Bundeskanzler Christian Stocker lässt sich am Samstag bei einem Bundesparteitag der ÖVP offiziell zum Parteiobmann küren.

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Am Samstag wird Christian Stocker beim Bundesparteitag der ÖVP offiziell zum Parteiobmann ernannt. In seiner Heimatstadt Wiener Neustadt haben sich ab Mittag in der in türkises Licht getauchten Arena Nova 2.000 Parteianhänger versammelt. Als prominente Gäste waren - mit Ausnahme Reinhold Mitterlehners - alle Parteichefs der vergangenen drei Jahrzehnte gekommen. In seiner Rede beschwor Stocker die Einigkeit der Partei und den Kompromiss in der Politik.

"Besonderer Tag" für Stocker

Er sprach von einem "besonderen Tag" für ihn, dass er sich in seiner Heimatstadt für die Obmannschaft bewerbe, obwohl er und die meisten anderen in der Partei dies vor wenigen Wochen noch nicht für möglich gehalten hätten. Als seine Vision gab Stocker aus: "Ein Land, in dem Leistung, Fleiß und Engagement geschätzt und respektiert werden", in dem man aufeinander schaue, aber sich nicht ausnütze, "ein Land der Wissenschaft und nicht der Verschwörungstheorie" und "ein Land, in dem das Recht vom Volk ausgeht und nicht von der Religion".

Zuvor arbeitete sich der Kanzler einmal mehr an der FPÖ und dessen Chef Herbert Kickl ab. Vorbild für Kickl sei der US-Präsident Donald Trump. "Aber ich bin kein Partner für ein Österreich, das vertrumpt", erklärte er das Scheitern der Koalitionsverhandlungen mit den Freiheitlichen. Das, was Kickl nicht geschafft habe, nämlich "sich neu zu erfinden", hätten "die NEOS, die SPÖ und auch wir geschafft". Man gebe einander in der Koalition Raum und gönne sich gegenseitig Erfolge.

Abschiedsrede von Nehammer

Stocker war in Begleitung seines Vorgängers Karl Nehammer in die Halle eingezogen. Der im Jänner infolge der gescheiterten ersten Runde der Dreier-Koalitionsverhandlungen zurückgetretene Parteichef nutzte die Gelegenheit für eine emotionale Abschiedsrede, in der er die Stationen seiner politischen Laufbahn Revue passieren ließ und seinen Weggefährten dankte. Eine seiner besten Entscheidungen sei es gewesen, Stocker zum Generalsekretär zu ernennen, "als Schild und Schwert der Partei", streute er seinem Nachfolger Rosen.

Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner betonte, dass man geschlossen hinter Stocker stehe. "Und Tag für Tag wird die Unterstützung auch unter unseren Landsleuten mehr", so Mikl-Leitner.

Der neue Generalsekretär Nico Marchetti gab das Ziel aus, dass "die ÖVP bei der nächsten Nationalratswahl wieder Nummer Eins wird". Dazu müsse man auch "Veränderung zulassen", appellierte er an die Delegierten, dass die Unterstützung für die ÖVP-Führung auch nach dem Parteitag "eine belastbare und nachhaltige sein" müsse. Denn "der Zauber des Anfangs währt nicht ewig", so Marchetti.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger sorgte für Stimmung mit launigen Bonmots aus den Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ. Diese habe etwa keine englischen Wörter zugelassen, weshalb man die Community Nurses als Gemeindeschwestern habe bezeichnen müssen. Über die nunmehrige Dreierkoalition meinte Wöginger: "Das Kind lebt, es entwickelt sich gut. Es passen drei darauf auf, vielleicht ist das auch ein Vorteil."

Stocker und Kurz als Fotomotive

Der ordentliche 41. Parteitag steht im Zeichen des 80. Jubiläums der im Jahr 1945 gegründeten Volkspartei. Mit lebensgroßen Pappfiguren wurde an die bisherigen 18 Parteiobmänner seit 1945 erinnert. Beliebtestes Fotomotiv war dabei der seit Jänner geschäftsführend amtierende Parteichef Stocker. Aber auch mit Ex-Kanzler Sebastian Kurz ließen sich zahlreiche, offenbar nach wie vor in der Partei vorhandene Fans beim Eintreffen ablichten.

Mit Spannung wurde das Wahlergebnis für Stocker erwartet, denn die Latte liegt sehr hoch. Das Ergebnis seines Vorgängers kann er nicht überflügeln. Nehammer war 2022 bei einem außerordentlichen Parteitag mit 100 Prozent der Stimmen zum Parteichef gewählt worden. Überhaupt erhalten die ÖVP-Chefs bei ihren ersten Obmann-Wahlen traditionell eher hohe Ergebnisse. Kurz wurde 2017 mit 98,7 Prozent gewählt, Mitterlehner 2014 mit 99,1 Prozent.

Auch Stellvertreter werden gewählt

Gewählt werden sollen auf dem Parteitag neben Stocker auch seine vier Stellvertreter: Es treten Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer, die Vorarlberger Klubobfrau Veronika Marte - beide waren bereits bisher in dieser Rolle -, sowie neu die künftige Salzburger Landeshauptfrau Karoline Edtstadler und EU-Parlamentarierin Sophia Kircher an. Finanzstaatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl kandidierte nicht mehr.

Die Stimmung innerhalb der Volkspartei hat sich zuletzt wieder gebessert, immerhin hat man sich nach einer Serie von Wahlschlappen und auch intern zermürbenden monatelangen Koalitionsverhandlungen schließlich doch wieder das Kanzleramt gesichert. Der relativ überraschend nach dem Abgang Nehammers als Parteichef eingesprungene einstige ÖVP-Generalsekretär Stocker bemüht sich mit seiner stoischen Art, Ruhe in die Partei zu bringen. (apa/bearbeitet von sbi)