Weihnachten ist ein Fest der Freude und der Liebe. Doch der Krieg macht es Christen im Nahen Osten aktuell schwer, in eine freudige Stimmung zu kommen. Bethlehem mit der Geburtskirche ist wie ausgestorben, während im Gazastreifen Menschen weiter sterben.

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"Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren." Diese Worte aus der Weihnachtsgeschichte des Lukasevangeliums dürften vielen Christen im Nahen Osten und darüber hinaus angesichts der entsetzlichen Bilder vom Überfall der islamistischen Hamas auf Israel und der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen nur schwer über die Lippen kommen.

Für manche ist Weihnachten dieses Jahr mehr eine Pflicht, als ein Freudenfest.

"Die Atmosphäre ist sehr traurig. Niemandem ist angesichts des Gaza-Krieges zum Feiern zumute", sagte Anton Siniora, ein Christ aus Jerusalem, am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Wir haben dieses Jahr nicht einmal einen Weihnachtsbaum aufgestellt. Nur einige Familien haben das getan, um wenigstens ihren Kindern eine kleine Freude zu bereiten", fügte er hinzu.

Bethlehem ist zu Weihnachten wie ausgestorben

Auch Bethlehem mit der weltbekannten Geburtskirche südlich von Jerusalem ist dieses Weihnachten ein trauriger, ein verlassener Ort. In der Kirche, unter dessen Altar sich die Grotte befindet, in der nach der Überlieferung Jesus Christus vor mehr als 2.000 Jahren geboren worden sein soll, wird aber auch dieses Weihnachten, die Mitternachtsmesse gelesen.

Die Stadt, in der sich sonst zu Weihnachten Zehntausende Pilger aus aller Welt drängen, ist wegen des Krieges und der Abriegelung durch Israel wie ausgestorben. Der große Weihnachtsbaum, der sonst schon in der Adventszeit vor der Geburtskirche stand, fehlt. Bereits im November hatten die Oberhäupter der Kirchen in Jerusalem festgelegt, dass es wegen des Krieges keine Weihnachtsdekoration im Heiligen Land geben soll.

"Es ist nicht nur ein trauriges Weihnachtsfest, es ist auch eine wirtschaftliche Katastrophe", sagte George Rischmawi, ein Bewohner Bethlehems. "Die israelische Besatzung hat die Wirtschaft abgewürgt. Wegen der Abriegelung der Stadt kann niemand ohne einen Passierschein rein oder raus aus der Stadt", sagte er.

Bewohner über Lage in Bethlehem: "Es ist traurig"

Bethlehem sei wie belagert. Zudem würden öffentliche Angestellte keine Gehälter mehr bekommen, weil die Palästinensische Autonomiebehörde, die Teile des Westjordanlandes verwaltet, kein Geld mehr habe.

Niemand könne mehr zur Arbeit in Israel, es gebe keine Touristen und die Verkäufe der berühmten Weinachtsouvenirs aus Olivenholz gingen gegen Null. "Es ist traurig, und statt wie jedes Weihnachten zum Manger Platz vor der Geburtskirche zu gehen, werde ich zu Hause bleiben", sagte Rischmawi.

"Jedem geht das hier so angesichts des Tötens im Gazastreifen", fügte er hinzu. So düster habe er Bethlehem noch nicht einmal während der Corona-Pandemie gesehen.

Und den lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pierbatista Pizzaballa, wolle auch keiner treffen, weil sich alle darüber ärgern, dass er sich mit dem israelischen Präsidenten Izchak Herzog getroffen habe. Pizzaballa als höchster Vertreter der katholischen Kirche im Heiligen Land absolvierte am Sonntagvormittag die traditionelle Weihnachtsprozession von Jerusalem nach Bethlehem.

Allerdings wurde er bei der Autofahrt nur von wenigen Gläubigen und einigen Franziskanern begleitet. Wie jedes Jahr begann die Prozession am Jaffa-Tor der historischen Altstadt von Jerusalem und endete bei der Geburtskirche.

Nur noch wenige Christen im Nahen Osten

Im Heiligen Land bilden die Christen nur noch eine sehr kleine Minderheit: Im Gazastreifen leben rund 1.000 Christen, bei insgesamt rund 2,2 Millionen Einwohnern. In Israel machen die Christen knapp zwei Prozent der rund 10 Millionen Bürger aus. Im Westjordanland sind es rund 1,5 Prozent der rund 3,2 Millionen Palästinenser.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron telefonierte mit Pizzaballa und sicherte ihm die weitere Solidarität Frankreichs zu. Macron habe seine große Besorgnis angesichts der dramatischen Lage der lateinischen Kirche in Gaza aus, in der Hunderte Zivilisten aller Konfessionen Zuflucht suchten und seit Monaten unter Beschuss lebten.

Trotz der allgemein gedämpften Stimmung äußerte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in einer Weihnachtsbotschaft die Hoffnung, dass das christliche Fest ein Ende des Sterbens im Gazastreifen bringen werde. Dafür gab es jedoch keine Anzeichen. Abbas betonte, die Palästinenser kämpften weiter für ihr Recht auf einen eigenen und souveränen Staat.

Auslöser des Krieges war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der islamistischen Hamas sowie anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt hatten.

Mehr als 1.200 Menschen wurden dabei getötet. Israel begann daraufhin mit massiven Luftangriffen und seit Ende Oktober mit einer Bodenoffensive in dem Gebiet. Dabei wurden nach Angaben der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde inzwischen mehr als 20.400 Menschen getötet.  © dpa

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