Der Plan von US-Präsident Trump zur Umsiedlung von rund zwei Millionen Palästinensern aus dem Gazastreifen stieß international auf heftige Kritik. Während das Weiße Haus Trumps Worte jetzt schon relativiert, bereitet sich Israel bereits auf die Umsetzung vor.

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Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hat die Armee angewiesen, einen Plan zur "freiwilligen Ausreise" von Palästinensern aus dem Gazastreifen vorzubereiten. Der Schritt folgte auf einen Vorschlag von US-Präsident Donald Trump, zwei Millionen Palästinenser aus dem Küstenstreifen umzusiedeln.

Israel begrüßt Ausreiseplan aus Gaza

Minister Katz begrüßte den "kühnen Plan" Trumps. "Man muss es den Einwohnern von Gaza erlauben, dieselbe Ausreise- und Migrationsfreiheit zu genießen wie an jedem anderen Ort der Welt", sagte Katz. "Der Plan wird die Möglichkeit der Ausreise über Landpassagen sowie besondere Regelungen für die Ausreise über das Meer und den Luftweg enthalten."

Der US-Präsident hatte im Beisein des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verkündet, die USA würden den Gazastreifen "übernehmen" und in eine wirtschaftlich florierende "Riviera des Nahen Ostens" verwandeln. Nach Trumps Willen sollen die Einwohner des Gebiets künftig in anderen arabischen Staaten der Region unterkommen, wobei sich bislang kein Land dazu bereit erklärt hat.

Trump schloss dabei auch einen US-Militäreinsatz im Gazastreifen nicht aus und erklärte, man werde "tun, was notwendig ist". Dabei hatte er im Wahlkampf immer wieder versprochen, die Streitkräfte aus internationalen Konflikten herauszuhalten.

US-Regierung relativiert Trumps Gaza-Pläne

Die Äußerungen des US-Präsidenten zu Umsiedlungen aus dem Gazastreifen hatten sowohl international als auch in den USA scharfe Kritik ausgelöst. Experten zufolge würde ein solcher Schritt gegen das Völkerrecht verstoßen. Die Vereinten Nationen warnten: "Jede Zwangsvertreibung von Menschen kommt einer ethnischen Säuberung gleich", wie der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric erklärte.

Die US-Regierung bemühte sich kurze Zeit später bereits um eine Relativierung von Trumps Plänen. "Das war nicht als feindseliger Schritt gedacht", sagte Außenminister Marco Rubio während eines Besuchs in Guatemala. Er sprach im Gegenteil von einem "sehr großzügigen Angebot" des Präsidenten.

Rubio erklärte, es gehe den USA lediglich darum, das Küstengebiet wieder bewohnbar zu machen. In dieser Zeit könnten die Palästinenser dort aber nicht leben. Unter anderem Israels Nachbarn Ägypten und Jordanien lehnen eine Umsiedlung der Palästinenser aus dem Gazastreifen ab.

Karoline Leavitt, die Sprecherin des Weißen Hauses, bemühte sich ebenfalls, die Konsequenzen von Trumps ambitioniertem Ansinnen herunterzuspielen. Trumps Plan bedeute "nicht, dass die amerikanischen Steuerzahler diese Bemühungen finanzieren werden", erklärte Leavitt. Es bedeute vielmehr, das Trump "entsprechende Vereinbarungen mit Partnern in der Region treffen wird."

Ähnlich äußerte sich Steve Witkoff, US-Sondergesandte für den Nahen Osten. Laut einem Medienbericht sagte dieser Kongressabgeordneten in Washington, Trump wolle keine US-Soldaten in den Gazastreifen schicken und keine Gelder für den Wiederaufbau bereitstellen.

Netanjahu: "Erste gute Idee, von der ich höre"

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu verteidigte derweil Trump gegen Kritik. Dessen Plan sei "die erste gute Idee, von der ich höre", sagte er in einem Interview des rechten Fox-News-Moderators Sean Hannity.

Dabei beschrieb er das Vorhaben Trumps so, als wenn die Bewohner des Küstengebiets zu ihrem eigenen Wohl nur vorübergehend umgesiedelt werden sollten, während es Kritikern zufolge eher auf eine dauerhafte Vertreibung von rund zwei Millionen Menschen hinauslaufen dürfte.

"Was ist falsch daran?", fragte Netanjahu mit Blick auf die Idee, Bewohnern Gazas zu ermöglichen, den nach außen abgeriegelten und von Zerstörung gezeichneten Landstrich zu verlassen. "Sie können gehen, und dann können sie zurückkehren, sie können wegziehen und wiederkommen. Aber Gaza muss wieder aufgebaut werden."

Israels Ex-Ministerpräsident nennt Trump Pläne "Fantasie"

Deutlich kritischer beurteilte derweil Israels ehemaliger Regierungschef Ehud Barak den Vorstoß von Trump. Er bezeichnete die Umsiedlungspläne als "Fantasie". Barak sagte dem israelischen Armeesender: "Das erscheint mir nicht wie ein Plan, über den jemand wirklich nachgedacht hat, es sieht eher wie ein Schritt aus, vielleicht ein Testballon, vielleicht der Wille, Unterstützung für Israel auszudrücken", sagte Barak.

Trumps Äußerungen könnten laut Barak auch ein Versuch sein "die arabischen Herrscher in der Region etwas aufzurütteln und ihnen zu sagen: Das ist es, was euch erwartet, wenn ihr nicht aufwacht und einen praktischen Weg für ein Vorgehen im Gazastreifen vorschlagt, uns nicht helft, die Hamas von der Herrschaft zu entfernen."

Es sei durchaus denkbar, dass die gemäßigten arabischen Staaten der Region aus Reaktion auf Trumps unausgegorenen Plan eine bessere Vorgehensweise vorschlagen, sagte Barak. Dieser müsse die Fragen beantworten, "wie geht man in Gaza vor, wie erreicht man es, dass die Hamas dort nicht herrscht und Israel nicht mehr bedrohen kann, das sind richtige und wichtige Forderungen von uns".

Auslöser des Gaza-Kriegs war das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel. Als Folge der Kämpfe ist der Gazastreifen weitgehend zerstört. Rechtsextreme Politiker in Israel streben eine Wiederbesiedlung des Gebiets an, das Israel 2005 geräumt hatte. Dies ist jedoch keine offizielle Regierungspolitik.

Die vorherige US-Regierung hatte sich dafür eingesetzt, dass eine reformierte Palästinensische Autonomiebehörde im Gazastreifen nach dem Krieg wieder die Kontrolle übernimmt. Die rechtsreligiöse Regierung in Israel lehnt dies jedoch ab. (dpa/afp/bearbeitet von thp)

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