Seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober tobt im Nahen Osten Krieg. Wer steht in dieser komplexen Gemengelage auf welcher Seite – und wer dazwischen? Ein Überblick über die wichtigsten geopolitischen Player.

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Am 7. Oktober führte die islamistische Terrororganisation Hamas den schwersten Angriff auf jüdisches Leben seit der Schoa aus. Als Reaktion darauf startete Israel einen massiven Militäreinsatz gegen die Hamas und überzog den dicht besiedelten Gaza-Streifen mit Luftangriffen. Nach einer mehrtägigen Feuerpause und der Freilassung israelischer Geiseln wird der Gaza-Krieg jetzt wieder fortgesetzt. Ein Ende der Kampfhandlungen ist nicht in Sicht, die Angst vor einer Ausweitung des Konflikts auf die Anrainer-Staaten groß.

All das passiert in einer hochkomplexen Gemengelage geopolitischer Verstrickungen. Während die einen Staaten auf den 7. Oktober mit Entsetzen reagierten und Israel die Treue schworen, zeigten andere ihre offene Zustimmung, allen voran der Iran.

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Die Unterstützer: Iran und Libanon

Das Regime in Teheran gilt als wichtigster politischer und finanzieller Unterstützer der Hamas. Die "Achse des Widerstands" unter der Führung des Iran ist das Sammelbecken der Feinde Israels im Nahen Osten. Dazu gehören die Hamas sowie die Hisbollah, die den Libanon größtenteils kontrolliert.

Die Finanzierung beider Terrororganisationen durch die Islamische Republik dürfte den massiven Angriff auf Israel überhaupt erst ermöglicht haben. Der 7. Oktober stieß im Iran und im Libanon zwar auf große Zustimmung, eine direkte Verwicklung weisen das iranische Regime und Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah aber von sich.

Bei einem Treffen Anfang November in Teheran sagte Irans Staatsoberhaupt Ali Khamenei der Hamas seine politische und moralische Unterstützung zu. Das berichtete unter anderem die Nachrichtenagentur Reuters. Direkt in den Krieg eingreifen will der Iran nach eigenen Angaben nicht.

Die Neutralen: Saudi-Arabien und Irak

Unter Kronprinz Mohammed bin Salman verfolgt Saudi-Arabien seit mehreren Jahren eine Annäherung an Israel. Der Krieg zwischen Israel und der Hamas dürfte dem Königreich daher alles andere als gelegen kommen. In offiziellen Statements führte Saudi-Arabien die aktuelle Eskalation aber auf die Besatzung Israels zurück, was für ein zeitweiliges Ende des Normalisierungsprozesses sprechen könnte. In den Gaza-Krieg will das Land nicht hineingezogen werden.

Ähnlich der Irak. Zwar machte das Land und die irakische Bevölkerung seine Unterstützung für die palästinensischen Zivilistinnen und Zivilisten im Gaza-Streifen deutlich und Israel für den Kriegsausbruch verantwortlich. Doch über Solidaritätsbekundungen geht die Unterstützung nicht hinaus.

Die Vermittler: Ägypten und Katar

Ägypten verbindet Nordostafrika mit dem Nahen Osten und hat eine besondere geopolitische Position in dem Konflikt. Seit Längerem gilt Kairo als Vermittler zwischen Israel und Palästina – und als Verbündeter der israelischen Regierung. Gegen die Hamas, die als Ableger der verhassten Muslimbruderschaft gilt, geht die Regierung seit Jahren vor. Innerhalb der ägyptischen Gesellschaft gibt es zahlreiche pro-palästinensische Stimmen.

Gemeinsam mit den USA und Katar verhandelte Ägypten die Geiselfreilassungen im Austausch gegen palästinensische Gefangene in den vergangenen Tagen. Der Golfstaat Katar ist neben dem Iran der engste Verbündete der Hamas. Deren Anführer Ismail Haniyyeh lebt seit mehreren Jahren in der Hauptstadt Doha. Bei der Aushandlung des Geiseldeals stand Katar auf Seiten der Hamas und nimmt damit eine gewichtige Rolle bei der Vermittlung im Israel-Gaza-Krieg ein.

