Dem Medienminister Andreas Babler genügt eine kleine ORF-Gremienreform. Er bringt erste Maßnahmen auf die Schiene.

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Die neue Bundesregierung schlägt erste medienpolitische Pflöcke ein. So soll am Donnerstag eine (kleine) ORF-Gremienreform wie auch das Einfrieren des ORF-Beitrags bis 2029 im Nationalrat beschlossen werden, kündigte Vizekanzler und Medienminister Andreas Babler (SPÖ) bei einem Gespräch mit Journalisten an. Eine größere ORF-Reform soll zu späterem Zeitpunkt folgen, wobei ORF-Stiftungsrat und -Publikumsrat - entgegen dem Regierungsprogramm - nicht erneut Thema sein sollen.

"Entpolitisierung" durch ORF-Gremienreform

Mit der ORF-Gremienreform reagiert die Regierung auf eine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH). Das Höchstgericht stellte zu großes Gewicht der Regierung bei der Bestellung der ORF-Gremien fest. Eine Reparatur wurde bis Ende März aufgetragen - was man einhalten wolle, so Babler.

Konkret soll die Bundesregierung künftig sechs (anstatt neun) Stiftungsräte bestellen, während der Publikumsrat neun (anstatt sechs) Mitglieder ins 35-köpfige oberste ORF-Gremium entsendet. Qualifikationsanforderungen sollen neu definiert und eine öffentliche Ausschreibung erfolgen. Neubestellungsmöglichkeiten nach einem Regierungswechsel werden gestrichen. Der Publikumsrat wird auf 28 Mitglieder etwas verkleinert. 14 Mitglieder sollen von der Regierung (bisher 17 Personen vom Bundeskanzler beziehungsweise Medienminister) bestimmt und weitere 14 Mitglieder (bisher 13) direkt von im Gesetz festgelegten Stellen - darunter diverse Kammern, Kirchen und Parteiakademien - bestellt werden.

"Mit der Gremienreform kommen wir dem Auftrag des VfGH nach", sagte Babler und sprach von einer "Entpolitisierung" des ORF. Der Stiftungsrat wird im Zuge der Gesetzesnovelle neu konstituiert. Wer den Vorsitz übernimmt, war laut Babler bisher kein Thema.

Effizienterer ORF durch erneuten Sparbedarf

Von der Nicht-Valorisierung des ORF-Beitrags in Höhe von 15,30 Euro pro Monat und Haushalt verspricht sich der Medienminister einen effizienteren öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Auf Leistungskürzungen soll der dadurch entstehende Sparbedarf, den ORF-Chef Roland Weißmann auf ca. 220 Millionen Euro bezifferte, nicht hinauslaufen. Bablers ausdrücklicher Wunsch ist, dass FM4 erhalten bleibt. Der Radiosender wurde im Rahmen von Einspardebatten immer wieder in Frage gestellt. Weißmann hielt erst Mitte März fest, dass der ORF weiterhin auf FM4, aber auch weitere Angebote wie ORF III setzen wolle.

Nicht festlegen wollte sich Weißmann damals zum ORF-Radiosymphonieorchesters (RSO). Die Zukunft des Spitzenorchesters ist ab 2027 ungeklärt. Bis dahin werden noch jährlich zehn Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt für die Aufrechterhaltung zugeschossen. Babler stellte den zehn Millionen Euro den Milliardenumsatz des ORF gegenüber. "Da geht es schon auch um Willen", sagte er mit Blick auf den ORF und bekundete, sich zu freuen, wenn es mit dem RSO weitergehen könnte.

Diskussion um orf.at "gehört geklärt"

Annehmen will sich die Regierung der "blauen Seite" orf.at. Verlegern ist sie weiterhin zu textlastig und zeitungsähnlich. "Das gehört geklärt. Die Diskussion darüber ist unzufriedenstellend", sagte Babler. Im Regierungsprogramm ist zudem die Rede von einer Nachschärfung des Objektivitätsgebots des ORF. Berichtet der ORF also nicht objektiv genug? "Doch", meinte der Medienminister und erklärte, dass es dazu in den Regierungsverhandlungen Diskussionen gegeben habe. Nicht vorgesehen ist die Umsetzung einer SPÖ-Forderung: die soziale Staffelung des ORF-Beitrags. "Sie findet sich nicht im Koalitionsabkommen", so Babler.

Geförderte Medienabos

Abseits des größten Medienunternehmens des Landes nimmt sich Babler vor, das Inseratenvolumen der Regierung heuer und jedenfalls noch nächstes Jahr um zehn Prozent zu senken. Eine neue Förderung in wohl zweistelliger Millionenhöhe soll die Zeitungszustellung flächendeckend im Land unterstützen. Auch soll Qualitätsjournalismus jüngeren Personen mittels geförderter Abos schmackhaft gemacht werden. Konkrete Überlegungen wie etwa zur Altersgruppe oder der Höhe der Dotierung gebe es noch nicht, doch kann sich Babler vorstellen, dass nicht nur der Print-, sondern auch der Digitalbereich inkl. etwa qualitätsvoller Podcasts davon profitieren werde.

