Ein Jahr nach ihrem Machtverlust in Österreich und angesichts großer Probleme als Oppositionspartei probt die SPÖ den Neuanfang. Das erste Aufbruch-Zeichen hat einen historischen Charakter.
Österreichs Sozialdemokraten haben erstmals in ihrer 130-jährigen Geschichte eine Frau an die Spitze der Partei gewählt.
Die 47-jährige Ärztin Pamela Rendi-Wagner erhielt auf dem SPÖ-Parteitag am Samstag in Wels als einzige Kandidatin für den Posten 97,8 Prozent der Stimmen und wird nun neue Oppositionsführerin in Österreich.
Sie sei bereit, Verantwortung für das Land zu übernehmen und wolle die erste Bundeskanzlerin der Alpenrepublik werden, sagte Rendi-Wagner unter dem Beifall der Delegierten.
"Ungleichheit und Armut machen krank."
Rendi-Wagner, die erst seit zwei Jahren der SPÖ angehört, löst
Bei ihrem Auftritt vor den 650 Delegierten positionierte sich Rendi-Wagner als Anwältin der sozial Schwachen. Politiker müssten vor allem das Zuhören lernen, um die Ängste der Menschen besser zu verstehen.
"Es sind so viele, die sich allein gelassen fühlen, die sich im Stich gelassen fühlen", sagte sie. In der Tradition des langjährigen deutschen SPD-Chefs Willy Brandt sagte sie, Politik sei vor allem dazu da, das Leben der Menschen leichter zu machen. "Ungleichheit und Armut machen krank."
Zugleich griff die neue SPÖ-Chefin die rechtskonservative Regierung aus ÖVP und FPÖ an. "Diese Regierungsspitze ist vereint in ihrer Selbstverliebtheit, ihrer Feigheit und in ihrer Arroganz den Menschen dieses Landes gegenüber", sagte sie.
Kanzler Sebastian Kurz, seit sieben Jahren erst als Staatssekretär und dann als Außenminister in politischer Verantwortung, habe nichts zur Integration der Zuwanderer getan. Der 32-Jährige sei nur an seinem persönlichen Aufstieg interessiert.
SPÖ kämpft mit Oppositions-Rolle
Rendi-Wagner war bis zur Abwahl der Regierung von SPÖ und ÖVP 2017 ein halbes Jahr lang Ministerin für Frauen und Gesundheit. Der SPÖ-Vorstand schlug sie im September als Parteichefin vor.
Kurz darauf übernahm sie den SPÖ-Fraktionsvorsitz. Rendi-Wagner ist Expertin für Impf-Prävention und Reisemedizin. Sie hat in London und Tel Aviv gelebt.
Seit der Wahlniederlage vor einem Jahr kämpft die SPÖ mit ihrer Rolle als Oppositionspartei. Ex-Parteichef Kern hatte frustriert über den politischen Betrieb aufgegeben.
In Umfragen rangiert die Partei - im Vergleich zur SPD in Deutschland - aber bei noch beachtlichen 25 Prozent. Damit hat die SPÖ einen ähnlichen Zuspruch wie die rechte FPÖ. Die konservative ÖVP mit Kanzler Kurz liegt laut Umfragen mit rund 35 Prozent in der Gunst der Wähler vorne. © dpa
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