Ausschreitungen bei Demonstrationen in Wien, Angriffe auf Vorlesungen und Theaterstücke, Brandstiftung eines Asylheims: In Österreich haben rechtsextreme Übergriffe zugenommen. Eine Reportage der ORF-Sendung "Thema" gibt einen Überblick über die Geschehnisse der vergangenen Wochen.
Demonstrationen und Übergriffe in Wien und Klagenfurt
Am vergangenen Samstag, den 11. Juni, trafen in Wien 1.000 rechte Demonstranten auf ebenso viele linke Gegendemonstranten. "Refugees go home" skandierten die einen, "Refugees are welcome here" die anderen. Dazwischen befanden sich 1.000 Polizisten.
Steine, Eisenstangen und Flaschen wurden geworfen – laut Polizei allerdings von der linken Seite. Die Beamten griffen zu Pfefferspray. Es gab sieben Festnahmen und dreizehn Verletzte, darunter vier Polizisten.
Am 9. Juni hatten rechtsextreme Identitäre eine Vorlesung über Asyl an der Klagenfurter Universität gestürmt, wo auch Flüchtlinge mit Kindern anwesend waren. Als Rektor Oliver Vitouch die Störenfriede hinauswerfen wollte, erhielt er einen Schlag in die Magengrube.
"Nach dem, was ich am Donnerstag erlebt habe, geht von denen ganz sicher eine Gefahr aus", erklärt Vitouch und bezeichnet die Aktion als "verstörend".
Er will den Vorfall weder dramatisieren noch verharmlosen, aber es fällt ihm schwer, "im Sinne von 'Wehret den Anfängen!' nicht auch Parallelen zu den Dreißigerjahren zu sehen."
Schon im April hatten Identitäre eine Theateraufführung des Stücks "Die Schutzbefohlenen" von Elfriede Jelinek an der Universität Wien gestürmt und Kunstblut in die Menge gespritzt. Die weiteren Aufführungen des Stücks standen unter Polizeischutz, zuletzt am Mittwoch im Wiener Rathaus.
Angriff auf Altenfeldener Flüchtlingsheim
Der schwerste Übergriff fand am 1. Juni in Altenfelden statt, wo ein Asylheim niederbrannte. Das für 48 Flüchtlinge ausgelegte Heim war noch unbewohnt. Bei Untersuchungen wurde festgestellt, dass es sich um Brandstiftung handelt.
Schon im Vorfeld hatte es Proteste gegen das Heim gegeben. Eine Unterschriftenaktion sorgte dafür, dass es an anderer Stelle als geplant gebaut wurde.
Bürgermeister Klaus Gattringer erklärt im Gespräch mit "Thema", dass das Grundstück nicht der Gemeinde und auch nicht ihm privat gehöre und das Heim vom Roten Kreuz gebaut worden sei - sein Mitspracherecht also entsprechend eingeschränkt war. Nur der Kanal und die Wasserleitungen hätte die Gemeinde zur Verfügung gestellt.
"Wenn der Bürgermeister schon pessimistisch ist und meint, er wird den Kanal blockieren oder sonstwas, kann die Integration nicht funktionieren", erklärt Gattringer. Er sei davon ausgegangen, dass es mit dem Heim - sobald es bezogen gewesen wäre - wie in anderen Gemeinden keine Probleme gegeben hätte.
Gottfried Mitterlehner, Leiter des Landeskriminalamts Oberösterreich, erklärt im Interview, dass das Feuer an zwei voneinander unabhängigen Stellen an der Westseite des Gebäudes gelegt worden sei.
Ein Brandbeschleuniger sei nicht festgestellt worden, was aber nicht bedeuten muss, dass es keinen gegeben habe. Ein Pendler hatte das Feuer bemerkt und der Feuerwehr gemeldet.
Keine Spur von den Tätern
Trotz Befragung von bislang 200 Personen hat die Polizei bislang keine Spur des Täters oder der Täter. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat auch eine regionale rechtsradikale Gruppierung untersucht, aber ohne Ergebnisse.
Brandstiftung sei schwer aufzuklären, räumen die Ermittler ein. Sie haben die Bevölkerung um Mithilfe gebeten, eine Belohnung von 5.000 Euro ist ausgesetzt. Bis Ende August soll das Altenfeldener Heim wieder aufgebaut sein.
In St. Martin, nur 10 Kilometer von Altenfelden entfernt, steht ein identisch gebautes Flüchtlingsheim, in das jetzt die ersten Familien einziehen. Das Heim steht rund um die Uhr unter Polizeischutz. Ein privater Sicherheitsdienst soll nicht eingesetzt werden.
Laut Christian Hrubes vom Roten Kreuz Oberösterreich werden die Familien darüber aufgeklärt, was in der nahegelegenen Gemeinde passiert sei. Das passiere aber vorsichtig, und die Information werde auch gerade in den verwirrenden Ankunftstagen nicht richtig aufgenommen.
Eine nüchterne Bestandaufnahme
Zwar gibt diese "Thema"-Ausgabe einen guten und sachlichen Überblick über die rechtsextremen Übergriffe und Geschehnisse der vergangenen Wochen, geht dabei aber kaum in die Tiefe.
Die Reportage traut sich nicht, Zusammenhänge zu zeichnen – abgesehen von der erschreckenden Tatsache der sich häufenden Vorfälle der jüngsten Zeit wird aus den einzelnen Ereignissen kein Gesamtbild erstellt.
Der besorgniserregende Schluss bleibt also nur der, dass rechte Übergriffe zunehmen. Diesbezüglich wäre eine Expertenstimme hilfreich gewesen, um mehr Perspektiven und Erkenntnisse über das Warum zu geben.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.