Israels Schutzmacht: USA

Direkt nach dem Angriff am 7. Oktober stellte sich Washington an die Seite Israels. Die USA gelten seit der Gründung des Staates im Nahen Osten als dessen wichtigste Schutzmacht. US-Präsident Joe Biden betont das Recht Israels, sich zu verteidigen, mahnt jedoch an, bei Angriffen auf den Gaza-Streifen die Anzahl ziviler Opfer zu begrenzen.

In den vergangenen Jahren arbeiteten die USA an einer Annäherung zwischen Israel und arabischen Staaten wie Saudi-Arabien. Oberste Priorität der Vereinigten Staaten ist unter anderem die Verhinderung einer Ausweitung des Konflikts auf umliegende Regionen. Für militärische Abschreckung gegenüber dem Iran und der Hisbollah verlegten die USA im Oktober den größten Flugzeugträger der Welt ins östliche Mittelmeer.

Mögliche Nutznießer: China und Russland

Das iranische Regime ist der wichtigste Unterstützer von Hamas und Hisbollah. Die wichtigsten Unterstützer des Iran wiederum sind China und Russland. Beide Länder verfolgen eigene Pläne und wollen ihren Einfluss in Nahost kontinuierlich ausweiten.

So spekulierte die US-Nachrichtenseite Axios nach dem Angriff auf Israel, Peking könne versuchen, den Gewaltausbruch zu nutzen, um sich bei den arabischen Staaten beliebt zu machen. Nun hat China am Donnerstag (30. November) ein Positionspapier zum Krieg zwischen Israel und Gaza vorgelegt, in dem die Volksrepublik zu einem Ende der Kämpfe aufruft. Eine Erwähnung oder Verurteilung der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober blieb darin aus.

Wladimir Putin macht die USA und den Westen für die neue Eskalation verantwortlich und stellt sich hinter die Hamas. Manchen Beobachtenden gilt der Kreml-Chef bereits als Profiteur der Kriegshandlungen, da sich die Ukraine nun die Aufmerksamkeit westlicher Länder mit Israel teilen muss.

Der Zündler: Türkei

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete Israel kürzlich als "Terrorstaat" und die Hamas als "Befreiungskämpfer". Nach anfänglicher Zurückhaltung in den Folgetagen des 7. Oktober attackiert Erdogan Israel scharf – und droht, das Land vor internationalen Gerichten zur Rechenschaft zu ziehen. Das berichtete unter anderem die "Tagesschau".

Damit reagiert Erdogan auch auf die überwiegend pro-palästinensische Stimmung im Land. Gleichzeitig ist seine Positionierung aufseiten der Hamas eine klare Absage an westliche Länder, die größtenteils hinter Israels stehen.

Der unverbrüchliche Partner: Deutschland

Die historische Verantwortung für Israel ist deutsche Staatsräson, erklärte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einst bei ihrer Rede im Knesset. Die Sicherheit des Landes sei niemals verhandelbar. Seit dem 7. Oktober wird besagte Staatsräson von Politikerinnen und Politikern wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stets betont. Man stehe unverbrüchlich an der Seite Israels.

Durch das Menschheitsverbrechen des Holocaust hat Berlin eine besondere Beziehung zu Israel. Der Satz "Nie wieder" ist Teil der deutschen Erinnerungskultur. Kurz nach dem brutalen Überfall auf Israel betonte Scholz in seiner Regierungserklärung: "In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz. Den Platz an der Seite Israels."

Aktuell ist in Deutschland jedoch eine drastische Zunahme antisemitischer Vorfälle zu beobachten, wie der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) in einem Bericht konstatierte.

Verwendete Quellen

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