Auf dem Tempelberg in Jerusalem kommt es zu Konfrontationen zwischen Israels Polizei und Palästinensern. Kurze Zeit später fliegen von mehreren Seiten Dutzende Raketen auf Israel. Das Land bereitet sich auf eine weitere Eskalation vor.

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Nach erneuten Unruhen auf dem Tempelberg in Jerusalem ist Israel am Donnerstag von mehreren Seiten mit Raketen angegriffen worden. Aus dem Libanon wurden nach Angaben der israelischen Armee Dutzende Raketen gefeuert - zum ersten Mal seit mehr als anderthalb Jahrzehnten. Das nationale Abwehrsystem Iron Dome (Eiserner Dom) habe von insgesamt 34 Flugkörpern 25 abgefangen. Fünf Raketen seien auf israelischem Gebiet gelandet. Der Verbleib von vier weiteren werde geprüft. Israelischen Medienberichten zufolge war dies der heftigste Beschuss aus dem Libanon seit 2006.

Die beiden Nachbarländer befinden sich offiziell im Kriegszustand. An der Grenze kommt es immer wieder zu Spannungen. Unklar war, welche Gruppierung hinter den Angriffen steht. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dass es sich größtenteils um sogenannte Katjuscha-Raketen handelte, die vor allem von palästinensischen Gruppierungen verwendet werden. Dem israelischen Rettungsdienst Magen David Adom zufolge wurden im Norden des Landes mindestens zwei Menschen leicht verletzt.

Ein 19-Jähriger erlitt demnach eine leichte Verletzung durch einen Granatsplitter. Eine 60-Jährige verletzte sich auf dem Weg zu einem Schutzraum. Andere hätten wegen Stresssymptomen behandelt werden müssen, hieß es weiter. In mehreren Orten waren Sirenen zu hören. Anwohner wurden angewiesen, Schutz zu suchen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu berief für den Abend das Sicherheitskabinett ein.

UN-Mission: "Lage sehr ernst"

Libanesischen Berichten zufolge reagierte Israels Artillerie mit dem Beschuss von Zielen im Grenzgebiet. Berichte über Schäden und Verletzte lagen zunächst nicht vor. Die UN-Friedensmission Unifil forderte beide Seiten zu Deeskalation aus. "Die Lage ist sehr ernst", hieß es von der Organisation. Die Blauhelme der Unifil überwachen seit 1978 das Grenzgebiet zwischen Israel und dem Libanon.

Vor allem die eng mit dem Iran verbündete libanesische Schiitenmiliz Hisbollah sieht in Israel einen Erzfeind. Sie teilte mit, alle "Maßnahmen" zu unterstützen, die palästinensische Gruppen nach den Zusammenstößen mit der Polizei auf dem Tempelberg in Jerusalem ergriffen. Die Miliz hat enge Verbindung mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas.

Aus dem Küstenstreifen feuerten zuvor am Morgen Palästinenser mehrere Raketen auf israelisches Gebiet. Sieben Raketen seien in der Luft explodiert, teilte die Armee mit. Fünf davon seien auf israelisches Gebiet gerichtet gewesen, zwei aufs Mittelmeer.

Unruhen auf dem Tempelberg

Vorausgegangen waren Zusammenstöße zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern am Tempelberg. Medienberichten zufolge setzte die Polizei zwei Nächte in Folge Schlagstöcke, Tränengas und Gummigeschosse ein, um Palästinenser aus der Al-Aksa-Moschee zu entfernen. Eine Polizeisprecherin teilte mit, Jugendlichen hätten zuvor Feuerwerkskörper und Steine auf Polizisten geworfen und versucht, sich in der Moschee zu verbarrikadieren.

Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Nach Angaben der israelischen Polizei ist es generell verboten, sich dort nachts aufzuhalten. Viele palästinensische Gläubige sehen ihr Recht zur Religionsausübung eingeschränkt. Der Tempelberg mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Er ist jedoch auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen.

Auf dem Gelände um die Moschee kommt es immer wieder zu gewalttätigen Konfrontationen. Vor rund zwei Jahren eskalierte die Situation zu einem elftägigen Konflikt zwischen Israel und der Hamas.

Pessach, Ramadan und Ostern zur gleichen Zeit

Vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan vor rund zwei Wochen war eine Verschärfung der ohnehin angespannten Sicherheitslage im Land befürchtet worden. Aktuell kommen besonders viele Muslime zum Tempelberg, um während des Fastenmonats dort zu beten. Am Mittwoch begann zudem das einwöchige jüdische Pessachfest. Einer der Bräuche ist dabei eine Wallfahrt nach Jerusalem. Zudem stehen mehrere Feiern über Ostern in der Altstadt bevor.

Israel hatte 1967 das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600 000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen unabhängigen Staat Palästina mit dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt. (dpa/tas/the)

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