Alles dreht sich aktuell um die Asylpolitik - auch im ORF-Sommergespräch mit Reinhold Mitterlehner: Die Flüchtlingskrise in Europa müsse vor der eigenen Haustür gelöst werden, sagt der ÖVP-Chef und Vizekanzler. Überraschend bringt er dafür eine neue Person ins Spiel.

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ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ist doch noch für Überraschungen gut: Beim ORF-Sommergespräch fällt im Rahmen der Debatte um die Flüchtlingskrise fast beiläufig der Name Christian Konrad. Der ehemalige Raiffeisen-Generalanwalt soll künftig eine wichtige Rolle in der Asylpolitik spielen.

Es ist wohl kaum ein Zufall, dass sich Mitterlehner diese Personalie für das ORF-Sommergespräch aufgehoben hat. Schon am späten Montagnachmittag war durchgesickert, dass sich die rot-schwarzen Spitzen wenige Stunden zuvor auf eine gemeinsame Linie in der Asylpolitik, auf mehrere Maßnahmen in der Flüchtlingsproblematik geeinigt hatten. Dann, zur besten Sendezeit, verkündet der ÖVP-Chef und Vizekanzler schließlich den Namen des Raiffeisen-Generalanwalts, der jenen neuen Posten im Auftrag der Bundesregierung bekommen wird.

Eine "Schubumkehr im Denken"

Wie soll Österreich mit den Flüchtlingsströmen umgehen, fragt ORF-Innenpolitik-Chef Hans Bürger während der Aufzeichnung im Wiener Ringturm. "Man muss auf österreichischer Ebene in den Gemeinden beginnen", sagt der ÖVP-Chef. Daher sei es vor allem Christian Konrads Aufgabe, Quartiere für Asylsuchende zu finden - nicht nur in Gebäuden der öffentlichen Hand, sondern auch bei Privatleuten.

Eine "Schubumkehr im Denken", nennt Mitterlehner das. Es sei eine Schande, "dass man Flüchtlinge wie Material behandelt - nehmen wir sie, oder nicht". Mitterlehner ist der erste Regierungsvertreter, der in der fünften Sendung der traditionellen ORF-Gesprächsreihe vor die Kamera tritt. Und er positioniert sich klar gegen die Haltung der FPÖ: Noch eine Woche zuvor hatte Heinz-Christian Strache, der Chef der Freiheitlichen, gegen Ausländer, "Abzuschiebende" gewettert - Mitterlehner setzt solchen Polemiken nun so etwas wie einen Lösungsansatz in Gestalt von Christian Konrad entgegen.

Sachlich argumentiert er dafür, die Bürger stärker an der Integration von Flüchtlingen zu beteiligen, Ängste abzubauen. Aber er nimmt auch die EU in die Pflicht: "Jemand muss dort das Asylverfahren bekommen, wo er zunächst europäischen Boden betreten hat". Die Außengrenzen der EU müssten zudem besser geschützt werden - sich mit einem Zaun abzuschotten wie etwa in Ungarn sei aber keine Lösung.

Betont sachlich, wenig konkret

Betont sachorientiert, so hatte man Mitterlehner schon 2014 erlebt, als er den ÖVP-Vorsitz übernahm - auch wenn ihm seine Parteigenossen gern ein anderes Image geben wollten. Im Studium war der Vizekanzler auch "Django" genannt worden. Die ÖVP stilisierte ihren Hoffnungsträger daraufhin zu einer Art modernem Polit-Cowboy. Doch in diesem ORF-Gespräch wird deutlich: Mitterlehner taugt zu keinen verwegenen Schnellschüssen. Das hat zwischenzeitlich zur Folge, dass sich das Gespräch in Allgemeinplätzen und Ausweichmanövern verliert - was aber auch daran liegt, dass Bürger seinen Gesprächspartner nur selten zu konkreten Aussagen zwingt.

Wie sieht etwa das Bildungssystem der Zukunft in Österreich aus? "Entscheidend ist, dass das Kind im Mittelpunkt der Überlegungen steht", sagt Mitterlehner daraufhin. Und: Man müsse eine "gute Lösung" finden. Konkretes nennt er nicht.

Welche Zukunft gibt der Vizekanzler der Neuen Mittelschule nun? Eine Reform sei nur mit den Lehrern möglich, sagt der ÖVP-Politiker ausweichend, der schließlich auch Wissenschaftsminister ist.

Immerhin: Zum Themen Renten und Arbeitslosigkeit findet der Chef seiner selbsternannten Wirtschaftspartei doch noch markige Worte - auch gegen den Koalitionspartner SPÖ: "Es ist ein Problem, dass die SPÖ in Sachen Anhebung des Pensionsantrittsalters der Frauen gegen eine Vorverlegung ist", sagt Mitterlehner. "Wir sind das Land, das am meisten Geld aufwendet für Pensionen." Man habe lange Zeit die Arbeitslosenzahlen gedrückt, indem viele Österreicher in Frührente gegangen seien. "In diesem Punkt sind wir leichte Schwindler" In den nächsten Tagen wolle er ein neues Themenpaket vorstellen - zur Ankurbelung der Wirtschaft.

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