die Moderatorin positioniert sich klar auf dieser Linie. Anne Will versucht gar nicht erst, verschiedene Positionen einzunehmen, mal nach Verschärfungen, mal nach Lockerungen zu fragen. Sie stellt sich auf die Seite der Bürgerinnen und Bürger, denen die aktuellen Maßnahmen nicht weit genug gehen. Das ist konsequent. Allerdings kommt dadurch die Lage all jener Menschen und Wirtschaftsbranchen kaum zur Sprache, für die die Kontaktbeschränkungen und Schließungen längst zu einer riesigen Belastung geworden sind.

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Kritik an Plänen im Saarland – und an Armin Laschet

Zwei CDU-Ministerpräsidenten dürften keine besondere Freude an dieser Sendung gehabt haben. Erstens der Saarländer Tobias Hans, der am Donnerstag mitten in der dritten Welle verkündet hatte: Sein gesamtes Bundesland soll "Modellregion" werden. Sprich: Der Lockdown soll nach Ostern enden, die Saarländerinnen und Saarländer im Gegenzug regelmäßig getestet werden.

Das wird nichts – so lässt sich Merkels Reaktion auf die Pläne aus Saarbrücken zusammenfassen. "Leider ist die Fallzahl nicht stabil und damit ist die Grundlage nicht gegeben", sagt die Kanzlerin. Man habe gemeinsam beschlossen, dass diese Modelle nur bei sinkenden Fallzahlen möglich seien. Auch im Saarland würden die Zahlen aber wieder steigen. "Deshalb ist es nicht der Zeitpunkt, sowas jetzt ins Auge zu fassen." Auch die viel diskutierten Modellprojekte in Tübingen und Rostock sieht Merkel offenbar kritisch – schließlich würde auch dort die Inzidenz steigen. "Testen alleine mit Öffnen wird uns dieses Problem nicht lösen", ist die Kanzlerin überzeugt.

Auch Armin Laschet holt sich im übertragenen Sinne ein blaues Auge. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und neue CDU-Vorsitzende würde gerne für die Union ins Kanzleramt einziehen. In der Pandemie versucht er sich eher mit Lockerungen statt mit strengen Maßnahmen zu profilieren. Die Notbremse wegen hoher Infektionszahlen will Laschet statt auf Landes- oder Kreisebene nur in bestimmten Kommunen ziehen. Merkels Kommentar dazu: So habe sie sich die Notbremse nicht gedacht. "Das erfüllt mich nicht mit Freude. Das Land hat eine Umsetzung gewählt, die zu viel Ermessensspielraum mit sich bringt."

Angela Merkel bei "Anne Will": "Entschlossenes Gefühl" statt Amtsmüdigkeit

Der unklare Kurs in der Pandemiebekämpfung hat inzwischen die Umfragewerte der CDU abstürzen lassen. Das hat auch mit der Affäre um Unionsabgeordnete zu tun, die mit Deals zur Schutzmaskenbeschaffung Geld gemacht haben. "Völlig inakzeptabel und empörend" nennt Merkel diese Vorfälle.

Es wirkt allerdings nicht so, dass die Zukunft ihrer Partei ihre Merkels größte Sorge ist. Die Union habe keinen Rechtsanspruch auf das Kanzleramt, stellt Merkel klar. "Ich möchte natürlich mit dazu beitragen, dass die Union erfolgreich sein kann", sagt sie etwas halbherzig zu den Wahlchancen bei der Bundestagswahl im Herbst, bei der sie nicht mehr antritt.

Wichtiger ist Merkel offenbar, dass die Pandemiebekämpfung jetzt konsequenter umgesetzt wird. Amtsmüde wirkt sie an diesem Abend jedenfalls nicht. Ihr letzter Satz lautet: "Im Augenblick habe ich ein entschlossenes Gefühl, die Aufgabe, die jetzt gerade wieder mit der dritten Welle vor uns liegt, zu bewältigen."

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