Ein österreichischer Staatsbürger ist am Dienstag in Ankara festgenommen worden. Das bestätigte der Sprecher des Außenministeriums, Thomas Schnöll, der APA. Die österreichische Botschaft sei mit den türkischen Behörden und den Angehörigen des Österreichers im Kontakt. Bei dem Festgenommenen handelt es sich um einen Journalisten, erklärte die Organisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG/RSF).
Der freie Journalist, Student und Autor sei Dienstagfrüh gegen fünf Uhr laut Angaben seiner Redaktion re:volt magazin gemeinsam mit zwei anderen Kollegen in Ankara festgenommen worden. Laut dem ORF-Fernsehen studiert der Mann in Ankara Politikwissenschaft an der "Middle East Technical University" und schreibt an seiner akademischen Arbeit. Der junge Mann soll laut dem Bericht Analysen geschrieben haben, die auf eher linksgerichtete Medien veröffentlicht wurden, und sich in der Vergangenheit für die linke pro-kurdische Bewegung in der Türkei engagiert haben.
Keine Erklärung bei Festnahme
Laut dem Anwalt des Studenten seien die Männer zur Stunde noch nicht einvernommen worden. Laut dem türkischen Recht müssten sie bis Freitag formal angeklagt oder auf freien Fuß gesetzt werden, so der Anwalt laut dem ORF-Fernsehen. Alle drei Männer haben dem Anwalt zufolge nie an illegalen Aktivitäten teilgenommen. Offiziell sei nicht erklärt worden, warum die Männer festgenommen worden seien. Inoffiziell dürfte ihnen die Unterstützung terroristischer Organisationen vorgeworfen werden.
Spekulation über Politische Motive
Die Redaktion des nach Eigenbezeichnung "linksradikalen Politik-Analyse-Bewegungs-Magazins" vermutet einen Zusammenhang mit "politischen Publikationen". "Das ist auf das Schärfste zu verurteilen", so die Präsidentin von "Reporter ohne Grenzen Österreich", Rubina Möhring. Die Organisation fordert die unmittelbare Freilassung des Österreichers.
Buchautor befasste sich mit Syrien-Krieg
Der Student der Politikwissenschaft und Philosophie befasste sich demnach mit politischen Theorien und schrieb Beiträge in Büchern wie "Kampf um Kobane", die sich kritisch mit der Beziehung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mit der Türkei auseinandersetzen. Laut gut informierten Kreisen schrieb er auch für einen "radikalen Ableger der Kommunistischen Partei" in der Türkei.
Haft für Journalisten
"Andere politische Meinungen dürfen nicht Grundlage für Verhaftungen oder Einschüchterungen sein! In der Türkei passiert das gerade aber zunehmend", sagte Möhring. Derzeit sitzen nirgends so viele professionelle Journalisten in Haft wie in der Türkei.
Bilaterale Spannungen durch Festnahmen
Die Türkei geht seit dem Putschversuch im Juli 2016 immer wieder auch gegen ausländische Staatsbürger vor. Die Festnahmen erfolgen meist wegen "Terrorverdachts". Dies sorgt auch für bilaterale Spannungen wie im Fall der deutschen Journalistin Mesale Tolu, des "Welt"-Reporters Deniz Yücel oder des US-Pastors Andrew Brunson.
150 Medienhäuser geschlossen
Die Türkei befindet sich auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 157 von 180 Ländern. Rund 150 Medienhäuser wurden laut ROG geschlossen und Massenprozesse abgehalten. (mc/dpa) © APA
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