Weiterhin geben soll es die Medien-Digitalisierungsförderung. Sie speist sich aus einem Bruchteil der Einnahmen aus der Digitalsteuer, die auf große internationale Plattformen abzielt. Im Regierungsprogramm steht, dass eine Zweckwidmung der Mittel aus der Digitalabgabe für Medienförderung geprüft werden solle. Babler hielt nun fest, dass über Zweckwidmungen "nicht diskutiert" werde. Geld habe "kein Mascherl", sagte er, wollte eine Prüfung letztlich aber nicht gänzlich ausschließen.

Keine Rückkehr der "Wiener Zeitung" als Print-Tageszeitung

Ausgeschlossen ist dagegen wohl die Rückkehr der "Wiener Zeitung" als Print-Tageszeitung. ÖVP und Grüne hatten die bis dahin älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt 2023 in Printform eingestellt und ließen das republikseigene Medium mit Digitalfokus und verkleinerter Redaktion weitermachen. Babler hielt daraufhin fest, dass er Mittel und Wege suchen wolle, um die "Wiener Zeitung" als gedruckte Tageszeitung zurückzuholen, sobald er sich in Regierungsverantwortung befinde. "Es ist wahnsinnig schade, dass es sie in dieser Form nicht mehr gibt", sagte der nunmehrige Medienminister und bezeichnete es als "sehr unwahrscheinlich", dass sich am Status der Zeitung etwas ändere, sei sie doch nicht Teil des Regierungsprogramms.

In der ORF-"Pressestunde" verwies Babler am Sonntag auf die geplante Reduzierung des Regierungseinflusses im ORF-Stiftungsrat und legte ein Bekenntnis zur Stärkung des Qualitätsjournalismus in schwierigen Zeiten ab.

Kritik von FPÖ und Grünen

Kritik kam von FPÖ und den Grünen. FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker bezeichnete die von Babler präsentierten Reformpläne für den ORF als "Reförmchen", das Motto laute "Weiter wie bisher!". "Offenbar will sich Babler beim ORF für die linkslastige Berichterstattung der letzten Jahre bedanken", so der Abgeordnete. Von Einsparungen oder der so dringend notwendigen Objektivierung sei "weit und breit nichts zu sehen".

Enttäuscht reagiert die grüne Mediensprecherin Sigrid Maurer: "Statt einer echten Gremienreform, die den Einfluss der Regierung auf den Stiftungsrat reduziert, wird der Einfluss nur von einem ins andere Gremium verschoben." Bisher seien neun Stiftungsräte direkt von der Regierung nominiert worden, in Zukunft sind es "nur mehr" sechs - "dafür nominiert die Regierung aber indirekt über den Publikumsrat erst recht wieder neun weitere Stiftungsräte", so Maurer. "Wir werden sehr genau beobachten, wie die Regierung hier ihren Einfluss sichert", betont Maurer.

Kritik am "Geschäft mit der Liebe"

Nicht angesprochen wurde Babler in der "Pressestunde" auf seine Kommentierung einer seit kurzem in sozialen Netzwerken laufenden Debatte, in der scharfe Kritik an der ATV-Serie "Das Geschäft mit der Liebe" geübt wird.

Am Sonntag kritisierten auch die Frauenvorsitzenden von SPÖ, ÖVP, NEOS und GRÜNE die Serie in einer Aussendung als "sexistisch, rassistisch und frauenverachtend. Frauen werden wie Waren behandelt, Gewalt, Übergriffe, Demütigungen und Besitzansprüche werden normalisiert. Eine derartige Verharmlosung von Gewalt und Misogynie ist inakzeptabel."

Offenes Zurschaustellen von sexueller Ausbeutung von Frauen "hat weder medial im TV noch sonst irgendwo in unserer Gesellschaft etwas zu suchen", so Babler am Samstag auf X. "Diese Form von Fernsehen will ich persönlich und als Medienminister nicht einfach zur Kenntnis nehmen. Ich werde an die Geschäftsführung von ATV herantreten und die Inhalte dieser Sendung thematisieren." Zuvor hatte Babler in der "Kronen Zeitung" noch betont: "Es ist nicht die Aufgabe des Kulturministers zu bestimmen, was gesagt werden darf und was nicht."

Sowohl in dem Interview mit der "Kronen Zeitung" als auch in der "Pressestunde" betonte Babler, er vertrete einen "breiten Kulturbegriff", freue sich sehr auf seine diesbezüglichen Aufgaben und Termine als Kulturminister und sehe ein Engagement für Fair Pay und für "Kulturarbeiter:innen" als "Ausdruck eines politischen Willens". (APA/Bearbeitet von mbo)