Der gewaltsame Tod des amerikanischen Studenten Otto Warmbier in Nordkorea strapaziert die ohnehin belasteten Beziehungen zwischen Nordkorea und den USA noch weiter. Droht eine Eskalation? Ein Experte erklärt, welche Folgen der Fall Warmbier haben könnte.

Ein Interview

Er wollte in einem nordkoreanischen Hotel nur ein Propagandaplakat mitnehmen, nun ist der US-Student Otto Warmbier tot.

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Nach 17-monatiger Haft – davon 15 Monate im Koma – starb der 22-Jährige eine Woche nach seiner Rückkehr in die USA.

Donald Trump sprach den Eltern Warmbiers sein Beileid aus und prangerte in einer Erklärung die "Brutalität des nordkoreanischen Regimes" an. Andere Republikaner fordern direkte Konsequenzen.

Der Ostasien-Experte Rüdiger Frank erklärt, welche politischen Folgen der Fall haben könnte und warum er Dialog für die weiterhin beste Lösung hält.

Herr Frank, Nordkorea behauptet, Otto Warmbier sei als Folge einer schweren Lebensmittelvergiftung ins Koma gefallen. Wie sicher ist es überhaupt, dass das Regime von Kim Jong-un dem Amerikaner gesundheitliche Schäden zugefügt hat?

Frank: Das werden wir nach 16 Monaten kaum erfahren können, es ist aber auch nicht relevant. Hätte man ihn nicht auf diese Weise bestraft, dann wäre es nicht zu seinem völlig sinnlosen Tod gekommen.

Nordkorea muss sich umgehend entschuldigen und dann seinen zukünftigen Umgang mit solchen Fällen gründlich überdenken und revidieren. Warum hat man ihn nicht einfach ausgewiesen und eine hohe Geldstrafe verhängt?

Wie brisant ist der Fall außenpolitisch betrachtet?
Präsident Trump hat bisher die Menschenrechte in Nordkorea nicht übermäßig betont. Das dürfte sich jetzt ändern.

Falls Nordkorea sich nicht schnellstens und halbwegs glaubwürdig entschuldigt, dann wird der Tod von Otto Warmbier das Land noch weiter isolieren und gegebenenfalls die USA zu drastischen Reaktionen veranlassen.

Wäre aus Sicht der USA eine rote Linie überschritten, sofern Nordkorea direkt für Warmbiers Tod verantwortlich ist?

Natürlich, nur wird sich das nicht konkret nachweisen lassen. Hier gibt es also Interpretationsspielraum. Die Haltung der amerikanischen Öffentlichkeit ist hier wichtig, denn im Weißen Haus sitzt ein Populist.

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen der verschärften Rhetorik Trumps gegenüber Nordkorea und der Eskalation im Fall Warmbier?

Nein. Herr Warmbier ist ja noch unter Obama ins Koma gefallen – und Nordkorea hat das verheimlicht.
In US-Medien ist von einer Verschärfung von Sanktionen die Rede, etwa gegen chinesische Firmen, die Nordkoreas Raketen- und Nuklearprogramm unterstützen. Welche weiteren Maßnahmen wären möglich?

Es wäre sehr ungewöhnlich, wenn die USA ihre schon bestehende scharfe Reisewarnung nicht in ein Reiseverbot umwandeln würden. Auch die Ausweitung der internationalen Sanktionen auf den Tourismus ist denkbar.

Welche Mittel – abgesehen von einer militärischen Intervention – haben die USA und der Westen überhaupt noch, um Nordkorea beizukommen? Die Sanktionen sind ja heute schon recht ausgedehnt.

Was Sanktionen angeht, so hat der Westen seine Mittel fast ausgeschöpft. Man könnte noch über eine völlige Isolierung des Regimes nachdenken, also ein Verbot aller Reisen und jeglicher Teilnahme an internationalen Ereignissen wie Sportveranstaltungen.

Nur fragt sich, ob das zu einer Lösung oder eher zu einer Verschärfung der Probleme führen würde. Ich plädiere weiter für den Dialog. An dessen Anfang muss aber eine offizielle Entschuldigung Nordkoreas für den Tod von Otto Warmbier stehen.

Prof. Rüdiger Frank ist Vorstand des Instituts für Ostasienwissenschaften an der Universität Wien. Der Ökonom und Ostasienwissenschaftler forscht schwerpunktmäßig zu Nordkorea. 2014 erschien sein Buch "Nordkorea: Innenansichten eines totalen Staates" (Deutsche Verlags-Anstalt).
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