Peter Pilz soll eine Geldstrafe zahlen, weil er Informationen öffentlich gemacht hat, die geheim hätten bleiben sollen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der frühere Nationalratsabgeordnete Peter Pilz ist am Montag wegen verbotener Veröffentlichung (Paragraf 301 StGB) zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 3.600 Euro verurteilt worden - 2.400 davon wurden bedingt verhängt. Im Zentrum des Verfahrens stand die sogenannte Spitzelaffäre aus dem Jahr 2000 bzw. Informationen, die Pilz später über ein Disziplinarverfahren weitergegeben hatte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Einen Freispruch setzte es im Anklagepunkt Üble Nachrede. Pilz war beschuldigt worden, der Behörde vorgeworfen zu haben, bei einer Abschiebung einen "amtlichen Mordversuch" begangen zu haben. Richter Gerald Wagner befand, dass das Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen die Kritik habe aushalten müssen.
Pilz legt gegen Urteil Berufung ein
Pilz, der sich in keinem der Punkte schuldig bekannt hatte, will gegen die Entscheidung berufen. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.
In dem Verfahren ging es unter anderem um Anklagepunkte, die bis zu 24 Jahre zurückliegen. Sie wurden jetzt verspätet verhandelt, weil Pilz zunächst als Mandatar für die Grünen und später für die von ihm gegründete Liste JETZT parlamentarische Immunität genossen hatte. Erst nach seinem Ausscheiden aus der Politik wurden die Ermittlungen wieder aufgegriffen.
In der sogenannten Spitzelaffäre ging es um angeblich von der FPÖ beauftragte verbotene Datenabfragen aus dem Polizei-Computer. Dabei hatte Pilz im Oktober 2000 ebenso aus der Amtsverschwiegenheit unterliegenden Disziplinarakten zitiert wie acht Jahre später im Zusammenhang mit Ermittlungen zum Fall Natascha Kampusch.
Da präsentierte Pilz der Öffentlichkeit ein Erkenntnis der beim Innenministerium eingerichteten Disziplinarkommission. Das sei kein Rechtsbruch, sondern Teil seiner Arbeit als parlamentarischer Abgeordneter gewesen, hatte Pilz zum Prozessauftakt ausgeführt. Mandatare könnten ihrer Arbeit nicht nachgehen, wenn sie "Knebeln" wie dem Beamtendienstrecht unterstellt sein würden.
Richter sieht Amtsverschwiegenheitspflicht auch für Abgeordnete
Der Richter sah dies jedoch anders. Die Bestimmungen würden für alle gelten. Dies sei zu vergleichen mit einem Vergewaltigungsprozess, bei dem die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden sei. Über diesen zu berichten, sei ebenfalls niemandem gestattet.
Die inkriminierte üble Nachrede bzw. Beleidigung fußte auf einer Anzeige, die das damals von Herbert Kickl (FPÖ) geführte Innenministerium gegen Pilz erstattet hatte, weil man sich im April 2018 von einer Presseaussendung verunglimpft sah. Pilz hatte in dieser die Abschiebung eines afghanischen Flüchtlings als "amtlichen Mordversuch" bezeichnet und den Behörden unterstellt, diese würden den Mann "seinen Henkern und seinen Steinigern in Afghanistan" ausliefern. Pilz hat vor Gericht beim Prozessauftakt vor einigen Monaten versichert, dass sich dies auf die "akute Gefährdung" des Asylwerbers bezogen habe.
Das Erkenntnis, mit dem der Mann in Schubhaft genommen und in weiterer Folge außer Landes gebracht worden war, sei später auch als rechtswidrig aufgehoben worden, gab Pilz zu bedenken. Auch der Asyl-Akt des Afghanen wurde beigeschafft, zumal Pilz dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vorgeworfen hatte, man habe "vorsätzlich eine vor Unwahrheiten strotzende Niederschrift produziert" und "entscheidende Fakten verfälscht", um den Mann abschieben zu können.
Pilz: "Halte dieses Urteil für gefährlich"
Am heutigen zweiten Prozesstag wurde vor allem aus den beigeschafften damaligen Akten vorgelesen. Eine Befragung des Asylwerbers, der inzwischen in Deutschland leben soll, wurde vom Richter abgelehnt. Die Verlesungen seien ausreichend, zeigte er sich überzeugt. Der Richter befand letztendlich, dass die Kritik von Pilz erlaubt war: "Das muss das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aushalten".
Die Grenzen seien bei Behördenkritik weiter gefasst als bei Vorwürfen gegen Private, erläuterte er. Und er ortete auch selbst im damaligen Verfahren Vorgänge, die für ihn darauf hindeuten, dass aus "politischen Gründen" gezeigt werden sollte, dass man Abschiebungen durchführe.
"Ich halte dieses Urteil für gefährlich", so Pilz im Anschluss an das Urteil im Gespräch mit Journalistinnen und Journalisten. "Man wollte zeigen, dass man einfach abschieben kann", meinte auch er. Pilz verwies auf die politische Verantwortung des damaligen Innenministers Herbert Kickl.
Zu dem Schuldspruch meinte Pilz, man habe "im öffentlichen Interesse veröffentlicht" und Informationen aus dem Disziplinarverfahren herausgegeben. Es sei ein "Fehlurteil", das der ÖVP zugutekäme und bei dem "das System Pilnacek" seine Finger im Spiel gehabt habe.
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Schon bei seinen Schlussworten im Verfahren hatte Pilz wissen lassen, dass er von einem "Angriff der Staatsanwaltschaft" auf ihn ausgehe. Ein Paragraf werde hier politisch missbraucht, die Kontrollrechte von Abgeordneten wolle man so einschränken. Man wolle an ihm, so zeige er sich überzeugt, ein Exempel statuieren.
Der Richter zog dies in Zweifel. Er glaube nicht, dass die Staatsanwaltschaft oder gar die Justizministerin (die ehemalige Abgeordnete der Liste Pilz, Alma Zadić, Anm. d. Red.) ihn verfolgen wolle, meinte er in der Urteilsbegründung.(APA/bearbeitet von ank)
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