Nach den Gräueltaten der islamistischen Hamas in Israel wurde auch für die in den Gazastreifen verschleppten Menschen das Schlimmste befürchtet. Erste Freigelassene berichten nun von ihrer Geiselhaft.

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Israelische Geiseln sind nach Angaben ihrer Angehörigen während ihrer Gefangenschaft bei der islamistischen Hamas im Gazastreifen nicht misshandelt worden. "Es ist sehr tröstlich, das zu wissen", sagte Osnat Meiri, ein Cousin der freigelassenen Geisel Keren Munder, der israelischen Zeitung "Yedioth Achronot" (Montag).

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Keren Munder und Sohn Ohad
Undatiertes Foto von Keren Munder und ihrem Sohn Ohad. Karen und Ohad waren zwei der am Freitag, 24. November 2023, freigelassenen Geiseln, die wochenlang im Gazastreifen gefangen gehalten worden waren. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS/Uncredited

Keren war gemeinsam mit ihrem neunjährigen Sohn Ohad und der Großmutter Ruti bei dem blutigen Hamas-Überfall am 7. Oktober in den Gazastreifen verschleppt worden. Am Freitag waren sie im Rahmen des Austausches israelischer Geiseln gegen palästinensische Häftlinge freigekommen. Aber man wisse natürlich nicht, ob alle in den Küstenstreifen verschleppten Geiseln unter denselben Bedingungen festgehalten würden, fügte Meiri hinzu.

Harte Bedingungen in der Geiselhaft

Die Bedingungen der Geiselhaft wurden als hart beschrieben. Die Menschen hätten sich selbst Essen zubereitet, schrieb die Zeitung weiter. "Es gab aber auch Tage, an denen es nichts zu essen gab, und manchmal mussten die Verschleppten eineinhalb Stunden warten, bis sie zur Toilette durften", zitierte die Zeitung am Montag Merav Raviv, eine Angehörige der Familie Munder. An einigen Tagen habe es nur Pita-Brot (Fladenbrot) gegeben, und wenn es auch das nicht mehr gab, dann hätten die Festgehaltenen nur eine kleine Portion Reis erhalten. Es habe auch keine Liegen oder Betten gegeben, geschlafen worden sei auf Bänken oder zusammengeschobenen Stühlen.

Die Menschen seien während ihrer fast siebenwöchigen Geiselhaft nicht immer in unterirdischen Räumen festgehalten worden. "Sie wurden immer mal an einen anderen Ort gebracht", sagte Raviv. Die Wachen hätten einigen der Geiseln erlaubt, manchmal israelisches Radio zu hören. So habe Ruti Munder noch in der Geiselhaft erfahren, dass ihr Sohn Roi bei dem Hamas-Massaker am 7. Oktober getötet worden war.

Andere Geiseln von Außenwelt abgeschnitten

Andere Geiseln waren dagegen von der Außenwelt abgeschnitten und ahnungslos. Hannah Katzir, deren Ehemann Rami ermordet wurde und deren Sohn Elad als Geisel festgehalten wird, erfuhr erst nach ihrer Befreiung aus der Gefangenschaft, was mit ihnen geschah.

"Sobald sie ankam, fragte sie: 'Wo ist Papa?'", erzählte ihre Tochter Carmit Palti-Katzir. "Sie wusste nicht, dass Papa ermordet worden war. Wir haben es ihr gesagt. Dann fragte sie sofort: 'Wo ist Elad? Warum ist er nicht hier?' Wir sagten ihr, dass er entführt wurde."

Freigelassene Geisel schwebt in Israel in Lebensgefahr

Die Israelin Elma Avraham ist nach ihrer Freilassung durch die radikalislamische Hamas im Gazastreifen noch nicht gerettet: Die 84-Jährige liege auf der Intensivstation und schwebe in Lebensgefahr, teilte der Direktor des Soroka-Krankenhauses in Beerscheva, Schlomi Codisch, am Sonntagabend mit.

Die 84-Jährige war am Sonntag zusammen mit 16 weiteren Geiseln im Gazastreifen freigelassen worden. Sie wurde sofort per Hubschrauber in die Klinik gebracht. Weil sie während ihrer Geiselhaft seit dem 7. Oktober nicht versorgt worden sei, müsse sie nun stabilisiert werden. "Ihr Leben ist in Gefahr", sagte der Klinikdirektor.

Die alte Dame, eine Künstlerin, war bei dem brutalen Überfall der radikalislamischen Hamas aus ihrem Kibbuz Nahal Oz im Süden Israels verschleppt worden.

Mehr als 200 Geiseln Anfang Oktober verschleppt

Nach israelischen Angaben wurden am 7. Oktober durch Hamas-Kämpfer etwa 1.200 Menschen in Israel getötet und 240 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt, viele von ihnen Frauen und Kinder. Israel erklärte der Palästinenserorganisation daraufhin den Krieg und griff aus der Luft und vom Boden aus massiv Ziele im Gazastreifen an. Angaben der Hamas zufolge, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem mehr als 15.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.

Seit Freitag gilt eine zunächst viertägige Feuerpause. Während dieser Zeit sollen bis zu 100 Geiseln gegen bis zu 300 palästinensische Häftlinge ausgetauscht werden. Sowohl Israel als auch die Hamas haben ein Interesse an einer Verlängerung der Feuerpause signalisiert. In Israel wird davon ausgegangen, dass noch knapp 180 Geiseln in den Händen der Extremisten sind. (dpa/AFP/tas)

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