Die ersten Tage der neuen rechtskonservativen Regierung in Wien gelten nicht zuletzt den Signalen ans Ausland. Im Mittelpunkt: Das Verhältnis zu Israel, zur EU und zu Italien.
Auf Kanzler
Nicht zuletzt im Ausland schlägt der schwarz-blauen Koalition Gegenwind entgegen: Israel stört sich an der Regierungsbeteiligung der FPÖ, während Italien von der im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Option auf Doppelstaatsbürgerschaften für österreichische NS-Opfer mäßig Überzeugt scheint.
Doppelte Staatsbürgerschaft für NS-Opfer
Laut Koalitionsvertrag wird den Nachfahren der österreichischen Opfer des Nationalsozialismus die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft eingeräumt. Davon könnten bis zu 200.000 Menschen profitieren.
Kurz wollte am Dienstag noch mit der israelischen Botschafterin in Wien reden, um Bedenken der israelischen Regierung wegen der FPÖ-Minister im Kabinett zu zerstreuen.
Premier Benjamin Netanjahu hatte angekündigt, dass die israelische Regierung vorerst nur auf Arbeitsebene mit den FPÖ-geführten Ministerien sprechen wolle. Diese Haltung werde aber überprüft werden.
Aus Protest gegen die FPÖ-Regierungsbeteiligung hatte Israel im Jahr 2000 seinen Botschafter aus Wien abgezogen.
Der neue Kanzler wurde am Abend zu seinem Antrittsbesuch bei der EU in Brüssel erwartet. Dort will er die proeuropäische Ausrichtung der neuen Regierung betonen.
Kurz muss Rom beruhigen
Zugleich versuchte der 31-Jährige, die Regierung in Rom zu beruhigen. Die im Koalitionspakt vorgesehenen Pläne zur Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft der deutschsprachigen Südtiroler würden nur "in enger Abstimmung" mit der italienischen Regierung verfolgt.
Man habe diesen Passus aufgenommen, weil er der Wunsch aller in Südtirol vertretenen Parteien sei, sagte FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache. "Südtirol ist mir, ist uns eine Herzensangelegenheit."
Für 70 Prozent der Südtiroler ist Deutsch die Muttersprache. Österreich ist seit 1946 Schutzmacht der nördlichsten Region Italiens.
Denkmal für NS-Opfer
Auf dem Gelände des ehemaligen Vernichtungslagers Maly Trostinec lässt Schwarz-Blau unterdessen ein Denkmal für die dort von den Nazis ermordeten österreichischen Juden errichten.
Dies sei "ein klares Bekenntnis zur historischen Verantwortung und Mitschuld Österreichs", sagte Bundeskanzler Kurz nach der ersten Kabinettssitzung am Dienstag in Wien.
Der Nationalrat hatte im Oktober 2016 einstimmig die Regierung zur Umsetzung eines würdigen Denkmals in dem Lager aufgefordert.
In dem Lager nahe Minsk im heutigen Weißrussland wurden von 1942 bis 1944 rund 60 000 Menschen getötet. Rund 10 000 der ermordeten Juden stammten aus Wien. Den Aufenthalt im Lager haben laut Historikern nur wenige Opfer überlebt.
Österreich, 1938 vom Diktator Adolf Hitler an das Deutsche Reich angeschlossen, hatte sich lange als Opfer der Nazis präsentiert und sich erst spät zu einer Mitschuld bekannt. (dpa/ank)
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