Die neue österreichische Regierung startet mit einer Klausur ins neue Jahr. Die Koalition demonstriert viel Harmonie - und dreht weiter an der Anti-Ausländer-Schraube.
Österreichs neue Regierung verschärft ihren harten Kurs gegen Ausländer und Migranten. Die ÖVP-FPÖ-Koalition beschloss die Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder trotz Bedenken aus der EU.
"Es bringt mehr Gerechtigkeit, wenn die Familienbeihilfe an die Lebenserhaltungskosten im jeweiligen Land angepasst wird", sagte Kanzler
Strache-Vorstoß sorgt für Wirbel
Die Maßnahme betrifft hauptsächlich in Österreich beschäftigte Ausländer, deren Kinder in der Heimat leben.
Der Vorstoß des Vizekanzlers und FPÖ-Chefs
Strache distanzierte sich von entsprechenden Äußerungen in einem Interview. Es sei "aus einer Maus ein Elefant produziert" worden.
Quartiere für Flüchtlinge in leerstehenden Kasernen seien derzeit kein Thema, sagte Strache. Er fühle sich missverstanden.
Er hätte in dem Interview nur bekräftigen wollen, dass sich niemand durch private Unterkünfte bereichern dürfe und der Staat künftig seine Aufgaben wieder stärker erfüllen müsse. Auch Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) sah keinen Grund zur Aufregung: "Es ist in meinem Ressort im Moment kein Thema."
Die neue Regierung verfolgt laut Strache vielmehr das Ziel, illegale Migration zur Gänze zu stoppen. Strache hatte Donnerstagabend in einem Interview des ORF davon gesprochen, Flüchtlinge könnten theoretisch in Kasernen untergebracht werden.
Auch eine Ausgangssperre für Flüchtlinge am Abend und nachts hielt er für denkbar - ohne Details zu nennen. "Es braucht Ordnung, solange es ein offenes Asylverfahren gibt", sagte Strache. Die Stadt Wien kritisierte den Vorschlag Straches scharf und sprach von einem "erschreckenden Menschenbild".
Sechs von 2000 Maßnahmen beschlossen
Insgesamt wurden bei der zweitägigen Klausur die ersten sechs von 2000 Maßnahmen im Regierungsprogramm beschlossen, wie es hieß. Die Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland bringt laut Kanzler Kurz Einsparungen von über 100 Millionen Euro.
Im Jahr 2016 gingen 273 Millionen Euro an Familienbeihilfe vorwiegend nach Ungarn, die Slowakei und Polen. In Österreich wurden in der Zeit 4,4 Milliarden Euro der Sozialleistung ausgeschüttet. Die Beihilfe ist nach dem Alter der Kinder gestaffelt und beträgt zwischen 112 Euro ab der Geburt und 162 Euro ab 19 Jahren.
Eine Sprecherin der EU-Kommission kündigte am Freitag an, das Gesetz mit Blick auf die Vereinbarkeit mit EU-Recht prüfen zu wollen. Von Kritik aus Brüssel oder anderen EU-Mitgliedsstaaten will sich Kurz aber nicht irritieren lassen. "Das System wird so einfach gerechter." Ein Gutachten der Regierung bescheinigt der Koalition, dass die Kürzung rechtlich zulässig sei. Andere Rechtsexperten äußerten Skepsis an der EU-Konformität.
Mit der Ersparnis durch die gekürzte Familienbeihilfe kündigte die Regierung die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen an. Durch Einschnitte in Verwaltung und Ministerien sollen 1,4 Milliarden Euro eingespart werden. Die Regierungsspitze kündigte zudem eine Deregulierungsoffensive sowie eine integrierte Klima- und Energiestrategie an.
Bei einem Treffen mit Frankreichs Staatspräsidenten Emmanuel Macron kommende Woche in Paris und danach mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Berlin will Kanzler Kurz für Österreichs Positionen werben. Europäische Themen und Österreichs EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2018 sollen im Mittelpunkt stehen. © dpa
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