Nach dem Umweg über Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP geht es nun zwischen Türkis und Rot voran. Auch die NEOS sind wieder an Bord für die Gespräche. Ein für Freitag geplanter Termin beim Bundespräsidenten wurde verschoben.
Bei den Regierungsverhandlungen bemühen sich ÖVP und SPÖ nun die NEOS in eine Dreier-Koalition zu bewegen. Stundenlange Gespräche zwischen den drei Parteien brachten am Freitag noch keinen Durchbruch. Am Samstag wollen die Spitzen von ÖVP, SPÖ und NEOS Bundespräsident Alexander Van der Bellen über den Stand der Gespräche informieren. Im Anschluss sind auch Pressestatements geplant. Van der Bellen hatte sich am Freitag angesichts der Verzögerung langsam ungeduldig gezeigt.
Treffen bei Van der Bellen erst am Samstag
Ein eigentlich schon für Freitag avisierter Termin in der Hofburg kam nicht zustande, nachdem sich die wiederaufgenommenen Dreierverhandlungen hingezogen hatten. Auch eine angekündigte Stellungnahme an die Medien fiel knapp aus. Um 21 Uhr teilten die drei Parteien in einer gemeinsamen Aussendung nur mit, dass "nach intensiven Gesprächen in den letzten Tagen und Nächten" die Parteichefs Christian Stocker (ÖVP),
Eigentlich war schon am Donnerstag erwartet worden, dass die Spitzen von ÖVP und SPÖ in der Hofburg vorstellig werden, nachdem man sich in Sachen Budget geeinigt hatte. Nach der Entscheidung, es noch einmal mit den NEOS zu versuchen, verzögert sich nun aber alles weiter. Schon der Parteivorstand der NEOS dürfte länger gedauert haben als geplant. Nämliches gilt nun für die Dreier-Gespräche, die als eher zäh beschrieben wurden.
Van der Bellen: "'Kompromiss' ist anderes Wort für eine gemeinsame Lösung"
Van der Bellen wurde indes selbst aktiv. In einer Aussendung erinnerte er alle Parteien daran, "dass 'Kompromiss' ein anderes Wort für eine gemeinsame Lösung ist. Eine funktionierende Demokratie braucht den Mut, Meinungen zu verteidigen, aber auch die Weisheit, Lösungen im Kompromiss zu finden."
Kompromisse seien "das Fundament jeder demokratischen Gesellschaft", teilte Van der Bellen weiter mit, "denn sie ermöglichen Fortschritt ohne Spaltung. Sie sind also keine Schwäche, sondern der Schlüssel zu nachhaltigen und gerechten Entscheidungen in einer Demokratie. Es ist eine der verantwortungsvollsten Aufgaben von Politikerinnen und Politikern, diese Lösungen zu finden. Denn es geht nicht um Einzelinteressen. Es geht ums Staatsganze."
In einer gemeinsamen Aussendung von ÖVP, SPÖ und NEOS hieß es dazu Freitagnachmittag, dass die Worte des Bundespräsidenten ernst genommen würden. Ein Termin in der Präsidentschaftskanzlei sei heute nicht zu erwarten. Es sei jedoch klar, dass es noch heute in den Abendstunden Stellungnahmen der Parteien zum Stand der Gespräche geben wird. Noch unklar ist, ob diese getrennt oder gemeinsam abgegeben werden.
Auch Skepsis gegenüber NEOS
Dass die NEOS formal wieder in eine Koalition einbezogen werden könnten, ist dem Vernehmen nach sowohl der Wunsch der ÖVP als auch der Wiener SPÖ. Weite Teile der Sozialdemokraten hätten sich eher flexiblere Partnerschaften mit den drei Oppositionsparteien vorstellen können. Dass man es jetzt noch einmal versucht, ist insofern ein wenig überraschend, als die NEOS die SPÖ - vor allem deren Chef Andreas Babler - beim Scheitern der ersten Dreier-Verhandlungen mit teils heftiger Kritik überzogen hatten.
Nun dürften ihnen zwei Ressorts offeriert worden sein. Dabei soll es sich um Bildung und Äußeres handeln. Kernstück der ÖVP-Ministerien wären neben dem Kanzleramt die Agenden für Inneres, Verteidigung, Wirtschaft und Landwirtschaft.
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An die SPÖ gingen unter anderem Finanzen, Soziales, Infrastruktur und Frauen. Justiz dürfte bei der ÖVP landen, allenfalls könnte es statt Äußeres noch zu den NEOS wandern. Interessant werden könnte die Besetzung des Bildungsressorts, für das eigentlich der Wiener Stadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) Favorit war. Der sollte aber in zwei Monaten in Wien als Spitzenkandidat die Landtagswahl schlagen.
Was die weiteren Schritte angeht, ist zumindest noch mit einigen Tagen an Verhandlungen zu rechnen. Dass die Regierungserklärung schon bei der regulären Sitzung des Nationalrats kommenden Mittwoch gehalten werden kann, wäre nur möglich, wenn es doch zu einer Zweier-Koalition kommt. Auf der Tagesordnung, die am Freitag festgelegt wurde, findet sich keine Regierungserklärung, dies könnte jedoch noch kurzfristig geändert werden.
Die NEOS müssten für ein Regierungsübereinkommen noch ihre Mitglieder befragen. Die nächste entsprechende Versammlung ist praktischerweise ohnehin für kommenden Freitag einberufen.
FPÖ ortet "Wählerbetrug"
Die Aussicht auf die Dreier-Koalition lässt die bei der Regierungsbildung gescheiterten Freiheitlichen nicht kalt. Gar von einem "Wählerbetrug" durch eine "Verlierer-Ampel" schreibt Generalsekretär Michael Schnedlitz in einer Aussendung.
Der "klare Wählerwille" werde durch "das System" umgangen. "Wohlstandszerstörung", "Sicherheitschaos" und "illegale Masseneinwanderung" ist das, was Schnedlitz erwartet. Daher fordert er Neuwahlen. (APA/bearbeitet von ank)
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