Ernst Strasser kann aufatmen: Vorerst bleibt ihm das Gefängnis erspart. Der Oberste Gerichtshof hat die Causa "Cash-for-Laws" an die Vorinstanz zurückgegeben.

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Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat überraschend das Urteil gegen Ernst Strasser aufgehoben. Damit wird das Verfahren gegen den Ex-ÖVP-Innenminister und ehemaligen EU-Abgeordneten neu aufgerollt. Laut OGH gab es zwar keine Verfahrensmängel, das Gericht erhebt dennoch Mängelrüge. Es gebe nur wenige Kriterien, die der OGH überprüfen könne. "Wir dürfen uns in die Tatsachen nicht einmischen. Dass Strasser 100.000 Euro gefordert hat, ist mängelfrei, das ist zweifelsfrei. Wir können nur sagen, es gibt eine Undeutlichkeit." Die Nichtigkeitsbeschwerde von Strassers Anwalt wird hingegen zurückgewiesen.

Grund für die Entscheidung ist eine Lücke im Korruptionsstrafrecht, die erst Anfang 2013 geschlossen wurde. Laut OGH wäre Strassers Verhalten heute strafbar, nicht aber damals. Demnach forderte der Ex-EU-Abgeordnete Geld als Gegenleistung für eine Änderung der fraglichen EU-Richtlinie - und nicht für den Weg dorthin. Amtsträgern konnte Bestechlichkeit zuvor nur für ein bestimmtes Amtsgeschäft vorgeworfen werden, "Anfüttern" und Ähnliches wurde erst später verboten. Das Straflandesgericht in Wien habe nicht ausreichend klargestellt, ob Strasser einen Vorteil für ein konkretes Amtsgeschäft gefordert hat.

Vor der Urteilsverkündung gab Strasser zu, falsch gehandelt zu haben. "Mir sind grobe Fehler unterlaufen, das tut mir leid. Ich habe niemanden außer meine Lebenspartnerin über die Vorgänge informiert, sonst säße ich heute nicht hier." Strasser hatte stets betont, dass er die ihm gegenüber als Lobbyisten aufgetretenen Journalisten der britischen "Sunday Times" überführen hatte wollen.

Strassers Anwalt Thomas Kralik begrüßte die OGH-Entscheidung - schon deshalb, weil das Gericht damit bewiesen habe, dass es "trotz aller medialer Vorverurteilung" nicht mehr der Stimme des Volkes folge. Laut Kralik ist die Ausgangsposition jetzt günstiger. Ob er mit einem Freispruch rechnet, ließ er nach Angaben der "Austria Presse Agentur" offen.

Ende Oktober hatte die Generalprokuratur dem OGH empfohlen, den Schuldspruch gegen Strasser beizubehalten - allerdings das Strafausmaß zu verringern. Die Behörde sah einen "Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot", wie Prokuratur-Sprecher Martin Ulrich den "Oberösterreichischen Nachrichten" sagte. Die Generalprokuratur geht von einem Amtsgeschäft aus: Strasser sei Amtsträger gewesen und habe in dieser Funktion agiert. Von Pflichtwidrigkeit sei auszugehen: Er habe völlig unkritisch und nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht gehandelt.

Vier Jahre unbedingt in erster Instanz

Ernst Strasser war in der "Cash-for-Laws"-Affäre vergangenen Jänner in erster Instanz am Straflandesgericht zu vier Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Ihm wurde Bestechlichkeit zur Last gelegt. Strasser legte umgehend Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein, über die nun der OGH entschieden hat.

Zum Verhängnis waren dem damaligen ÖVP-EU-Abgeordneten von britischen Journalisten mitgefilmte Gespräche geworden. Sie hatten sich als Lobbyisten ausgegeben und boten Strasser 100.000 Euro im Ausgleich dafür, dass er Einfluss auf EU-Gesetze nahm. Daraufhin versuchte Strasser, zwei Abänderungsanträge in der EVP-Fraktion einzubringen.

Bei unter vier Jahren Haft kann ein Teil zur Bewährung ausgesetzt werden. Bleibt weniger als ein Jahr unbedingt übrig, könnte Strasser eine Fußfessel beantragen.

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